Vera Kattermann

Das kollektive Wiederholen der Erinnerung. Nachdenken über gesellschaftliche Vergangenheitsbearbeitung am Beispiel der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission

Psyche, 2008, 62(9-10), 990-1014

Die südafrikanische Wahrheits- und Versöhnungskommission gilt als beispielhaft für die kollektive Bearbeitung gesellschaftlicher Traumatisierungen. Die Herausforderungen dieser Bearbeitung - oszillierend zwischen Heilung, Bestrafung und Versöhnung - verweisen auf einen um die Schuldfrage kreisenden Konflikt. Das südafrikanische Modell gesellschaftlicher Bearbeitung von politisch bedingten Traumatisierungen wird anhand ausgewählter ... [ mehr ]

Karla Hoven-Buchholz

Was verschleiert Salomes Tanz? Eine psychoanalytische Interpretation jenseits des Femme-fatale-Klischees

Psyche, 2008, 62(4), 356-380

Die Oper Salome von Richard Strauss wird auf mehreren Ebenen analysiert. Handlung und Rezeption der Oper zu Beginn des 20. Jahrhunderts werden skizziert und in Beziehung zum zeitgenössischen Hysterie-Diskurs und zum Phantasma der Femme fatale gesetzt. Der Vergleich des Opernlibrettos mit Oscar Wildes Theaterstück enthüllt in den von Strauss ausgelassenen Textstellen Parallelen zu den klassischen Tragödien anderer Stiefkinder: Orest, Elektra und Hamlet. ... [ mehr ]

Heinz Henseler

Hundert Jahre Freudsche Religionskritik: ein nachdenklicher Rückblick

Psyche, 2008, 62(12), 1246-1263

Es wird versucht, die wesentlichen religionskritischen Schriften S. Freuds kritisch zu referieren. Außerdem wird darauf aufmerksam gemacht, dass Religiosität eine Form von Objektbeziehung ist, die sich primärnarzisstischer Modelle bedient und in deren Rahmen zu großenteils symbolischen Deutungen gelangt, die nicht als empirische Aussagen missverstanden werden dürfen. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten [ mehr ]

Franziska Henningsen

Konkretistische Fusion, Agieren und Symbolisieren. Zum psychoanalytischen Prozess bei schwerem frühkindlichem Trauma

Psyche, 2008, 62(11), 1148-1169

Schwere frühkindliche Traumatisierungen rufen spezifische Abwehrkonfigurationen hervor, die als konkretistische Fusionen bezeichnet werden: Abgespaltene Affekte führen zu einer Verschmelzung von Subjekt und Objekt, die die weitere Entwicklung beeinflusst, wenn sich keine Remission einstellt. In zwei ausführlichen Vignetten wird gezeigt, wie diese Fusionen in der Übertragung manifest wurden und während des analytischen Prozesses aufgelöst werden ... [ mehr ]

Wolfgang Hegener

Trauma, Schuld und Tradition. Die Freudsche Konzeption des kulturellen Gedächtnisses in »Der Mann Moses und die monotheistische Religion«

Psyche, 2008, 62(3), 266-289

Besonders in seinen letzten Lebensjahren hat sich Sigmund Freud intensiv mit der Frage der kulturellen Weitergabe traumatischer Ereignisse und der Bedeutung religiöser Tradition beschäftigt. In Der Mann Moses und die monotheistische Religion (1939) untersucht er - ausgehend von der (damals sehr aktuellen) Frage nach dem Ursprung des Antisemitismus - die Entwicklung und Tradierung traumatischer Komplexe in der Geschichte. Seine Theorie des kulturellen ... [ mehr ]

Rolf Haubl & Katharina Liebsch

Mit Ritalin leben. Zur Bedeutung der AD[H]S-Medikation für die betroffenen Kinder

Psyche, 2008, 62(7), 673-692

Es wird die These aufgestellt, dass die zunehmende Verbreitung der Diagnose einer Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Störung (ADHS) und die mit ihr gerechtfertigte psychopharmakologische Behandlung einen Diskurs in Gang setzt, der die gesellschaftliche Perspektive auf Körper und Psyche samt der damit verbundenen sozialen Kategorien von Gesundheit, Generation und Geschlecht verändert. Anhand breit zusammengetragener Befunde zur Bedeutung der ... [ mehr ]

