275 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm
Erschienen: Juni 2009
ISBN-13: 978-3-8379-2001-7
Bestell-Nr.: 2001
Das Rätsel des Sündenbocks
International Journal of Psychoanalysis
Am Anfang von Kultur steht kein auf Vernunft gegründeter Gesellschaftsvertrag, sondern Gewalt. Diese kann sich jedoch transformieren und Schöpferisches hervorbringen. Im Zentrum des Buches steht eine tragische Figur, der Sündenbock, der in paradoxer Weise zum Friedensstifter und Heilsbringer erhoben werden kann. So schaffen sich Kulturen ihr Wertvollstes: Kunst, Ritual, Religion und Moral.
Der Autor führt Freuds in Totem und Tabu unternommene und immer noch kontrovers diskutierte Synthese fort, verbindet sie mit neueren kulturtheoretischen Ansätzen und integriert die kulturstiftende Arbeit der Trauer. Zu den Gewaltverhängnissen der Menschen und deren Transformation scheint es keinen anderen Zugang zu geben.
»Am Anfang von Kultur steht kein auf Vernunft gegründeter Gesellschaftsvertrag, sondern Gewalt ...«
, treff.punkt a.punkt Herbst 2009
»Am Anfang von Kultur steht kein auf Vernunft gegründeter Gesellschaftsvertrag, sondern Gewalt ...«
, AOL-Bücherbrief, November 2009
»Hier wird deutlich, wie der Psychoanalytiker beispielhaft mit Literatur arbeitet, um uns zu zeigen, dass seine Schriftsteller auch die großen Psychologen waren ...«
Gudrun Goes, Jahrbuch der Deutschen Dostojewskij-Gesellschaft 16, 2009
»Allen sozialwissenschaftlich Lehrenden oder im History-Bereich (sei es als Fantasy-Fan) Interessierten sei das Buch empfohlen ...«
Dr. Bernd Seestaedt, www.amazon.de
»Wir leben in einer Welt, in der kaum jemand den Versuch macht, auf Gegengewalt zu verzichten. Das ›Auge um Auge‹ ist vorherrschend. Das Gebot der Feindesliebe scheint eine Zumutung, aber so wie die Dinge in einer mit Vernichtungswaffen hochgerüsteten Welt stehen, plagt es uns mit seiner Unerfüllbarkeit ebenso wie mit seiner Dringlichkeit ...«
Laslo Scholtze, www.literaturkritik.de
»In ›Das Rätsel des Sündenbocks‹ gibt Haas eine Einführung in die Opfertheorie René Girards, verbindet diese mit Freuds Auffassungen der Religion und beschreibt, wie Reste des archaisch-rituellen Erbes in uns fortwirken ...«
Laslo Scholtze, www.litretaurkritik.de
Inhalt
Vorwort
Zehn Anmerkungen zum Sündenbock-Code - statt einer Einleitung
I. Teil: Zur Begründung des Opfer-Sündenbock-Mechanismus
1. Sigmund Freuds Ansichten zur Kultur enthalten eine Theorie des Sündenbocks
2. Einführung in die Opfertheorie Rene Girards
Rene Girard
Gründungsgewalt: Die Funktion der Opferung in den archaischen Gesellschaften
Der Ödipusmythos und die jüdische Tradition
Das Opfer in der christlichen Tradition
Das verhinderte Kindesopfer
Nachschrift
3. Freuds Auffassung der Religion: Zwang - Illusion - Wahrheit
Religion als universelle Zwangsneurose
Religion als Illusion
Die Wahrheit der Religion
4. Epochenwechsel
Trauerarbeit - nachholende Trauer - melancholische Arbeit
Die normale Trauer
Therapie der nachholenden Trauer
Melancholische Arbeit
Albrecht Dürers Melencolia I
II. Teil: Neurosentheorie und Sündenbock
5. Opferritual und Ursprung der Neurosen
Versuch einer Wiederannäherung
Wege und Irrwege
Was gilt heute als Kernkomplex der Neurosen?
