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Buchreihe: Bibliothek der Psychoanalyse
699 Seiten, Gebunden, 148 x 210 mm
Erschienen: Oktober 2010
ISBN-13: 978-3-8379-2064-2
Bestell-Nr.: 2064
Leseprobe

Die Reanimation der Psychosomatik

Kritische Bestandsaufnahme und Zukunftsperspektiven

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Wir leben in einer von Vereinsamung, Arbeitsplatzverlust, Gewalt und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich bedrohten Zivilisation. Wie müssten unsere Lebensbedingungen verändert werden, um Gesundheit zu erhalten oder wiederzufinden? Die Psychosomatik hätte das Potenzial, Antworten auf diese Frage zu geben. Doch viele ihrer Vertreter haben sich dazu verführen lassen, die Schattenseiten der Schulmedizin zu ignorieren. Einsichten, die wirtschaftlichen Entscheidungsträgern missfallen, werden nicht mehr nachdrücklich vertreten. Dabei bietet gerade die Bestätigung der alten psycho- und familiendynamischen Erkenntnisse zu Gesundheit und Krankheit durch Hirnphysiologie und Genetik die Chance zu einer Reanimation der lange vernachlässigten Disziplin. Es ist daher an der Zeit, die Erkrankung der Psychosomatik zu analysieren, eine Strategie zur Erneuerung des psychosomatischen Denkens zu entwickeln und neue Leitlinien für die Behandlung kranker Menschen zu entwerfen.

»Wir leben in einer von Vereinsamung, Arbeitsplatzverlust, Gewalt und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich bedrohten Zivilisation. Wie müssten unsere Lebensbedingungen verändert werden, um Gesundheit zu erhalten oder wiederzuerlangen?  ...«

Ludwig Helwig, www.literatur-report.de

»Wir leben in einer von Vereinsamung, Arbeitsplatzverlust, Gewalt und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich bedrohten Zivilisation. Wie müssten unsere Lebensbedingungen verändert werden, um Gesundheit zu erhalten oder wiederzufinden? Die Psychosomatik hätte das Potenzial, Antworten auf diese Frage zu geben  ...«

, AOL-Bücherbrief Jg. 29/2010, Nr. 66


Inhalt

Vorwort

Einleitung

A Die Krankheit der Psychosomatik

1. Die scheinbare Erfolgsgeschichte der Psychosomatik

2. Alarmierende Symptome
2.1 Definitionsbeschwerden
2.2 Verwirrende Adjektive
2.3 Zerstückelung der Nosologie
2.4 Die unübersichtliche Vielfalt ätiologischer Konzepte
2.5 Verschleiernde Begriffe
2.6 Die Missachtung der kulturellen Relativität des Gesundheitsbegriffs

3. Die epidemiologische Verunsicherung
3.1 Die Häufigkeit psychischer und psychosomatischer Störungen bei Erwachsenen
3.2 Die Häufigkeit psychischer und psychosomatischer Störungen bei Kindern

4. Somatoforme Störungen: Eine missglückte Kategorisierung
4.1 Konfusion durch »Somatisierungsstörung« und »Hypochondrie«
4.2 Konfusion durch »Konversion«
4.3 Konfusion durch den Begriff der »somatoformen Störung« selbst

5. Das »biopsychosoziale Modell« als falsche Versprechung
5.1 Formen der unbemerkten Verstärkung der Leib-Seele-Spaltung
5.2 Die rätselhafte Attraktivität des biopsychosozialen Modells

6. Akademische Hindernisse des Verstehens
6.1 ICD-10 und DSM IV als Instrumente der Führung und Verführung
6.2 Die Falle der akademischen Persönlichkeitspsychologie
6.3 Der Kampf gegen das Konzept des »Unbewussten«
6.4 Erstarrte tiefenpsychologische Konzepte

7. Verleugnete Grenzen der Evidenzbasierten Medizin
7.1 Peer-Review, Impact Factor und der Einfluss der Medizinalindustrie
7.2 Auswüchse der Verhaltenstherapie

8. Unkritische Verwendung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse
8.1 Die angstmotivierte »Neuropsychotherapie« von Klaus Grawe

9. Hemmungen der Hausärzte und Allgemeinmediziner
9.1 Ärztliche Verärgerung und dahinter verborgene Ängste
9.2 Geringe Erkennungsraten psychischer und psychosomatischer Störungen aufgrund von unzulänglicher Gesprächsführung
9.3 Alibi-Diagnosen
9.4 Missbräuchliche Verwendung der Chirurgie
9.5 Weitere Folgen: Leiden, Kosten und Vertrauensverlust
9.6 Strukturelle Faktoren

10. Hemmungen der Psychosomatiker und Psychotherapeuten
10.1 Verunsicherung durch die rasante Entwicklung der Neurowissenschaften
10.2 Abspaltungstendenzen
10.3 Überforderung oder Unterforderung der Patienten
10.4 Die Biografie-Angst: Opfer oder Täter?
10.5 Berufspolitische Grabenkämpfe

