Christfried Tögel

Sigmund Freuds Praxis. Visiten und Ordination - Psychoanalysen - Einnahmen

Psyche, 2006, 60(9-10), 860-880

Ein Überblick über die quantitative Seite der systematischen Aufzeichnungen Sigmund Freuds zu seiner Praxis wird gegeben. Ausgewertet wurden das Kassa-Protokoll für Ordination und Visiten zwischen 1896 und 1899, der Patientenkalender für die analytischen Behandlungen zwischen 1910 und 1920 sowie Freuds Honorarliste (geführt von Oktober 1906 bis Oktober 1921), die die täglichen Einnahmen festhält. Für die letzten Jahre des 19. ... [ mehr ]

Karolina Solojed

Psychische Traumatisierung in den Familien von Opfern des Stalinismus

Psyche, 2006, 60(7), 587-624

Grundlage dieser Untersuchung sind elf Interviews, die die Autorin mit Opfern des Stalinismus geführt hat. Unter Hinzuziehung psychoanalytischer Konzepte werden die psychischen Besonderheiten des stalinistischen Terrors bei den Überlebenden und die Charakteristika des (verschobenen) Trauerprozesses sowie die unbewusste Bedeutung der Traumata herausgearbeitet. Zwei ausführliche Einzelfallstudien lassen die Greueltaten der Terrorherrschaft - die ... [ mehr ]

Mark Solms

Sigmund Freud heute. Eine neurowissenschaftliche Perspektive auf die Psychoanalyse

Psyche, 2006, 60(9-10), 829-859

Welchen wissenschaftlichen Stellenwert hat Sigmund Freuds Sichtweise des psychischen Apparats heute? Anlässlich der Feier der 150. Wiederkehr von Freuds Geburtstag werden seine Theorien im Lichte des zeitgenössischen neurowissenschaftlichen Denkens kritisch gesichtet. Diskutiert wird ein Großteil der grundlegenden Konzepte, unter anderem das Unbewusste, Verdrängung, Triebe, Sexualität, Träume sowie die Ätiologie der Neurose. (c) ... [ mehr ]

Philipp Soldt

Bildliches Denken. Zum Verhältnis von Anschauung, Bewusstsein und Unbewusstem

Psyche, 2006, 60(6), 543-572

Die zentralen Aussagen Sigmund Freuds zum Stellenwert des Bildlichen sowie die nach ihm erfolgten theoretischen Erweiterungen werden skizziert, um anschließend die gefundenen Bestimmungen in einer psycho-semiotischen Theorie der Repräsentanzwelt zu reformulieren, der die inzwischen von Siegfried Zepf wesentlich erweiterte Theorie der Interaktionsformen zugrunde liegt. Mentale Bilder werden als Zeichen aufgefasst, die analog zu Wörtern begrifflich ... [ mehr ]

Evelyne Albrecht Schwaber

Das Ringen ums Zuhören: Fortgesetzte Reflexionen, verweilende Paradoxien und Gedanken über den Wiedergewinn von Erinnerungen

Psyche, 2006, 60(1), 31-56

Anknüpfend an frühere eigene Versuche, Unterschiede und Paradoxien in der Art und Weise, wie Psychoanalytiker in der Analyse zuhören, herauszuarbeiten und zu erforschen und die Implikationen für die klinische Arbeit und Beobachtung zu überdenken, werden klinische Beispiele herangezogen, die Licht auf ein psychisches Erleben, das unter anderen Umständen außerhalb des bewussten Gewahrseins - im Bereich des Verdrängten oder im ... [ mehr ]

Helen Schoenhals Hart

Angstneurose heute

Psyche, 2006, 60(3), 193-214

Die Autorin nimmt Stellung zu einer früheren Arbeit, in der sie folgende Hypothese entwickelt hatte: Der angstneurotische Patient konnte Interaktionen nicht genügend internalisieren, da das Primärobjekt vom emotionalen Geschehen ablenkte. Dadurch wurden die Interaktionen bedeutungsleer; die resultierenden Repräsentanzen waren sozusagen blass und mussten von außen gestützt werden. Anhand der Darstellung einer späteren Behandlung mit ... [ mehr ]

