Auf
der 2. Tagung zur Geschichte der Psychoanalyse in Polen im
deutsch-polnisch-jüdischen Kontext werden wir verschiedene Perspektiven
berücksichtigen.
Vor
allem möchten wir die vergessenen, aus Polen stammenden Psychoanalytiker,
Psychiater und ihre Patienten, meistens jüdischer Herkunft, zu Wort kommen
lassen, von ihren Schicksalen auf dem Hintergrund von Krieg, Holocaust, Flucht
und Emigration erzählen. Die individuellen und kollektiven Formen der
Bewältigung dieser Erfahrungen sollen aus psychoanalytischer Sicht betrachtet
werden, insbesondere unter der Fragestellung, ob und wie diese die
Psychoanalyse und Psychiatrie verändert haben.
Schließlich
werden wir die Rolle der Psychoanalyse bei der Bildung von Formen des
kollektiven Gedächtnisses der Nachkriegszeit und der Gegenwart diskutieren.
Analog zum Anliegen des dieser Tagung zugrundeliegenden Forschungsprojektes
wird der Fokus sowohl auf der Arbeit der polnischen Psychiater und
Psychoanalytiker liegen als auch auf den polnischen Bewältigungsdiskursen. Die
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und die Trauer Polens um seine Juden
und Minderheiten, um die Opfer des Bürgerkriegs nach dem 2. Weltkrieg und des
Stalinismus, um die Dezimierung der Intelligenz und Massenumsiedlungen sowie um
den Verlust der Idealisierungen ist in die breiten Schichten der Gesellschaft
nicht wirklich eingedrungen, was nicht zuletzt der gegenwärtige Rückfall in
Nationalismus und Ausgrenzung zeigt.
Das
Ausmaß und die Folgen der Totalitarismen im 20. Jahrhundert waren auch in der
westlichen Welt jahrzehntelang kein Thema – weder im gesellschaftlichen Diskurs
noch auf der Couch der Psychoanalytiker. Die Fragen nach der Rückkehr des
Verdrängten und nach den Potentialen der Humanität in der Psychoanalyse
angesichts der kollabierenden Welt bilden den unausgesprochenen Horizont
unserer wandernden Tagung, die 2016 in Krakau begann, 2018 nach Berlin
angekommen ist, um im nächsten Jahr weiter nach Warschau zu gehen.
Viele
Referenten haben intuitiv ihren Zugang über die Materialität von Orten und die
Singularität von Einzelschicksalen gewählt. In diesem Sinne antwortete ein
junger Koreaner auf die Frage, warum er sich auf den weiten Weg nach Auschwitz
machte: »Um Europa zu verstehen.«
Wissenschaftliche Leitung
Prof.
(PAN) Dr. habil. Ewa Kobylinska-Dehe, IPU Berlin
Prof.
Dr. Paweł Dybel, UP Kraków
Termin:
6.
bis 8. September 2018
Veranstaltungsort:
International Psychoanalytic University
Stromstraße 2
10555 Berlin
Anmeldung:
Katja Thiele:
info@ipu-berlin.de
Kontakt:
Ewa
Kobylinska-Dehe: ewa.kobylinska@ipu-berlin.de
Paweł
Dybel: pawedybel@gmail.com
Weitere Informationen:
tagung_psychoanalyse_schatten_krieg_holocaust_flyer.pdf
Passende Lektüre im Psychosozial-Verlag:
| Ewa Kobylinska-Dehe, Pawel Dybel, Ludger M. Hermanns (Hg.) Zwischen Hoffnung und Verzweiflung Psychoanalyse in Polen im polnisch-deutsch-jüdischen Kulturkontext 1900-1939
| EUR 32,90 |
Zwischen Hoffnung und Verzweiflung untersucht die Anfänge der Psychoanalyse in Polen zwischen 1900 und 1939. Deren Eigenart sehen die HerausgeberInnen in der historisch einmaligen Verflechtung der polnischen, jüdischen und deutschen Kulturen. Beiträge über Psychoanalyse in der Tschechoslowakei, Ungarn und Ukraine, die zum selben kulturellen Gebiet Galizien gehörten, ergänzen die Perspektive. Das Schicksal der Psychoanalyse wird aus der Perspektive des Aufbruchs, aber auch angesichts des II. Weltkriegs, Holocausts, der Flucht und Vertreibung und ihrem Verschwinden hinter dem Eisernen Vorhang erzählt. [ mehr ] Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 2-3 Werktage |
| Henri Parens Heilen nach dem Holocaust Erinnerungen eines Psychoanalytikers
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Henri Parens schildert eindrücklich seine Lebensgeschichte, die von den Schrecken des Holocaust bestimmt ist. Nicht zuletzt aufgrund seiner frühen Erfahrungen mit Rassismus, Gewalt, Vorurteilen, Trennung und Verlust beschloss er, Kinderanalytiker zu werden. Seitdem widmet er sich den psychosozialen Bedingungen der frühen Kindheit. Parens’ Autobiografie ist nicht nur ein zutiefst persönlicher Zeitzeugenbericht, sondern darüber hinaus ein Plädoyer gegen Hass und Rassismus. [ mehr ] Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 2-3 Werktage |
