Wolfgang Hegener

Schuld-Abwehr

Psychoanalytische und kulturwissenschaftliche Studien zum Antisemitismus

Cover Schuld-Abwehr

EUR 34,90

Sofort lieferbar.
Lieferzeit (D): 2-3 Werktage

Buchreihe: Bibliothek der Psychoanalyse

Verlag: Psychosozial-Verlag

291 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm

1. Auflage 2019

ISBN-13: 978-3-8379-2854-9, Bestell-Nr.: 2854

Wolfgang Hegener vermittelt einen umfassenden Einblick in das psychoanalytische Verständnis der vier Grundformen des abendländischen Antisemitismus: den christlichen Antijudaismus, den rassistischen, den sekundären sowie den islamistischen Antisemitismus. Es wird gezeigt, dass weder die vorchristliche Antike noch nicht-christliche Religionen wie der klassische Islam einen strikten Antisemitismus kannten. Er entstand in der Tradition des Christentums, sein zentrales Motiv liegt in der aggressiven und projektiven Schuldabwehr, seine Urszene in der Behauptung, »die Juden« seien Gottesmörder. Der Autor stellt dar, dass dieser Schuldvorwurf zwar historisch variiert wird, aber in seiner Grundstruktur erhalten bleibt. Des Weiteren untersucht er kritisch die Frage, ob nationalsozialistische Täter tatsächlich »ganz normale Männer« ohne jedes antisemitische Motiv waren. Er widmet sich außerdem der Entwicklung der psychoanalytischen Theoriebildung über den Antisemitismus in Westdeutschland anhand einer Analyse des Klassikers der Vergangenheitsbewältigung Die Unfähigkeit zu trauern von Margarete und Alexander Mitscherlich.

Inhaltsverzeichnis

[ einblenden ]

Einleitung

Kapitel 1
Tertium non datur! Der Jude als dritte Figur

Kapitel 2
Der christlich-abendländische Antisemitismus
I Einleitung: Begrifflich-definitorische Vorklärungen

II Die vier Grundformen des Antisemitismus
II.1 »Die Existenz der Synagoge ist so etwas wie eine ontologische Unmöglichkeit« (Karl Barth): Der christliche Antijudaismus
II.1.1 Einleitende Überlegungen:
Von Kreuzzügen und Schuldvorwürfen
II.1.2 Antijudaismus im Neuen Testament
II.1.3 Gottesmord: Zur Urszene des abendländischen Antisemitismus
Kurzer Exkurs: Persekutorische und depressive Schuldgefühle
II.1.4 Martin Luthers Antisemitismus und die Unfähigkeit zu trauern
II.1.5 Zwei kurze Schlaglichter: Eine Petition an den Obersten
Gerichtshof in Israel aus dem Jahr 1948 und Karl Barth
II.2 Blutbeschuldigungen: Der Rassenantisemitismus
II.2.1 Der Spezialfall des Rassenantisemitismus im 19. Jahrhundert
II.2.2 Christen, Heiden und Juden: Zur Vorgeschichte des Rassismus
II.2.3 Von der Taufe, der ersten Rassengesetzgebung, den Conversos und den Marranen
Kurzer Exkurs: Die Juden als »geistige Rasse« – Der Nationalsozialismus
II.2.4 Blut, Transsubstantiation und Hostienfrevel
II.3 Sekundärer Antisemitismus
II.3.1 Sekundärer Antisemitismus als Schuld-Abwehr-Antisemitismus
II.3.2 Kommunikationslatenz
II.3.3 Die Entwicklung des westdeutschen Antisemitismus von 1945 bis 1989
II.3.4 Die allmähliche Aufkündigung eines Grundkonsenses
II.4 Antizionismus und islamistischer Antisemitismus
II.4.1 Von der Differenz zwischen jüdischem und islamistischem Antizionismus
II.4.2 Der Export der nationalsozialistischen Ideologie in den Nahen Osten
II.4.3 Der Islam und der Antisemitismus
II.4.4 Der islamistische Antisemitismus

Kapitel 3
Shoah ohne Antisemitismus? Zur Kritik der Täterforschung
I Theoretische Rahmung: Destruktiver Narzissmus und der Beitrag Herbert Rosenfeld zum Verständnis nationalsozialistischer Täter

II Hannah Arendt: Eichmann als Ikone moderner totaler Herrschaft

III Eichmann: Ein »gewissenhaftes Werkzeug der Gewissenlosigkeit« (Albert Wucher)
III.1 »Eichmann vor Jerusalem« (Stangneth) – Teil 1: Der Judenmord
III.2 »Eichmann vor Jerusalem« (Stangneth) – Teil 2: Eichmann im Spiegel seiner Selbstdarstellungen

IV Arendt und die Folgen
IV.1 Stanley Milgrams »Eichmann-Experiment« und Zygmunt Baumans Neutralisierung der Shoah
IV.2 Welzer und das Paradigma der Normalität nationalsozialistischer Täter
IV.3 Der Versuch einer Dissoziation von Krieg und Shoah (Welzer & Neitzel)

V Wider die These von der Normalität der Täter und die Dissoziation von Nationalsozialismus und Antisemitismus

Kapitel 4
Im »Hohlraum der Rede« (Adorno) oder warum der Antisemitismus in Mitscherlichs Buch
Die Unfähigkeit zu trauern weitgehend fehlt
I Psychoanalytische Vergangenheitsbewältigung

II Der Antisemitismus: Eine »Vorurteilskrankheit«?

III Das DGPT-Symposium zum Antisemitismus

IV Simmel, Grunberger, Mitscherlich – Ein Vergleich ihrer Antisemitismusanalysen

V Das Benennungstabu

VI Individuelle Schuldverstrickung: Aspekte der Biografie Alexander Mitscherlichs

VII Kollektive Schuldverstrickung: Zur Nachkriegsgeschichte der westdeutschen Psychoanalyse

VIII Zur Abwehr der Destruktivität oder warum die kleinianische Psychoanalyse erst ab den 1980er Jahren
breiter rezipiert werden konnte

Literatur

Danksagung

Rezensionen

[ einblenden ]

Psychologie heute 03/2023

Rezension von Susanne Ackermann

»Im Psychologie heute-Interview mit Susanne Ackermann erklärt der Psychoanalytiker Wolfgang Hegener, warum Antisemitismus nie eine Meinung ist – und immer mit Schuldabwehr zu tun hat…« [mehr]

Freiburger literaturpsychologische Gespräche. Jahrbuch für Literatur und Psychoanalyse, Bd. 40, 2021

Rezension von Rolf Löchel

»Hegener zeigt, dass die Psychoanalyse sehr wohl einen originären und instruktiven Beitrag zur Analyse und Erforschung des Antisemitismus leisten kann. Dies sollte Grund genug sein, sich näher mit den vorliegenden Studien zu befassen…«