Krise, Sündenbocksuche und Divinisierung
Die Behälterfunktion des Rituals
Grenzfälle
Negative und positive Riten, Struktur und Antistruktur
Traumatische Neurose, Wiederholungszwang und kindliches Spiel
Zwangsneurose als Tabukrankheit
Phobie und Angsthysterie
Perversion
Trauerkrankheit, Manie und Sucht
Transzendenzverlust
6. Die Abwehrmechanismen und das janusköpfige Heilige
Das Ungeschehenmachen - eine motorische Technik der Abwehr
Janusköpfiges Tabu - Verkehrung ins Gegenteil
Spaltung
Reaktionsbildung
Was hat Gott mit der Reaktionsbildung zu tun?
Projektive Identifizierung und Sündenbock
Die Verkennungen und das Wissen des Religiösen
III. Teil: Psychoanalytische Falldarstellungen
7. Psychotische Arbeit I
Das Erlöserkind. Die ersten zehn Jahre aus der Analyse einer psychotischen Patientin
- Die ersten vier Jahre: Ein Gott wird zur Welt kommen
Kann ich meinen Wahrnehmungen noch trauen?
GottTeufel
Das psychotische Introjekt taucht auf
Liebe und Geburt
Psychotischer Zusammenbruch und Passion
Einige theoretische Überlegungen und Orientierungen
- Die Jahre fünf bis zehn: Kopernikanische Wende
Warum darf ich mich nicht entwickeln?
Die ausgestanzte Brust
Ödipuskomplex und Gedanken über das Elternpaar
Gibt es auch eine Rehabilitierung als Frau?
Verliebtheit, Symbolisierung und psychotischer Zusammenbruch - eine Diskussion
Weitere theoretische Überlegungen zur psychotischen Arbeit
8. Psychotische Arbeit II
Ich bin schon als Säugling missbraucht worden
Traumatischer Lebensanfang
Ich wünsche mir einen Therapeuten mit Humor
Verrücktmachende Situationen
Psychotischer Zusammenbruch
Ich bin schon als Säugling missbraucht worden
Ich bestehe fast nur noch aus Flüssigkeit
Konsolidierung
Epikrise und weitere theoretische Überlegungen
9. Olgas Trinksucht
Analyse eines zweijährigen Mädchens mit einem entlehnten melancholischen Introjekt
Olgas früheste Kindheit oder das Eindringen des melancholischen Introjekts
Olgas Therapie in Anwesenheit ihrer Mutter
Epikrise
IV. Teil: Kulturarbeit
10. Auf dem Gebirge hat man ein Geschrei gehöret ...
Zur Psychoarchäologie des Kindesopfers
Die Angst der Herrscher vor der nächsten Generation
Iphigenie
Kindesopfer in Stifters Bergkristall
Opfertänze: Le Sacre du printemps
Simon Rattle und das Frühlingsopfer
Viktimisierungen und andere subtilere oder gröbere Sündenbock-Phänomene
Thomas Demands Klause-Projekt
11. Psychoanalyse des Fegefeuers
Zur Kulturgeschichte christlicher Trauerrituale
Perpetua
Augustinus
Das Fegefeuer bei Dante
Vom Wahrheitsgehalt des Projizierten
Orpheustraditionen
Fegefeuer und Psychoanalyse
Trauer oder Fegefeuer zwischen Himmel und Hölle
Das Fegefeuer in der Neuzeit: Luther - Dostojewskij
12. Die Dämonen Dostojewskijs
Zur Ritualdynamik des politischen Terrors
Soziale Zersetzungsprozesse
Das Prophetische an den Dämonen
Väter und Söhne
Besy
Die neuen Ideen - Deregulation der Familie
Die Idiotin - die Umwertung aller Werte
Stawrogin - die »schwarze Sonne«
Schatow oder das Gottträgervolk – vox populi, vox dei
Kirillow - durch Selbstmord Gott werden
Schigaljow - der Realist des sozialen Paradieses
Pjotr Werchowenskij - Zeremonienmeister des ältesten Hauptsatzes
Karnevaleske Festvorbereitung
Das Fest, das schlecht endet
Das Opfer, das nichts mehr versöhnt
Der Romanschluss und die Banalität des Bösen
Bibliografische Anmerkungen
Literatur