Herta E. Harsch

Psychoanalytische Überlegungen zur 4000jährigen Geschichte der frühen außerfamiliären Betreuung

Psyche, 2008, 62(2), 109-117

Bei einem Rückblick auf die Geschichte der Kinderbetreuung wird deutlich, dass mütterliches Verhalten in vier Jahrtausenden einem erstaunlichen Wandel unterlag. Es werden Pendelbewegungen zwischen historischen Epochen beschrieben, in denen einmal die mütterliche, einmal die nicht-mütterliche Betreuung von Kleinstkindern dominierte, was wesentlich damit zusammenhing, ob der Mutterschaft eine hohe oder geringe gesellschaftliche Wertschätzung zuteil ... [ mehr ]

Harry T. Hardin

»Weinen, Mama, weinen!« Außerfamiliäre mütterliche Betreuung und Verlusterfahrungen

Psyche, 2008, 62(2), 136-153

Rückblickend auf 30-jährige Erfahrungen mit erwachsenen Patienten, die in der frühen Kindheit außerfamiliäre Betreuung erfahren haben, werden als mögliche Folgen eine Entfremdung zwischen Mutter und Kind und eine daraus resultierende Unfähigkeit, Intimität in einer späteren Partnerschaft zu erleben, beschrieben. Zu einer solche Entwicklung könne es kommen, wenn die Verlusterfahrungen des Kindes, die bei ... [ mehr ]

Michael Günter

»Ach Papa, du bist so peinlich...« Schamabwehr, Affektkontrolle und narzißtische Stabilität in der Adoleszenzentwicklung

Psyche, 2008, 62(9-10), 887-904

Gefühle von Beschämung und Scham spielen in der Adoleszenzentwicklung eine große Rolle. Körperliche Veränderungen und der sexuelle Triebschub eröffnen einerseits neue Entwicklungshorizonte und sind andererseits regelmäßig angst- und schambesetzt. In dieser Arbeit werden zunächst die von L. Wurmser beschriebenen Themenschwerpunkte, auf die sich Schamaffekte beziehen, in ihrer Relevanz für die Adoleszenzentwicklung ... [ mehr ]

Ilse Grubrich-Simitis

Realitätsprüfung an Stelle von Deutung. Eine Phase in der psychoanalytischen Arbeit mit Nachkommen von Holocaust-Überlebenden

Psyche, 2008, 62(11), 1091-1121

Dass bei Nachkommen von Überlebenden der Shoa häufig ein Wiederholen der Erfahrungen der ersten Generation beobachtet wurde, hängt mit der Erosion der Fähigkeit zusammen, im Trauma-Bezirk einigermaßen verlässlich zwischen äußerer und innerer Realität unterscheiden zu können. Dies wiederum ist Folge der notwendigen dissoziativen Abwehr des extremtraumatischen Geschehens in den betroffenen Familien. Anhand von klinischem ... [ mehr ]

Lutz Goetzmann

Über die Verwandtschaftsbeziehungen der negativen Theologie - Transformative Transzendenz und die Erfahrung »O« in der Mystik

Psyche, 2008, 62(12), 1230-1245

In W. R. Bions Theorie des Denkens spielt eine ursprüngliche, unbewusste und der Erkenntnis unzugängliche Erfahrung O eine zentrale Rolle. Bion wies wiederholt darauf hin, dass Mystiker über einen besonderen Zugang zu O verfügen, indem sie eine Einheit mit Gott erleben. Ein weiterer Baustein seiner Theorie lautet, dass sich der Gedanke auf die Abwesenheit eines Objekts bezieht, also dass der Gedanke ein Nicht-Ding ist. Im folgenden Artikel werden die ... [ mehr ]

Alf Gerlach

Intimität als Gegenwehr und die Tyrannei der Intimisierung. Psychoanalytische Anmerkungen am Beispiel des Films »Die Truman Show« von Peter Weir