Gerhard Schneider

Luis Buñuel »Ein andalusischer Hund« - Schock und Traum als Methode

Psyche, 2006, 60(3), 253-261

Ausgehend von der Schlussszene des Films Der andalusische Hund von Luis Buñuel wird (1) eine übergeordnete, verbindende Sinn-Vermutung formuliert, um dieser dann (2) mit der Eingangssequenz das Augenlicht zu nehmen und sie in den Orkus zu befördern . Es wird die Ansicht vertreten, dass der Film keinen einsichtigen Sinn hat, der eine feststellbare Zusammenhangslogik und das Prinzip der Identität voraussetzt. These ist vielmehr, dass er prozessual ... [ mehr ]

Gerhard Schneider

Ein »unmöglicher Beruf« (Freud) - zur aporetischen Grundlegung der psychoanalytischen Behandlungstechnik und ihrer Entwicklung

Psyche, 2006, 60(9-10), 900-931

Unter einer aporetischen Konstellation des Analysierens wird eine solche verstanden, in der sich das Analysieren im klinischen Kontext grundsätzlich in Frage gestellt sieht und in der es keine methodisch ableitbare Lösung gibt. Es wird die Auffassung vertreten, dass aporetische Konstellationen unablösbar zum Analysieren gehören, und es wird die These formuliert, dass Analysieren als analytische Praxis essentiell aporetischer Art ist und zu einem ... [ mehr ]

Joseph Schachter

Ist die zeitgenössische Psychoanalyse in den USA noch eine Profession? Ein Plädoyer für mehr psychoanalytische Forschung

Psyche, 2006, 60(5), 455-485

Die schwelende Krise, in der sich die Psychoanalyse in den USA gegenwärtig befindet, hängt zu einem Teil mit den fundamentalen Differenzen zusammen, die in Fragen der Theorie und Klinik innerhalb der Psychoanalyse selbst bestehen. Die psychoanalytische Ausbildung, die eigentlich professionelles Wissen und technische Kompetenzen für die Behandlung von Patienten vermitteln soll, ist zersplittert und zerfasert. Die Grenzen der Psychoanalyse sind so verwischt, ... [ mehr ]

Christa Rohde-Dachser

Über Hingabe, Tod und das Rätsel der Geschlechtlichkeit. Freuds Weiblichkeitstheorie aus heutiger Sicht

Psyche, 2006, 60(9-10), 948-977

Es wird der der Frage nachgegangen, warum S. Freuds Weiblichkeitstheorie trotz des veränderten Verständnisses über die geschlechtliche Entwicklung bis heute immer wieder neu diskutiert wird und warum im Vergleich dazu der männlichen Entwicklung sehr viel weniger Aufmerksamkeit zuteil wird. Zunächst wird einen umfassender Überblick über die Weiterentwicklung der psychoanalytischen Theorien über die Geschlechterdifferenz von Freud bis ... [ mehr ]

Thomas Pollak

Konzeptuelle Überlegungen zum psychoanalytischen Angstbegriff

Psyche, 2006, 60(8), 707-729

Überlegungen zum psychoanalytischen Angstbegriff werden angestellt. Angst ist in S. Freuds Formulierung das Grundphänomen und Hauptproblem der Neurose und damit ein Dreh- und Angelpunkt jeder psychoanalytischen Konzeptbildung. Grundsätzliche Fragen der psychoanalytischen Theoriebildung zur Angst werden diskutiert. Ausgehend von Freuds Angstkonzepten wird die Hypothese entwickelt, dass kein psychoanalytisches Angstkonzept losgelöst von einem ... [ mehr ]

Dietmut Niedecken

Gewaltlose Integration des Divergierenden

Psyche, 2006, 60(7), 625-651

Eine Fallvignette aus der supervisorischen Arbeit mit einem Betreuungsteam (Betreuung von psychisch kranken, geistig behinderten Menschen) wird vorgestellt. Anschließend an eine Auseinandersetzung mit J. Whitebooks Überlegungen zu einer gewaltlosen Einheit des Vielen wird gezeigt, wie es vermittels kultureller Konfigurationen unterschiedlichster Herkunft (Klischee aus der Regenbogenpresse, Kunstwerk, parareligiöses Ritual) gelingen kann, die auf das Team ... [ mehr ]

