2469.jpg2469.jpg
Buchreihe: Forschung Psychosozial
362 Seiten, Broschur, 148 x 210 mm
Erschienen: Mai 2015
ISBN-13: 978-3-8379-2469-5
Bestell-Nr.: 2469

Mit einem Vorwort von Renaud van Quekelberghe
Leseprobe

Orakel, Träume, Transzendenz

Traditionelle mexikanische Medizin im Dialog mit westlicher Psychotherapie

Sofort lieferbar. Lieferzeit (D): 4-5 Werktage

In den letzten Jahren ist das Bewusstsein dafür gewachsen, dass westliche Psychotherapie nur für eine Minderheit der Weltbevölkerung bei psychischen Erkrankungen die »Methode der Wahl« darstellt. Parallel dazu gewinnen integrative Theorie- und Methodenkonzepte in der Psychotherapie immer mehr an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund wächst das Interesse an nicht-westlichen Behandlungsansätzen. Das zentrale Anliegen des vorliegenden, auf mehrjähriger Feldforschung basierenden Buches ist es, die traditionelle mexikanische Medizin der Gegenwart in ihrer Bedeutung als komplexes ethnopsychotherapeutisches Behandlungsangebot kenntlich zu machen.

Nach einem Abriss zur Geschichte der traditionellen mexikanischen Medizin gibt die Autorin einen differenzierten Einblick in die impliziten Theorien der Heiler zu psychischer Krankheit und Gesundheit und erläutert die wichtigsten Krankheitskonzepte sowie Methoden der Diagnose und Therapie. Anschließend werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede der traditionell-mexikanischen und westlichen Therapiesysteme in ihrem Bezug zum jeweiligen kulturellen Kontext thematisiert. Das Buch schließt mit Überlegungen zur Praxisrelevanz. Zahlreiche Originalzitate, Fallvignetten und Beobachtungen aus dem Praxisalltag ermöglichen einen anschaulichen Einblick in die fremde Therapiekultur.

»Das Buch ist ein Glücksfall für Leserinnen und Leser, die einen differenzierten Einblick in die Praxis und die impliziten Theorien mexikanischer Heilerinnen und Heiler zu psychischer Krankheit und Gesundheit suchen und dabei nicht auf das Wissen der westlichen Heilkunde verzichten wollen  ...«

Rolf Verres, Sociologus – Journal for Social Anthropology, Volume 66, 2016, Issue 2

»Was die Heilerinnen und Heiler z.B. in Oaxaca seit Jahrhunderten praktizieren, ist letztlich für die Medizinmacht Mexikos im Duktus einer sich als politisch korrekt feiernden interkulturellen Verständigkeit trotzdem nicht viel mehr als primitiver Hokuspokus geblieben. Die Autorin zeigt dies mit sanfter Stimme auf, in einem gut lesbaren Buch, das sich feinsinnig durch die schwer verständlichen Methoden der Heilungen in Oaxaca, Mexiko, bewegt und sicherlich zu den klassischen Werken über die traditionelle mexikanische Medizin gehören wird  ...«

Claus Deimel, Curare. Zeitschrift für Medizinethnologie 38(2015)3

»Die Arbeit ist in Gliederung und Diktion sehr verständlich angelegt und geschrieben und mit Bildern und Tabellen ausgestattet, sodass man am Schluss einen guten Einblick in die TMM und ihr Verhältnis zur westlichen Psychotherapie gewinnt  ...«

A. Resch, Grenzgebiete der Wissenschaft 3/2015

»Ich finde Steffi Zacharias Buch über TMM sehr empfehlenswert für alle diejenigen, die über den Tellerrand unsere westlichen Psychotherapieformen hinaus blicken wollen  ...«

, à jour! Psychotherapie – Berufsentwicklung Nr. 02, 12/2015

Inhalt

Vorwort von Renaud van Quekelberghe
Danksagung
Vorbemerkungen
Vorwort

1 Die Krise der »entzauberten« Medizin und Psychotherapie

2 Einführung in die traditionelle mexikanische Medizin
2.1 Was ist traditionelle mexikanische Medizin (TMM)?
2.2 Die Grundzüge der präspanischen indianischen Medizin
2.3 Geist/Emotion/Trieb – das »Drei-Instanzen-Modell« des Psychischen in der präspanischen Medizin
2.4 Die Folgen der Kolonialisierung für die indigene Medizin unter Berücksichtigung psychotherapeutischer Aspekte
2.5 Rezeption der TMM unter dem Einfluss des biomedizinischen Paradigmas
2.6 Die aktuelle gesellschaftliche Position der TMM

