Psyche und Gesellschaft
Herausgegeben von Johann August Schülein und Hans-Jürgen Wirth
Krieg, Aggression und Todestrieb
Wie verhalten sich Psychoanalyse und Kritische Theorie zu menschlicher Aggression und kriegerischen Absichten? Die Beiträger*innen fragen jenseits von aktuellen Kriegsschauplätzen auch nach den Hintergründen alltäglicher Gewalt und Unterdrückung, die sich in Form des ökonomischen Wachstumszwangs und der asymmetrischen Produktion von Reichtum und Armut zeigen. [ mehr ]
Experimente in Demokratie
Der amerikanische Re-Education-Diskurs der 1930er und 1940er Jahre war geprägt von der Frage, wie mit dem nationalsozialistischen Deutschland nach dem Krieg umzugehen sei. Oliver König zeigt, welche Bedeutung angewandter Sozialpsychologie, Gruppendynamik und Psychoanalyse für eine in Deutschland schrittweise entstehende demokratische Kultur zukommt. [ mehr ]
Sozialpsychologie des Autoritären
Um das Erstarken autoritärer Bewegungen und die Wahlerfolge autoritärer Parteien besser verstehen und einschätzen zu können, ist ein detaillierter und differenzierter Blick auf die Autoritarismusforschung des Frankfurter Instituts für Sozialforschung notwendig. Vor dem Hintergrund von Diskussionen über die Ursachen aktueller autoritärer Dynamiken und über neue Ausformungen des Autoritarismus legt Markus Brunner eine detaillierte und systematische Darstellung der vielfältigen Autoritarismusforschung der Frankfurter Schule vor. [ mehr ]
Wie gefährlich ist Donald Trump?
27 amerikanische PsychiaterInnen, PsychologInnen und TherapeutInnen klären darüber auf, warum jemand wie Trump absolut amtsunfähig ist und niemals mit der Macht des amerikanischen Präsidenten hätte betraut werden dürfen. Sie durchbrechen damit eine wichtige ethische Grundregel ihres Berufs, die es ihnen verbietet, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens eine seelische oder geistige Krankheit zu attestieren. In spannenden Beiträgen untersuchen die AutorInnen die narzisstischen Charakterzüge, die psychopathologischen Symptome und die bizarren Handlungen Trumps, die angesichts seiner Machtfülle tatsächlich eine akute Gefahr nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt darstellen. [ mehr ]
Von der Gesellschaft im Subjekt
Die notwendige Vermittlung zwischen Psychoanalyse und Historischem Materialismus, zwischen Subjekt und Gesellschaft, steht seit über 100 Jahren aus. Zwar kann die Psychoanalyse ermitteln, wie sich lebensgeschichtliche Prozesse innerlich entfalten, aber auf die Frage, warum sich bestimmte subjektive Strukturen herausbilden, vermag nur die Gesellschaftstheorie zu antworten. Die beiden Autoren wagen sich an diese Vermittlung – Von der Gesellschaft im Subjekt ist ein Plädoyer für die Wiederaufnahme einer Debatte. [ mehr ]
Desintegration und gesellschaftlicher Zusammenhalt
Die gegenwärtig vielfältigen Krisen scheinen übergreifend um Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Zugehörigkeit zu kreisen: Die Alltagsphänomene Flucht und Migration erschweren Möglichkeiten sozialer Gleichstellung; ein Flickenteppich von sozial, ethnisch und sexuell Benachteiligten durchzieht die Gesellschaft; globale Plattformgiganten sind in Lauerstellung, eigene informelle Gemeinwesen zu konstituieren. Mithilfe der Kritischen Theorie und der Psychoanalyse beleuchten die Autor*innen des Buches diese hochaktuellen Phänomene aus interdisziplinärer Perspektive.