Ulrich Moser & Thomas Stompe

Wahn: Mikrowelten virtueller Realität

Psyche, 2006, 60(8), 730-762

Im Anschluss an den Beitrag Transformationen und affektive Regulierung in Traum und Wahn (in Psyche 2005) wird eine Theorie des Wahns weiterentwickelt. Zunächst werden die Konzepte zweier affektiver Regulierungssysteme vertieft, die den Aufbau eines Wahns steuern. Mikrowelten des Wahns enthalten Versuche, eine Beziehung Selbst-Objekt aufzubauen, allerdings im Bereich einer virtuellen Realität. Der Verlust von Transformationspotential zur Regulierung der ... [ mehr ]

Stavros Mentzos & Helmut Thomä

Können Psychogenese und Psychodynamik der Angstneurose auf eine Neidproblematik reduziert werden? Mit Erwiederung von Helen Schoenhals Hart

Psyche, 2006, 60(11), 1145-1155

Zum Beitrag Angstneurose heute von H. Schoenhals (in Psyche 2006, 60 (3)) wird kritisch Stellung bezogen. Schoenhals wird vorgehalten, die Entstehung angstneurotischer Symptome während einer psychoanalytischen Behandlung vorwiegend auf das kleinianische Verständnis des unbewussten Neids in der Übertragung zurückzuführen. Ein solcher Reduktionismus wird als Missachtung aller neueren Entwicklungen des Verständnisses neurotischer Ängste in ... [ mehr ]

Christian Maier

Übertragungspsychose. Ein Beitrag zur Begriffsbestimmung

Psyche, 2006, 60(4), 291-318

Gilt einerseits das Auftreten einer psychotischen Symptomatik während einer Psychoanalyse als gefürchtete Komplikation, so wird andererseits in der analytischen Behandlung von Psychose- und Borderline-Patienten eine Übertragungspsychose als ein potentiell positiver Parameter des analytischen Prozesses angesehen. Der Begriff der Übertragungspsychose lehnt sich eng an das Konzept der Übertragungsneurose an, ist im Unterschied zu dieser aber auch schon ... [ mehr ]

Jean Laplanche

Die »Drei Abhandlungen« und die Verführungstheorie

Psyche, 2006, 60(9-10), 1005-1017

Neben der Frage, inwieweit Sigmund Freuds acht Jahre später erschienenen Drei Abhandlungen neue Elemente liefern, mit denen sich die Aufgabe der Verführungstheorie (1897) überdenken ließe, wird die Rolle der Verführung in der psychoanalytischen Theorie erörtert. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten [ mehr ]

Horst Kächele, Cornelia Albani, Anna Buchheim, Hans-Joachim Grünzig, Michael Hölzer, Roderich Hohage, Juan Pablo Jimenez, Marianne Leuzinger-Bohleber, Erhard Mergenthaler, Lisbeth Neudert-Dreyer, Dan Pokorny & Helmut Thomä

Psychoanalytische Einzelfallforschung: Ein deutscher Musterfall Amalie X

Psyche, 2006, 60(5), 387-425

Das Ulmer Prozessforschungsmodell wird skizziert. Dabei werden vielfältige, multimethodale Untersuchungen zusammengefasst, die im Rahmen eines langjährigen Projekts an einer tonbandaufgezeichneten psychoanalytischen Behandlung (Fall Amelie X) durchgeführt wurden. Es wird deutlich gemacht, dass sich der Verlauf aus vielen Perspektiven betrachten lässt und zur Evaluation genutzt werden kann. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten [ mehr ]

Rolf Klüwer

Die vollständige psychoanalytische Methode und ihre klinischen Anwendungen. Zur vernachlässigten Dimension des Fokalen

Psyche, 2006, 60(11), 1105-1125

Es wird insofern für eine Vervollständigung der psychoanalytischen Methode der Erkenntnisgewinnung unbewusster Vorgänge in der klinischen Situation plädiert, als von Beginn der Psychoanalyse an einseitig die zielunbestimmten (afokalen) Vorgänge hervorgehoben werden zu ungunsten der zielbestimmten (fokalen). Eingegangen wird dabei besonders auf negative Auswirkungen auf die Ausbildung und auf das Verhältnis von Psychoanalyse und Psychotherapie. ... [ mehr ]