Psyche, 2008, 62(9-10), 1068-1076

Am Beispiel des Films The Truman Show von Peter Weir wird aus kulturkritischer Perspektive versucht, psychoanalytische Überlegungen zum Umgang mit der Intimität in der aktuellen Medienszene und zur Bedeutung des Verschwindens von Scham in der inszenierten Öffentlichkeit vorzutragen. Dabei wird die Situation des Protagonisten Truman, die Sohn-Vater-Beziehung zu seinem Produzenten Christof, und seine Autonomiebewegung in Beziehung gesetzt zur ... [ mehr ]

Melitta Fischer-Kern & Marianne Springer-Kremser

Der Rattenmann: Zwangs-Neurose, Zwangs-Borderline, Zwangs-Psychose

Psyche, 2008, 62(4), 381-396

Während die Psychiatrie und Neuropathologie vor S. Freud Zwangserscheinungen als Symptome anderer Erkrankungen ansah, beschrieb Freud 1895 in Obsessions et phobies erstmals die Zwangsneurose als eigene Krankheitsentität. 1909 entwickelte er in den Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose eine umfassende Theorie dieses Krankheitsbildes. Seither wurde das Konzept der Zwangsneurose sowohl in der Psychiatrie als auch innerhalb verschiedener ... [ mehr ]

Dirk Fabricius

Die Verachtung des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe

Psyche, 2008, 62(9-10), 1039-1067

Zunächst wird behauptet und exemplarisch belegt, dass Verachtung bei der Bestimmung strafrechtlicher Sanktionen eine bedeutende Rolle spielt und dass dies gesetzwidrig ist, weil vom gesetzlichen Modell des Strafgesetzbuches abweichend, das Schuld und in zweiter Linie Gefährlichkeit als bestimmendes Moment für Strafe und, weiter gefasst, strafrechtliche Sanktionen zulässt. Daran schließen sich Überlegungen dazu an, warum dieses gesetzwidrige ... [ mehr ]

Martin Dornes

Frißt die Emanzipation ihre Kinder? Mütterliche Berufstätigkeit und kindliche Entwicklung: Eine Neubetrachtung aus aktuellem Anlaß

Psyche, 2008, 62(2), 182-201

Nach einer Synopsis aktueller tagespolitischer Debatten zur frühkindlichen, nichtelterlichen Betreuung und ihren Folgen wird ein Überblick über die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema gegeben. Die mittlerweile vorliegenden Untersuchungen konnten in den drei bisher gründlich erforschten Entwicklungsbereichen Bindungsqualität, kognitive Entwicklung und Aggressionsentwicklung keine wesentlichen oder dauerhaften Unterschiede zwischen Kindern ... [ mehr ]

Michael B. Buchholz

Worte hören, Bilder sehen - Seelische Bewegung und ihre Metaphern

Psyche, 2008, 62(6), 552-580

Anhand von drei Fallbeispielen wird die Metapherntheorie der kognitiven Linguistik um eine Theorie der interaktiven Paradoxien erweitert, und es wird zu zeigen versucht, wie Metaphern mit Paradoxien verbunden sind. Der Nutzen einer solchen Erweiterung für die psychoanalytische Praxis wird herausgestellt. Der Schritt von der poetischen zur konzeptuellen Metapher, zur mentalen Kinetik und zu den Körperschemata, wie die kognitive Linguistik vorschlägt, ... [ mehr ]

Anna Kathleen Bailey

Verlust: Ein vernachlässigtes Thema in der Forschung zur außerfamiliären Betreuung

Psyche, 2008, 62(2), 154-170

Anhand teilnehmender Beobachtung und vor dem Hintergrund der psychoanalytischen Theorie wird dem Erleben und den Anpassungsprozessen von vier Kleinstkindern nachgegangen, die im Alter zwischen fünfeinhalb und zehn Monaten in eine hochqualifizierte institutionelle Tagesbetreuung gegeben wurden. Aus der Analyse der Untersuchungsdaten ergibt sich ein mögliches Erklärungsmodell, das vier Phasen des Anpassungsprozesses der Kinder und sieben Faktoren beschreibt, ... [ mehr ]

