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Buchreihe: Forschung Psychosozial
441 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm
Erschienen: Juni 2013
ISBN-13: 978-3-8379-2289-9
Bestell-Nr.: 2289
Leseprobe

Geschlechter- und Sexualitätsentwürfe in der SS-Zeitung Das Schwarze Korps

Eine psychoanalytisch-sozialpsychologische Studie

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In den nationalsozialistischen Entwürfen von Geschlecht und Sexualität wurde die bürgerliche Geschlechter-Komplementarität abgelöst durch eine übergreifende »Kameradschaft«. Sexualität diente dabei nicht mehr der individuellen Lust, sondern dem »Volk«. Dem gegenüber standen antisemitische Feindbilder von Prüderie, Lüsternheit und Homosexualität.

Diese Selbst- und Feindbilder stellten ein Sinnstiftungsangebot dar, dessen affektive Attraktivität sich aus ihrer Funktionalisierbarkeit zur Verleugnung basaler Konflikte der Geschlechtsidentitätsgenese erklärt. Dieser Zusammenhang wurde in der psychoanalytisch-sozialpsychologischen Antisemitismusforschung oft benannt, aber bislang meist androzentrisch und sozialcharakterologisch verkürzt dargestellt. Sebastian Winter untersucht die Thematik anhand der SS-Zeitung
Das Schwarze Korps und verknüpft dabei einen diskursanalytischen Ansatz mit einer psychoanalytisch-sozialpsychologischen Interpretation.

Inhalt

Einleitung

1. Ansätze der psychoanalytischen Sozialpsychologie zur Analyse von Volk, Antisemitismus und Geschlecht

1.1. Subjektgenese in der Dialektik der Aufklärung (Theodor W. Adorno und Max Horkheimer)
1.1.1. Erste und zweite Mimesis, Abstraktes und Konkretes
1.1.1.1. Exkurs Ideologiekritik
1.1.2. Die Geschlechterordnung im Gefüge von Abstraktem und Konkretem

1.2. Ambivalentes zwischen Ordnung und Chaos (Zygmunt Bauman)

1.3. Kastrationsangst und Vergeistigung (Sigmund Freud)
1.3.1. Die »Verweiblichung« »des Juden«
1.3.2. Die »Vergeistigung« »des Juden«
1.3.3. Massenpsychologie

1.4. Pathische Projektionen (Theodor W. Adorno/Max Horkheimer)
1.4.1. Der autoritäre Sozialcharakter
1.4.2. Massenpsychologie und pathische Projektion
1.4.3. Tickets für die Show
1.4.4. Die Desexualisierung des Sexus

1.5. Männerphantasien und Männerkrankheiten (Klaus Theweleit/Margarete Mitscherlich)
1.5.1. Männerphantasien
1.5.2. Männerkrankheiten

1.6. Patri-Ödipalität und Matri-Narzissmus (Béla Grunberger)

1.7. Zwischenresümee

2. Das Schwarze Korps

2.1. »Verwirklichung«

2.2. »Das Ich in der Gemeinschaft«

2.3. »Polarer Gegensatz«

2.4. »Überbetonte Kameradschaft«

2.5. »Das Leben zu zweien«

2.6. »Frucht sorgsamster Partnerwahl«

2.7. »Echte und edle Nacktheit«

2.8. »Prüderie« und »Lüsternheit«

2.9. Zwischenresümee

3. Eine symbol-, interaktions- und differenztheoretische Reformulierung der psychoanalytischen Sozialpsychologie zur Analyse der Geschlechter und Sexualitätsentwürfe im Schwarzen Korps

3.1. Charakter und Aneignung

3.2. Leib und Sprache

3.3. Das Sexualitätsdilemma

3.4. Das Weiblichkeits- und das Männlichkeitsdilemma
3.4.1. Das Männlichkeitsdilemma
3.4.2. Das Weiblichkeitsdilemma

3.5. Die Verleugnung der Differenz durch die Differenz
3.5.1. Die Männerbünde
3.5.2. Die Völkische Frauenbewegung
3.5.3. Das Schwarze Korps

4. Gesamtresümee

»Winter ist mit seiner Studie eine beachtliche Zusammenschau verschiedener methodischer Ansätze in Bezug auf Geschlechter- und Sexualitätsvorstellungen im NS gelungen, die ein neues, ein mehrdimensionales methodisches Grundgerüst für weitere Forschungsfragen vorschlagen. Dem sollte Rechnung getragen werden  ...«

Heinz-Jürgen Voß, www.querelles-net.de, Rezensionszeitschrift für Frauen- und Geschlechterforschung Jg. 14, Nr. 3 (2013)

»Künftig wissenschaftlich Forschenden bietet das Buch nicht nur einen gut recherchierten und klar strukturierten Überblick über die gängigen psychoanalytisch-sozialpsychologischen Grundlagen, sondern auch eine differenzierte, kritische Auseinandersetzung und Überprüfung ihrer Brauchbarkeit und Anschlussfähigkeit im Hinblick auf die von Winter formulierten Fragestellungen  ...«

Uta Kanis-Seyfried, Zeitschrift für Sexualforschung, Heft 4, 27. Jahrgang, Dezember 2014

»Die Deutlichkeit, mit der Winter die Prägungen einer in patriarchalen, androzentrischen und geschlechtshierarchischen Strukturen − mit der ihr innewohnenden Verabsolutierung und Verherrlichung von Männern sowie Verachtung und Abwertung von Frauen − verankerten Psychodynamik von Männern und Frauen nachzuzeichnen versucht, verdient Respekt und Nachfolge  ...«

Gabriele Kämper, Feministische Studien 2/2014

»In seiner als Buch erschienenen, sehr lesenswerten Dissertation untersucht der deutsche Genderforscher Sebastian Winter diese Zeitschrift mittels Verknüpfung von Diskursanalyse und Psychoanalyse sowie Sozialpsychologie. Gerade diese methodische Vorgangsweise und die starke interdisziplinäre Orientierung macht die Lektüre besonders spannend  ...«

Gudrun Hauer, Lambda nachrichten 2.2014

»Im Mittelpunkt stehen Fragen nach dem Wesen und Charakter der nationalsozialistischen Sexualmoral sowie dem Stellenwert des Antisemitismus in den NS-Geschlechterentwürfen. Zudem möchte der Autor die klassischen psychoanalytisch-sozialpsychologischen Ansätze der Antisemitismusforschung auf Verkürzungen und Ausblendungen hin überprüfen  ...«

Jörn Retterath, Sehepunkte. Rezensionsjournal für die Geschichtswissenschaften
Ausgabe 14 (2014) Nr. 4