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Verlag: Klett Cotta/Psychosozial-Verlag
11 Seiten, Geheftet
Erschienen: ? ?
Bestell-Nr.: 51680
Margarete Mitscherlich-Nielsen

Was können wir aus der Vergangenheit lernen?

Psyche, 1993, 47(8), 743-753

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Die Aktualität der in A. und M. Mitscherlichs Buch Die Unfähigkeit zu trauern (1967) gestellten Zeitdiagnose wird in den derzeitigen Gewaltausbrüchen als bestätigt angesehen. Wie nach Kriegsende über die von den Nazis angerichteten Greuel Schweigen herrschte, Schuld und Scham verleugnet wurden und die Erinnerung und Durcharbeitung von Trauer über Millionen fremder und eigener Kriegsopfer ausblieben, zeigt die aktuelle von einer schweigenden Mehrheit getragene Gewalt Jugendlicher gegenüber Ausländern, Asylsuchenden, Juden und Zigeunern in ähnlicher Weise Schuld- und Schamverleugnung sowie eine Unfähigkeit zu Mitgefühl mit Armen und Schwachen. Die gegen die Achtziger-Generation gerichteten Anschuldigungen, für die Gewaltausbrüche der heutigen Jugend mitverantwortlich zu sein, werden für falsch gehalten. Vielmehr habe diese Generation das bis dahin auf der Nazi-Vergangenheit liegende Schweigen überhaupt erst gebrochen und so einen beginnenden Trauerprozeß ermöglicht. In einer zunehmenden Sensibilisierung der deutschen Bevölkerung für die herrschende Unmenschlichkeit gegenüber Fremden und Elenden wird eine Chance gesehen, sich erneut mit der virulent gebliebenen Nazi-Mentalität zu konfrontieren, den notwendigen Trauerprozeß fortzusetzen und den Gewalttätigkeiten entgegenzuwirken. Im Ruf mancher Politiker, der Gewalt durch härtere Erziehung Einhalt zu gebieten, wird hingegen keine Lösung, sondern lediglich ein Rückschritt zu autoritären Zwängen gesehen. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten