Sittlichkeit und Kriminalität. Psychoanalytische Bemerkungen zu Karl Kraus
Anhand der – psychologisch wenig ergiebigen – biographischen Literatur über Karl Kraus kommt Mitscherlich-Nielsen zu dem Schluß, daß der große Kritiker einer latenten Melancholie durch das Nach-außen-Wenden von Gewissens-Aggressionen Herr zu werden suchte. Das eigentümliche Gepräge seiner Beziehungen zu Frauen wie Anni Kalmar oder Sidonie Nadherny resultierte offenbar daraus, daß Kraus Konstellationen bevorzugte, die ihm ... [ mehr ]
Grenzen und Möglichkeiten der Kinderanalyse
Vor einem halben Jahrhundert schien der Weg zu erfolgreichen Kinderanalysen blockiert durch eine Reihe von Schwierigkeiten, die sich aus den Abweichungen der therapeutischen Situation vom Modell der klassischen Erwachsenen-Analyse ergaben. Bei der sukzessiven Überwindung dieser Schwierigkeiten, bei der Erprobung technischer Modifikationen diente die Weiterentwicklung der psychoanalytischen Theorie als Schrittmacher. An zwei Fallbeispielen (pubertierende Jugendliche) wird ... [ mehr ]
Die zwei Dimensionen der psychoanalytischen Interpretation und der unbewußte Begriff
Im Anschluß an die von Lorenzer eröffnete Diskussion über den Gegenstand der Psychoanalyse versucht Werthmann eine methodologische (im Unterschied zu einer metatheoretischen) Formulierung des psychoanalytischen Interpretationsvorganges. Dabei unterscheidet er zwei voneinander unabhängig zu denkende Interpretationsdimensionen, eine synchrone, die aus logischen Operationen besteht, und eine diachrone, die eine Zeitdimension ist. Für das Verständnis ... [ mehr ]
Gesellschaftskritik im Deutungsprozeß
Parin macht die Notwendigkeit plausibel, entgegen der herrschenden Tradition die psychoanalytische Deutungsstrategie am Horizont der Gesellschaftskritik zu orientieren. Er zeigt anhand von Fallskizzen, daß häufig die kompensatorische Angleichung an bestimmte soziale Gruppen (und die Übernahme von deren Ideologien) zu einer Art Pseudoheilung führt. Die Restneurose bleibt während der Therapie latent, sofern nicht der Psychoanalytiker auch diesen sozial ... [ mehr ]
Die Psychoanalyse in der Kinderheilkunde
Beschrieben werden zwei Modell-Projekte zur Einführung der psychoanalytischen Sichtweise in die pädiatrische Praxis (und zur Integration aller hier beteiligten Disziplinen), die in den Krankenanstalten von Woolwich durchgeführt wurden. Als besonders fruchtbar für Forschung und Ausbildung haben sich die Einrichtung einer speziellen Klinik für verhaltensgestörte und psychosomatisch erkrankte Kinder, regelmäßige multidisziplinäre ... [ mehr ]
Psychoanalyse im Vorschulalter und in der Latenz
Eine Behandlungsstunde aus der Spieltherapie mit einem fünfjährigen Kind und eine Behandlungsstunde aus der Kinderanalyse mit dem gleichen Kind im Alter von sechseinhalb Jahren werden verglichen. Bei der psychotherapeutischen Behandlung von Vorschulkindern nötigt die vorherrschende Dramatisierung von Konflikten unter Einbeziehung des Therapeuten zu erheblichen Modifikationen der Technik. Allerdings ist es möglich, mit dem Kind zu vereinbaren, daß seine ... [ mehr ]
Die Entfaltung des Arbeitsbündnisses in der Analyse eines Adoleszenten