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Das böse Erbe der Erlösung
Kollektive greifen auf Mythen zurück, die im Besonderen mit Gewalt verbunden sind. Auch die christliche Erzählung vom Erlösungstod Jesu enthält eine solche destruktive Schattenseite: das mit der Lüge vom Gottesmord verbundene antijüdische Ressentiment. Stefan Etgeton zeigt anhand von Karfreitagsliturgie und protestantischer Liedtradition, wie Passion und Pogrom rituell unterschwellig verknüpft bleiben. [ mehr ]
Mit Gott - gegen die Welt
»Fundamentalisten sind immer die anderen.« Nach dieser Devise richtet sich der Blick in der westlichen Hemisphäre vorwiegend auf Terroraktionen, die dem islamischen Fundamentalismus zugeschrieben werden. Dabei handelt es sich um den Export eines Begriffs, der im amerikanischen Protestantismus entstanden ist und sich über ein buchstabengetreues Verständnis biblischer Texte, einen gnadenlosen Dualismus sowie ein hohes Maß an Aggressivität im Falle nicht-geteilter Ansichten beschreiben lässt. Mithilfe psychoanalytischer Konzepte arbeitet Hanspeter Mathys die Doppelbödigkeiten fundamentalistischer Glaubenssysteme heraus. [ mehr ]
Das entfesselte Selbst
Der moderne Sozialcharakter hat sich diversifiziert. Der dabei entstehende schillernde Reigen von Sozialfiguren verbindet ein Hang zur performativen Selbstentfesselung, der zwischen Befreiung und Enthemmung changiert. Martin Altmeyer betreibt zeitdiagnostische Aufklärung als Selbstaufklärung. [ mehr ]
Die Illusion grenzenloser Verfügbarkeit
Die Auflösung von Grenzen kann Freiheit ermöglichen – Grenzenlosigkeit aber, etwa beim Verbrauch von Ressourcen, auch Lebensgrundlagen zerstören und zu Verunsicherungen des Individuums führen. Die Autor*innen thematisieren das Ringen um Grenzen und ihre Bedeutung für die individuelle Psyche, für Gruppen und die Gesellschaft. [ mehr ]
Tröstliche Tropen
Schweitzer war ein ethischer Popstar der jungen Bundesrepublik. Tausende Schulkinder schrieben Briefe an den »Urwalddoktor«. Sein legendäres Spital »Lambarene« avancierte zum symbolisch aufgeladenen Ort eines Heilungsgeschehens. Exemplarisch zeigt sich an diesem Mythos eine Suche nach Bewältigung untilgbarer Schuld, entstanden durch die Shoah. Fetscher beleuchtet jenen Aspekt der Großgruppenpsyche der Bundesdeutschen nach 1945. Im Kontrast erkundet sie das zeithistorische Lambaréné in Äquatorialafrika. Erst die postkoloniale Perspektive offenbart die Kluft zwischen Fiktion und Faktizität. Deutlich wird die Dynamik der Projektionen auf ein imaginäres Afrika. [ mehr ]
Verschwörungsdenken
Verschwörungsdenken verweist auf die Bereitschaft, verborgenes Wirken einer geheim operierenden, übermächtigen Gruppe anzunehmen. Damit ist auch eine Wahrnehmungs-/Deutungskultur bezeichnet, in der man sich die Welt entsprechend aneignet, um eine weitgehend ohnmächtig erfahrene Realität erklären zu können. Denken in »Verschwörungen« und sein Wirkungspotenzial in tatsächlichen wie vermeintlichen Krisen ist Symptom wie Katalysator gesellschaftlich-politischer Entwicklungen. Multidisziplinär gehen die Autor*innen dem Phänomen auf den Grund und entfalten eine kritische sozialpsychologisch und gesellschaftstheoretisch orientierte Aufklärung des Verschwörungsdenkens. [ mehr ]
Sozioanalyse - Zur Psychoanalyse des Sozialen mit Pierre Bourdieu
Mit seinem Konzept der Sozioanalyse hat Pierre Bourdieu Zugänge zu gesellschaftlichen Formen der Unbewusstheit entwickelt, die für zeitgenössische Fragestellungen von besonderer Bedeutung sind. Vera King legt dar, wie er auf psychoanalytische Epistemologie und Konzepte sowie auf Begriffe des Unbewussten zurückgreift. Darüber hinaus veranschaulicht sie, wie soziale und psychische Dynamiken ineinandergreifen können.