| Henri Parens Krieg ist nicht unvermeidbar Psychoanalytische Überlegungen zu Krieg und Frieden
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Anhand theoretisch fundierter Untersuchungen zur menschlichen Aggression, zeigt Henri Parens auf, dass die menschliche Destruktivität kein angeborener Trieb ist, sondern durch exzessive schmerzliche Erfahrungen hervorgerufen wird. Er beschreibt Strategien, mit deren Hilfe eine Gesellschaft Kriege konstruktiv zu verhindern vermag, und formuliert die These, dass eine Vermeidung kriegerischer Auseinandersetzungen nicht nur notwendig, sondern auch möglich ist. [ mehr ] Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 2-3 Werktage |
| Jan Lohl, Angela Moré (Hg.) Unbewusste Erbschaften des Nationalsozialismus Psychoanalytische, sozialpsychologische und historische Studien
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Die Beiträger/innen dieses Bandes nähern sich auf unterschiedliche Weise den Nachwirkungen des Nationalsozialismus an: empirisch, theoretisch, basierend auf der gruppenanalytischen und therapeutischen Praxis oder der eigenen Biografie. Aufgrund dieser Perspektivenvielfalt richtet sich der Band nicht nur an die wissenschaftliche Fachwelt, sondern auch an ein Publikum, das aus einem (selbst-)reflexiven Interesse heraus die Gefühlserbschaften des Nationalsozialismus begreifen möchte. [ mehr ] Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 2-3 Werktage |
| Gertraud Schlesinger-Kipp Kindheit im Krieg und Nationalsozialismus PsychoanalytikerInnen erinnern sich
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Die Autorin untersucht das Erinnern von PsychoanalytikerInnen, die zwischen 1930 und 1945 geboren wurden. Statistische Auswertung von 200 Fragebögen sowie vertiefende Interviews zeigen vielfältige Traumatisierungen durch Krieg und Nationalsozialismus und den Zusammenhang zwischen kollektiver Schuld und individuellem Trauma im Erinnerungsprozess. [ mehr ] Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 2-3 Werktage |
| Lu Seegers, Jürgen Reulecke (Hg.) Die »Generation der Kriegskinder« Historische Hintergründe und Deutungen
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»Kriegskinder« sind in den deutschen Medien derzeit en vogue. Der Sammelband geht auf die Hintergründe ein und untersucht aus historischer Perspektive Erfahrungen, Deutungen und Sinnstiftungen von Angehörigen der Jahrgänge 1930 bis 1945. [ mehr ] Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 2-3 Werktage |
| Sandra Konrad »Jeder hat seinen eigenen Holocaust« Die Auswirkungen des Holocaust auf jüdische Frauen dreier Generationen. Eine internationale psychologische Studie
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Sandra Konrad hat in Europa, Israel und den USA Interviews mit weiblichen jüdischen Holocaust-Überlebenden, deren Töchtern und Enkeltöchtern geführt. Im Rahmen von neun Familienportraits stellt sie die Persönlichkeiten und die Lebenswege der jüdischen Frauen dar und diskutiert die individuellen und transgenerationalen Auswirkungen des Holocaust. [ mehr ] Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 2-3 Werktage |
| Ludwig Janus (Hg.) Geboren im Krieg Kindheitserfahrungen im 2. Weltkrieg und ihre Auswirkungen
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Traumatische Belastungen von Kindern im II. Weltkrieg können jetzt in ihrem ganzen Ausmaß erstmals wirklich erfasst werden. Die Folgen haben die Generation der Kriegskinder und unsere Nachkriegsgesellschaft zutiefst beeinflusst und bilden vermutlich einen Hintergrund für einige Aspekte der 68er Zeit und für die kleinmütige Stimmung in unserer Gesellschaft, für das, was die Angelsachsen »The German Angst« nennen. [ mehr ] Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 2-3 Werktage |