Jan Assmann

Das Unbewußte in der Kultur: eine Antwort auf Franz Maciejewski

Psyche, 2008, 62(3), 253-265

Einer Kritik von F. Maciejewski (im gleichen Heft) an eigenen Ausführungen zur Erweiterung des Konzepts des kulturellen Gedächtnisses um den Begriff des Unbewussten am Beispiel der jüdischen Religionsgeschichte (in Psyche 2004, 58 (1) und Psyche 2006, 60 (9-10)) wird entgegnet und der im Kontext dieser Kontroverse geführte Briefwechsel wird dokumentiert. In der Replik wird insbesondere auf die sachliche Ebene von S. Freuds Abhandlungen zur Genese des ... [ mehr ]

Bernd Ahrbeck

Erregte Zeiten, unaufmerksame und hyperaktive Kinder

Psyche, 2008, 62(7), 693-713

Mögliche gesellschaftliche Ursachen von Hyperaktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörungen werden erörtert. Es wird die Ansicht vertreten, dass solche Störungen in einer Zeit zunehmen, in der sich die Lebensverhältnisse immer stärker beschleunigen, Zeitverknappung und Reizüberflutung weite Teile des Alltagslebens bestimmen. Den sich schnell verändernden kulturellen Rahmenbedingungen wird nachgegangen, und es wird gezeigt, dass ... [ mehr ]

PSYCHE 01/2008

62. Jahrgang Heft 1 2008

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Michael Heller

Die dynamische Körperhaltung eines psychoanalytischen Prozesses (Teil 1) (PDF)

Psychoanalyse & Körper, Nr. 13 (2008), 77-94

Zusammenfassung:
Die dynamische Körperhaltung ist ein Modell und ein Kodiersystem, das es den Forschern ermöglicht, Dimensionen von Körperhaltung jeder wie auch immer gearteten Interaktion zu untersuchen. In der hier vorgelegten Arbeit werde ich zeigen, wie dieses Modell angewandt werden kann, um komplexe Verhältnisse in einer psychotherapeutischen Interaktion zu analysieren, und damit einige damit verbundene Probleme zu klären. Ich werde die von ... [ mehr ]

Korbei Lore

Die Resonanz der Therapeutin (PDF)

Psychoanalyse & Körper, Nr. 13 (2008), 61-76

Zusammenfassung:
Die explizite Beachtung des »körperlichen Erlebens« von Psychotherapeut/inn/en und Klient/inn/en spielt in der Klientenzentrierten Psychotherapie eine hervorragende Rolle. Die Fallgeschichte im 2. Teil soll dies beispielhaft illustrieren. Ich werde im 1. Teil meiner Ausführungen »körperliches Erleben« nach Gendlin (vgl. 1978) definieren. Gendlin hat Rogers’ (1959/1987) Begriff »experience« zum ... [ mehr ]

Gunther Schenk

Die Bedeutung von Übertragung und Gegenübertragung und deren spezifischer Ausdruck in der KBT (Teil 2) (PDF)

Psychoanalyse & Körper, Nr. 13 (2008), 41-60

Zusammenfassung:
Ausgehend von Arbeiten Stolzes, des Begründers der KBT, wird die Konzentrative Bewegungstherapie als Versuch der Konkretisierung aller leiblichen und sprachlichen Äußerungen des Patienten vorgestellt, damit dieser sie in einem erlebten Geschehen begreifen kann. Das Auftreten und die Bedeutung von Übertragungsund Gegenübertragungsaspekten werden anfangs zurückgestellt zugunsten einer Darstellung des Übertragungsund ... [ mehr ]

Niklaus Roth

Psychotherapie: Teil dieser einen Welt (PDF)

Psychoanalyse & Körper, Nr. 13 (2008), 13-39

Zusammenfassung:
Den Autor beschäftigen die Fragen: Wie fügt sich die Psychoanalyse in eine allgemeine Auffassung von Psychotherapie, wie fügt sich psychotherapeutisches Heilen in das spontane menschliche Beziehungsgeschehen? Ihn interessiert grundsätzlich der Bezug der einzelnen psychotherapeutischen Methoden zu einem sie umfassenden Begriff von Psychotherapie. Er schildert, wie er die Wirkung der theoretischen Positionen (Begriffe und Programme), denen ... [ mehr ]