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Buchreihe: Psyche und Gesellschaft
ISSN: 3053-4976
364 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm
Erschienen: Juni 2025
ISBN-13: 978-3-8379-3447-2
Bestell-Nr.: 3447
https://doi.org/10.30820/9783837963601
Leseprobe

Experimente in Demokratie

Re-Education, angewandte Sozialpsychologie und Gruppendynamik in der frühen Bundesrepublik

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Der amerikanische Re-Education-Diskurs der 1930er und 1940er Jahre war geprägt von der Frage, wie mit dem nationalsozialistischen Deutschland nach dem Krieg umzugehen sei. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Arbeiten Kurt Lewins, seine Theorie geplanten sozialen Wandels und die Demokratie-Experimente vom Ende der 1930er Jahre. Oliver König zeigt, welche Bedeutung angewandter Sozialpsychologie, Gruppendynamik und Psychoanalyse für eine in Deutschland schrittweise entstehende demokratische Kultur zukommt.

Die Gruppe wird dabei mit hohen Ansprüchen verknüpft: Sie soll gleichermaßen Produktivität steigern, Zusammenhalt stiften und individuelle Freiräume schützen. Anhand der beruflichen Lebenswege u.a. von Tobias Brocher, Alf Däumling, Magda Kelber und Horst-Eberhard Richter führt König anschaulich vor Augen, wie Vergangenheitsbewältigung untrennbar mit der Profilierung von Sozial- und Humanwissenschaften verbunden ist – trotz der mitunter komplexen Konfliktlinien und Paradoxien, die diesen Wandel begleiten.
1 Einführung: Perspektiven und Fragestellungen

2 Die Entstehung des Re-Education-Ansatzes in den USA und seine Umsetzung im Nachkriegsdeutschland
2.1 »Der Sonderfall Deutschland« – Kurt Lewin und die Probleme kulturellen Wandels
2.2 »Ist Deutschland unheilbar?« – Re-Education in der amerikanischen Diskussion der 1940er Jahre
2.3 »Es ist die eigentliche
Gruppendynamik, die zählt« – Kurt Lewin und die Demokratie-Experimente
2.4 »Rekonstruktion aller Muster deutschen Lebens« – Die frühe Re-Education-Politik der Nachkriegszeit
2.5 »Wir sind sehr misstrauisch gegenüber Gruppen, weil wir davon genug gehabt haben« – Deutsche in Amerika und Re-Education in Aktion
2.6 »Der Sieg des demokratischen Herzens über den analytischen Verstand« – Autokratie und Demokratie: Die Demokratie-Experimente 20 Jahre später
2.7 »Demokratisches social engineering ist demokratisch eher in seiner Methode als in seinen Zielen« – eine Erweiterung der Perspektive als Abschluss

3 Die Anfänge angewandter Sozialpsychologie und Gruppendynamik in der Bundesrepublik
3.1 Die junge Republik zwischen Vergangenheitsbewältigung und Modernisierungsprozessen
3.2 »Es gelang uns nie, irgendwo fest etatisiert zu werden« – Magda Kelber und die Gruppenpädagogik von Haus Schwalbach
3.3 »Das Problem der Führung im Betrieb ist das Problem der Führung in der Demokratie« – Gruppendynamik zwischen Demokratisierung des Arbeitslebens und Produktivitätsversprechungen
3.4 »Der Mensch im Plural – Die Kulturerfindung des Menschen« – Peter Hofstätter und die Wiederkehr des Verdrängten
3.5 »[…] bestehen grösste Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit der Methode in Deutschland« – Schule und Hochschule und die gescheiterte Institutionalisierung der Gruppendynamik
3.6 »In dieser Epoche den Willen zu einem konstruktiven Optimismus beizubehalten und zu ermutigen blieb schwer« – Tobias Brocher auf transatlantischer Wanderschaft
3.7 »Meine Norm ist in einem empathischen Sinne Parteilichkeit« – Walter Giere und Gruppendynamik als politische Bildung
3.8 »Persönlichkeit ist stets ›Struktur‹ und ›Prozeß‹ zugleich« – Adolf Martin (Alf) Däumling zwischen Verharren und Aufbruch
3.9 »Es ging damals einfach bunt zu. Alles war im Werden« – Professionalisierung als Politik der Entpolitisierung
3.10 »Sie sollten mich nie mehr ganz bekommen« – Horst-Eberhard Richter und das Abarbeiten an der Vergangenheit

4 Re-Education 2.0: Angewandte Sozialpsychologie in der DDR und nach der Wende
4.1 »Wir wollen auf unser 68 nicht zwanzig Jahre warten wie ihr«: 1945 – 1968 – 1989, ihre unterirdischen Verbindungen und der Streit um Re-Education
4.2 »Die Vereinigungspolitik agiert so, als hätte ihr der Behaviorismus sein Menschenbild abgetreten« – Gegensätzliche Vergangenheitspolitiken
4.3 »Realsozialistische Doppelkultur« – Marxistische Sozialpsychologie
4.4 »Sozialpsychologische Optimierung von Gruppenleistungen« – Sozialpsychologisches Training
4.5 »Urerlebnis Gruppenwunder« – Gruppenpsychotherapie in der DDR
4.6 »Die hohe Schule der Anpassung« – Walter Giere auf Lehrerfortbildung in Thüringen

5 Schlussbemerkung: Thesen und Fragen zur Sozialpsychologie sozialen Wandels
5.1 1968 als Chiffre für sozialen Wandel
5.2 Das Alte im Neuen
5.3 Angewandte Sozialpsychologie im sozialen Wandel

6 Anhang
6.1 Forschungslage und Darstellungsprobleme
6.2 Recherchen und Materialien
6.3 Danksagung

7 Literatur

8 Namenregister

»Während und nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten US-Wissenschaftler Programme zur Demokratieerziehung für die Deutschen. Was dabei klappte und warum vieles davon schiefging, erklärt der Sozialpsychologe Oliver König ...«

Stefan Kühl, Süddeutsche Zeitung am 11. August 2025

»Hier wird erstmals eine ungeschminkte, empirisch gesättigte und hochdifferenzierte Beschreibung der Entwicklung der Gruppendynamik jenseits jeder Idealisierung geleistet. Die beschriebenen Dilemmata sind weit über die gruppendynamische Szene hinaus für alle relevant, die eine am Gemeinwesen orientierte und dem Anspruch der Aufklärung verbundene Arbeit mit Gruppen machen. […] Ein überaus empfehlenswertes Buch ...«

Klaus Obermeyer, dgsv.de im November 2025

»Dies ist eine fundierte und detaillierte Darstellung, die nicht nur Entwicklungslinien der Gruppendynamik aufzeigt, sondern einen durchaus jederzeit erkennbaren und hohen Praxisbezug integriert ...«

Michael Lausberg, Scharf Links. Die ›neue‹ linke online Zeitung, 16. August 2025