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Verletzungspotenziale
Seit der »neoliberalen Wende« ab den 1970er und 1980er Jahren verändern sich soziale und individuelle Verletzbarkeiten. Die Autor*innen des interdisziplinär angelegten Bandes zeigen, wie stark Optimierungsformen und Vulnerabilitäten verschränkt sind und moderne Gesellschaften prägen. [ mehr ]
Gefühle machen Politik
Gefühle dienen als Motivationskraft und stiften in kollektiv geteilter Form Beziehung und Nähe zu anderen Menschen oder dienen der Abgrenzung von feindlichen Gruppen. An zahlreichen Beispielen aus aktuellen politischen Auseinandersetzungen erläutert der Autor, wie Gefühle politisches Handeln beeinflussen, und wie mit Gefühlen Politik gemacht wird. [ mehr ]
Die Angst vor der Bedeutungslosigkeit
Die gesellschaftliche Leitidee, alles sei möglich und jedes Ziel erreichbar, führt zu der verbreiteten Angst, ein unbedeutendes, erfolgloses Leben zu führen. Strenger zeigt auf einzigartige Weise, wie durch eine aktive Anerkennung des eigenen Selbst und durch eine ernsthafte intellektuelle Auseinandersetzung mit dem eigenen Weltbild eine bedeutungsvolle Lebensführung gelingen kann. [ mehr ]
Viraler Angriff auf fragile Subjekte
Die Covid-19-Pandemie ist Ausdruck einer umfassenden ökologischen und gesellschaftlichen Krise – hervorgerufen durch den menschlichen Drang zur Beherrschung der Natur. Florian Bossert wirft einen umfassenden Blick auf die pandemische Gegenwart: Globale Krisen, unbewusste Fantasien, archaische Ängste und Verschwörungsdenken werden im Rückgriff auf Kritische Theorie und Psychoanalyse fruchtbar zusammengedacht, wodurch sich nicht zuletzt Möglichkeiten eröffnen, wie die Gesellschaft mit der Krise umgehen kann. [ mehr ]
Angst und Politik
Ob Anti-Atomkriegsbewegung, Corona-, Klima- oder Flüchtlingskrise etc. – alle verbindet eine Mobilisierung von Angst. Realistische Angst, jedoch auch neurotisch-paranoide Angst, unter deren Dominanz eine gefährliche Drift zu Autoritarismus, Machismo und cäsaristischen Bewegungen zu konstatieren ist. Ottomeyer tritt im Anschluss an Freud für eine Unterscheidung von Real-, Gewissens- und neurotischer Angst ein, bespricht zeithistorische »Wellen der Angst« und entwirrt Angstgeflechte, um politischem Missbrauch, Rechtspopulismus und -extremismus Tür und Tor zu schließen. Diesen hält er gelungene Beispiele des Widerstands und der Verteidigung unserer Demokratie entgegen. [ mehr ]
Enhancement
Der Drang nach Fortschritt und Verbesserung ist so alt wie die Menschheit selbst. Seit jeher nutzten die Menschen Hilfsmittel, um ihr Leben einfacher zu gestalten und Ressourcen besser nutzen zu können. So werden zunehmend Drogen zur Leistungssteigerung eingesetzt und Gehirn-Maschinen-Interfaces zu ernsthaften Behandlungsoptionen in der Medizin. Doch welche Menschenbilder, Perfektionsansprüche und seelischen Konflikte transportiert das Enhancement? Die Autor*innen zeigen die Facetten und Chancen, aber auch die Illusionen und Begrenzungen des Enhancements. [ mehr ]
Psychoanalyse als gesellschaftliche Institution
Johann August Schülein schärft das Profil einer Psychoanalyse, die stärker als soziale Institution greifbar werden kann. Ausgehend von ihrer Geschichte zeigt sich dabei ihre elementare Verankerung in den Sozialwissenschaften und ihre gesellschaftskritische Stoßrichtung.
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