11. Die Medikalisierung des Lebens
11.1 Grundsätzliche Kritik an der westlichen Medizin
11.2 Die Technisierung der Medizin als Flucht vor Beziehung
11.3 Die Geburt der Risikofaktoren: Framingham, das Rauchen und die Prävention
11.4 Der Aufschwung der Pharmaindustrie
11.5 Die zweifelhafte Wissenschaftlichkeit von Pharmastudien
11.6 Der »relative Nutzen« als Mogelpackung
11.7 Surrogatparameter und das Tabu der »poor metabolizers«
11.8 Die Erweiterung von Definitionen, Grenzwerten und Indikationen
11.9 Das Erfinden neuer Krankheiten
11.10 Eine institutionalisierte Hypochondrie

12. Fehlentwicklungen bei der Behandlung bestimmter Krankheiten
12.1 Rückenschmerzen und Schleudertrauma
12.2 Spannungskopfschmerz und Migräne
12.3 Fibromyalgie und Chronisches Müdigkeitssyndrom
12.4 Reizdarmsyndrom, chronische Unterbauchbeschwerden, Zwölffingerdarm- und Magengeschwür
12.5 Bronchialasthma
12.6 Allergien und der Trick der »Atopie«
12.7 Das Beispiel der Neurodermitis
12.8 Stottern, funktionelle Dysphonien und das Geheimnis der fokalen Dystonie
12.9 Das Globusgefühl und die »Halssymptomatik ohne Stimmbefund«
12.10 Hyperkinetisches Syndrom, ADS und ADHS
12.11 Die Behandlung der Depression und der Sieg der Psychopharmaka
12.12 Magersucht, Fettsucht und die Verwirrung um die gesunde Ernährung
12.13 Koronare Herzkrankheiten: Angina pectoris und Herzinfarkt
12.14 Krebserkrankungen und die Selbstbeschränkung der Psychoonkologie
12.15 Schwangerschaft, Geburt und die Reproduktionsmedizin
12.16 Die verblasste Ritualisierung des Sterbens

B Die Behandlung der Psychosomatik

13. Der Konstruktivismus als Ordnungsprinzip des Denkens
13.1 Realität, Wirklichkeit und der Konstruktivismus
13.2 Die adaptive Funktion des Konstruktivismus
13.3 Die Überprüfbarkeit konstruktivistischer Erkenntnis
13.4 Die Vorzüge konstruktivistischen Denkens

14. Das Wunder des Lebens
14.1 Die Komplexität des Stoffwechsels
14.2 Die Relativierung der Bedeutung des Zentralnervensystems

15. Immunologie: Materielle Noxen sind nicht allmächtig
15.1 Erkenntnisse aus der Stressforschung
15.2 Neue Einsichten aus der Psychoneuroimmunologie

16. Neuroplastizität: Das Ende der Leib-Seele-Debatte
16.1 Reizbewertung, Lernen, Gedächtnis und Denken
16.2 Interneuronale Reizleitung und die Psychopharmaka
16.3 Neuroplastizität und die Psychotherapie
16.4 Der Abschied von der Leib-Seele-Debatte
16.5 Unberechtigte Exklusivitätsansprüche: Bewusstsein, Geist und freier Wille

17. Epigenetik: Das Ende der Anlage-Umwelt-Debatte
17.1 Gene können allein gar nichts
17.2 Der alte Zopf der Zwillingsforschung
17.3 Die komplexe Welt der Genregulation
17.4 Die Bedeutung der sozialen Umwelt: Deprivationsstudien
17.5 Der Abschied von der Anlage-Umwelt-Debatte
17.6 Können Erfahrungen sogar Gene verändern?

18. Emotionsforschung: Das Ende der Kognitions-Emotions-Debatte
18.1 Emotionen im Dickicht der Begriffe
18.2 Neurophysiologie der Gefühle
18.3 Der Abschied von der Kognitions-Emotions-Debatte

19. Die Erlebniswelt der Gefühle
19.1 Freude und Lust
19.2 Angst, Wut, Trauer und Schmerz
19.3 Der Ausdruck von Gefühlen als Tor zu hoher Lebensqualität
19.4 Stimmungsansteckung, Imitation, Empathie und Intuition

20. Die Kraft der sozialen Bindung
20.1 Soziale Bindung bei Säugetieren
20.2 Früheste Bindungsspuren beim Menschen
20.3 Menschliche Bindungstypen
20.4 Zur Epigenetik und Neuroendokrinologie der Bindung
20.5 Bindung in sozialer Vererbung

21. Die Priorität von Beziehungen
21.1 Beziehung in der Entwicklung der Lebewesen
21.2 Die Bedeutung menschlicher Beziehungen
21.3 Menschliche Gemeinschaft als Quelle von Gesundheit
21.4 Einsamkeit und ihre gesundheitlichen Folgen
21.5 Chronische Beziehungskonflikte und ihre gesundheitlichen Folgen
21.6 Die Weisheit der nativen, primitiven Medizin

22. Eine Neubewertung des Placeboeffekts
22.1 Alternativmedizin, Komplementärmedizin und das Dritte
23. Die Rehabilitierung des Heilens
23.1 Effektive Therapie ist Beziehungstherapie
23.2 Beziehungstherapie für Singles und Einzelgänger?