Vera King

Faszination und Anstößigkeit: Der »Fall Dora« im Entstehungs- und Veränderungsprozess der Psychoanalyse

Psyche, 2006, 60(9-10), 978-1004

Sigmund Freuds Fall Dora ist die erste der großen Fallgeschichten, sie war Bestandteil des Entstehungsprozesses der Psychoanalyse und sie stellt einen bedeutenden Schritt bei der Entdeckung der Übertragung dar. Der Fall Dora gilt als der am meisten kommentierte von Freuds Fällen, und er wurde vielfach ambivalent aufgenommen: als eindrucksvoll und faszinierend, aber auch als misslungen und anstößig. Die vielschichtigen Facetten und Ursachen ... [ mehr ]

Wulf Hübner

»Jenseits der Worte«. Versuch über projektive Identifizierung und ästhetische Erfahrung

Psyche, 2006, 60(4), 319-348

Der in der nach-kleinianischen Literatur beschriebene interpersonale Druck, der von der Übertragung frühtraumatisierter Patienten - jenseits des Inhalts ihrer Worte - ausgeht, wird als eine ästhetische Erfahrung rekonstruiert: als Element der Wahrnehmung des Analytikers, der sich auf das sinnliche Erleben der von der leiblichen Präsenz des Patienten und der Gestik seiner Worte erzeugten Atmosphären einlässt. Dabei können die nicht ... [ mehr ]

Esther Horn

Don Quijotes Flucht vor der Realität

Psyche, 2006, 60(6), 515-542

In einer tiefenhermeneutischen Inhaltsanalyse von Miguel de Cervantes Roman Don Quijote wird die Entwicklung, der der Held im Verlauf der Handlung unterliegt, genauer betrachtet. Dabei wird die Verwandlung von Alonso Quijano, einem gealterten, verarmten Landjunker, in einen irrenden Ritter, dem Windmühlen zu Riesen anwachsen und der mit der Mission auszieht, die Ungerechtigkeiten auf der Welt zu beseitigen, bis hin zur Wiedererlangung seiner Vernunft vor dem ... [ mehr ]

Mathias Hirsch

»Die Rückkehr« von Andrej Swjaginzew (Rußland 2003)

Psyche, 2006, 60(11), 1156-1162

Der Film Die Rückkehr von A. Swaginzew aus dem Jahr 2003 wird in knapper Form inhaltlich zusammengefasst und aus psychoanalytischer Perspektive interpretiert. Thema des Films ist die Entwicklung der Beziehung der Brüder Andrej und Ivan zu ihrem Vater, der nach zehnjähriger Abwesenheit wieder nach Hause kommt, wo Andrej und Ivan mit ihrer Mutter und Großmutter bis dahin zusammen gelebt haben. Während der ältere Sohn Andrej von seinem Vater ... [ mehr ]

Renate Haas

Die Unfähigkeit, mit (inter-)kulturellen Konflikten umzugehen. Ein kulturanalytischer Befund

Psyche, 2006, 60(2), 131-155

Ausgehend von einer schulischen Fallgeschichte werden die Richtlinien der Berliner Schulverwaltung sowie zwei Reformansätze aus der Lehrerbildung in Bezug auf den Umgang mit (inter)kulturellen Konflikten untersucht. Es wird gezeigt, dass die zugrunde liegenden Konzepte auf binären und linearen Klassifikationsschemata beruhen, mit denen die durch die Gleichzeitigkeit von Ungleichzeitigem verursachten Spannungen nicht wahrgenommen und die wahrgenommenen nicht ... [ mehr ]

Eberhard T. Haas

Melancholische Arbeit

Psyche, 2006, 60(4), 349-369

Ausgehend von Freuds Begriff der melancholischen Arbeit wird die Arbeit der Trauer mit jener der Depression verglichen. Hier wie dort geht es um einen langwierigen Prozess der Bindungslösung, der der Depression jedoch ungleich schwerer fällt. Es wird ferner der Frage nachgegangen, warum das Konzept der melancholischen Arbeit bislang keinen Eingang in das Vokabular der Psychoanalyse gefunden hat. Dazu wird auf das Prozessgeschehen der Trauer zurückgegangen, ... [ mehr ]