Die Entfaltung des therapeutischen Arbeitsbündnisses zwischen Analytiker und Analysand wird anhand einer Adoleszenten-Analyse rekonstruiert. Das Ziel dieser Kooperation ist es, dem einen der beiden Partner zu einem verbesserten Selbstverständnis zu verhelfen. Ohne daß der Patient die Möglichkeit einer Selbstveränderung antizipiert und akzeptiert, ist eine Psychoanalyse undurchführbar. [ mehr ]
Psychoanalyse und Anthropologie (1944) (Aus dem Archiv der Psychoanalyse)
Roheim, der erste psychoanalytisch ausgebildete ethnologische Feldforscher, skizziert seine ontogenetische Kulturtheorie, die er polemisch gegen Malinowski, Mead und Kardiner verteidigt. In der verzögerten Kindheit und lebenslangen Infantilität der Menschen sieht er das alle Kulturen beherrschende Zentralproblem, auf das sie mit verschiedenartigen Lösungsversuchen, die Sicherheit vor Objektverlust gewähren sollen, reagieren. An Beispielen zeigt er den ... [ mehr ]
Die Stellung der Perversionen in Metapsychologie und Technik
Anhand von zwei Fallskizzen und unter Rückgriff auf ein Stammesritual der Yatmul (Papua-Neuguinea) entwickelt Morgenthaler eine für die psychoanalytische Technik relevante metapsychologische Interpretation der Perversion. Sie gilt ihm wesentlich als kompensatorische Ich-Leistung. Die perverse Triebbefriedigung unterliegt einem Funktionswandel, indem sie – wie eine Plombe – eine in früher Kindheit erworbene Lücke der Selbstwert-Regulation ... [ mehr ]
Über psychoanalytische Kompetenz
Das einfühlende Verstehen des psychoanalytischen Therapeuten hat eine doppelte Funktion. Es gilt zum einen der Erfahrung des Patienten, wie er sich selbst vertraut ist und dem Analytiker zunehmend vertraut wird; zum andern der unbewußten Persönlichkeitsstruktur des Patienten, die diesem selbst fremd ist. Die Erfahrung des vertrauten Anderen gleitet auf der Schiene umgangssprachlicher Kommunikationen, die des fremden Anderen wird erst durch einen hermeneutischen ... [ mehr ]
Das Zeiterleben
In psychoanalytischer Betrachtung erscheint die Zeit vor allem als eine synthetisierende Potenz im Seelenleben. Sie wird durch die Verschränkung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft konstituiert, – gilt also weder als eine Dimension der objektiven Realität (physikalische Zeit), noch als reine Anschauungsform im Sinne Kants. Loewald demonstriert die psychoanalytisch relevante Zeiterfahrung an den Phänomenen des Ewigkeits-Erlebens (nunc stans) und der ... [ mehr ]
Brücken - Zur Genese der Sinngebung
Spitz führt in diesem Essay seine früheren Versuche (1945;1957) fort, auf den Spuren Freuds (1895) die Naturgeschichte des psychischen Apparats zu rekonstruieren. Er bedient sich dabei vor allem der (von H. Hartmann in die psychoanalytische Theorie eingeführten) Begriffe Reifung, Entwicklung und Anpassung. Das zuerst in der Embryologie entwickelte Konzept der Organisatoren wird auf die psychische Entwicklung übertragen. Den drei von Spitz während des ... [ mehr ]
Zur Entwicklung der psychoanalytischen Selbst-Psychologie
Stein verfolgt die Entwicklung des Selbst-Konzepts in der psychoanalytischen Theorienbildung seit H. Hartmann. Erst im Kontext der neueren Narzißmus-Diskussion ist aus einer Verlegenheitslösung (Selbst als Repräsentanz der Gesamtperson) ein bedeutungsvoller psychologischer Begriff geworden. Im Anschluß an Levin, Lichtenstein und Winnicott erblickt Stein im Selbst so etwas wie einen Es-nahen Widerstands-Kern der Person, der der Ich-Instanz als dem Inbegriff ... [ mehr ]