24. Eine neue Durchlässigkeit des Berufsgruppendenkens
24.1 Die Verabschiedung der ärztlichen Selbstidealisierung
24.2 Die Anerkennung der Häufigkeit dramatischer Familiengeschichten
24.3 Eine »Biografisierung« der Helfer
24.4 Wie Ängste die Helfer und Helferinnen ins Bockshorn jagen

25. Therapie und Prophylaxe als politische Tätigkeiten
25.1 Die Psychosomatisierung der Pädagogik
25.2 Erziehung, Jugendgewalt und das Böse
25.3 Kriegspolitik und strukturelle Gewalt
25.4 Dissoziativ gestörte Führer als Instrumente struktureller Gewalt
25.5 Die Wiederentdeckung der Bedeutung von Scham
25.6 Die Re-Symbolisierung von Worthülsen
25.7 Eine neue Verantwortung für die »vierte Gewalt« der Demokratie
25.8 Die Politisierung der Medizin

C Eine »Dynamische Psychosomatik«

26. Psychosomatik als Beziehungslehre

27. Die Erweiterung bestehender psychosomatischer Konzepte
27.1 Die Vorstellung der Kontinuität und der Interdependenz von Krankheiten
27.2 Eine Erneuerung der Spezifitätstheorie: »Biografische Spezifität«
27.3 Die konsequente Beachtung kumulativer Traumata
27.4 Eine Dekategorisierung somatoformer Störungen: »Somatisierung«
27.5 Die Re-Symbolisierung der Begriffe »Verdrängung« und »Symbolisierung«

28. Der Wert klassischer psychosomatischer Konzepte
28.1 Modelllernen, subjektive Krankheitstheorien und Kontrollüberzeugungen
28.2 Abwehr, Krankheitsgewinn und Bewältigung; Salutogenese und Resilienz
28.3 De- und Resomatisierung, die zweiphasige Abwehr und der CSO
28.4 Alexithymie und »pensée opératoire«
28.5 Die »somatosensorische Verstärkung«

29. Die ideale psychotherapeutische Schule?
29.1 Geeignete psychotherapeutische Schulen
29.2 Der Stellenwert der Kognitiven Verhaltenstherapie in der Dynamischen Psychosomatik

30. Wer kann, darf und soll eine Dynamische Psychosomatik anwenden?
30.1 Eine Helfertypologie: A-, B-, C- und D-Helfer

31. »Therapeutische« Voraussetzungen
31.1 Ein humanistisches Menschenbild
31.2 Die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte
31.3 Die Erweiterung der Empathiefähigkeit

32. Diagnostische Strategien
32.1 Die Diagnostik für Psychotherapeuten (A-Helfer)
32.2 Die Diagnostik für alle anderen Therapeuten (B-Helfer)
32.3 Zwischenmenschliche Meinungsbildung in anderen Berufsgruppen (C-Helfer)
32.4 Zwischenmenschliche Wissenslust oder -pflicht der Laien (D-Helfer)

33. Therapeutische Ziele
33.1 Achtsamkeit für eigene Stärken und Verletzlichkeiten
33.2 Die Verflüssigung des Ausdrucks von Gefühlen
33.3 Vom Symptom zum Dialog: Desomatisierung durch Verbalisierung
33.4 Mehrgenerationenverständnis und die Auflösung der Idealisierung der Eltern
33.5 Individuation und das Verhältnis zwischen Aggressivität und Harmonie
33.6 Schuld, Pseudounschuld, Macht und Trauer
33.7 Auf den Spuren der Bedürfnisse
33.8 Die Pflege der Zugehörigkeit

34. Therapeutische Vorgehensweisen
34.1 Hinweise für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten (A-Helfer)
34.2 Umdeutungen (biografisches »Reframing«)
34.3 Die »Knotenlogik«: Ein hilfreiches Konzept für B-Helfer
34.4 Denotation und Konnotation: Der Schatz individueller Wortbedeutungen
34.5 Die Identifikation und das Auffüllen von Worthülsen
34.6 Die Unterstützung verantwortungsbewussten Handelns

35. Tipps und Tricks für B-Helfer
35.1 Im Einzelgespräch
35.2 Im Paargespräch (auch im Elterngespräch)
35.3 Problembehandlung
35.4 Einige Typen von Fehlern

36. Eine erträgliche Leichtigkeit des Seins

Literatur

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Namensregister

Sachregister