3 Die Feldforschung
3.1 Die Forschungsmethoden
3.2 Über die Region Oaxaca
3.3 Die Lebensbedingungen der Heiler und ihrer Klienten
3.4 Die Heilerinnen und Heiler
3.5 Die Erschütterung des eigenen Selbstverständnisses durch die Begegnung mit der fremden Kultur

4 Die Seele-Geist-Dualität des Psychischen und das Verständnis psychischer Erkrankungen in der TMM
4.1 Das allgemeine Verständnis von Krankheit und Gesundheit
4.2 Der Einfluss von Modernisierungsprozessen auf die Vorstellungen über Krankheit und Gesundheit innerhalb der TMM
4.3 Gibt es Verbindungen zwischen der Kategorie des Geistig-Spirituellen der TMM und den Konzepten der westlichen Psychologie und Psychotherapie?
4.4 Die Universalität der psychopathologischen Phänomene
4.5 Der kausale Charakter der Krankheitskonzepte

5 Die Krankheitskonzepte der TMMa uf dem Gebiet psychischer Dysregulation
5.1 Erkrankung durch Erschrecken (el susto)
5.2 Die Gruppe der psychischen Erkrankungen durch die Pathogenität des sozialen Umfelds
5.3 Erkrankung durch starke eigene Gefühle (sentimientos fuertes)

6 Psychische Gesundheit und Prävention in der TMM
6.1 Das Verständnis seelischer Gesundheit im Vergleich der beiden Therapiekulturen
6.2 Spirituell-religiöse Transzendenz als salutogenetische Ressource und der Risikofaktor falta de fé
6.3 Prävention als ein bedeutendes Anwendungsgebiet der TMM

7 Grundzüge der Behandlungspraxis der TMM im Bereich psychischer Erkrankungen
7.1 Der sakrale Charakter und die Einheit des klinischen und außerklinischen Behandlungsauftrages
7.2 Die sinnlich-performative Dimension von Therapie
7.3 Zustände veränderten Wachbewusstseins – wichtigster Katalysator für therapeutische Veränderung
7.4 Allgemeine und differenzielle Indikation von Behandlungen

8 Die psychodiagnostischen Zugänge der TMM
8.1 Beobachtung und empathische Wahrnehmung
8.2 Die diagnostische Bedeutung von Träumen
8.3 Diagnosestellung mithilfe veränderter Bewusstseinszustände
8.4 Diagnostik durch Orakellesen
8.5 Vergleichende Betrachtungen zum psychodiagnostischen Repertoire der TMM und der westlichen Psychotherapie

9 Die ethnopsychotherapeutischen Behandlungsrituale der TMM
9.1 Die therapeutischen Rituale im Überblick
9.2 Das Reinigungsritual (hacer una limpia)
9.3 Das Reintegrationsritual (curar el susto)
9.4 Opferrituale (hacer ofrendas)
9.5 Schutzrituale und Talismane
9.6 Behandlung mittels tiefgreifend veränderter Wachbewusstseinszustände im Pilzritual (ceremonia de hongos; velada)
9.7 Die therapeutische Nutzung von Träumen und Trancezuständen am Beispiel des Rituals der »spirituellen Operation«
9.8 Das mexikanische Schwitzhüttenritual (el temazcal)
9.9 Die verborgene Wirkung der Worte
9.10 Körperbezogene Behandlungsmaßnahmen bei psychischen Erkrankungen

10 Drei ethnopsychotherapeutische Einzelfallstudien
10.1 Der Fall Ignacio – Behandlung einer Suchterkrankung
10.2 Der Fall Dolores – Kurzzeitbehandlung einer Depression mit psychogener Schmerzstörung
10.3 Der Fall Elvira – Behandlungsversuch einer Panikstörung

11 Wie wirksam ist die TMM bei der Behandlung psychischer Erkrankungen im Vergleich zu westlicher Psychotherapie?
11.1 Die Anfänge der Forschung zum Curanderismus als Ethnopsychotherapie – Kievs Feldstudie
11.2 Methodische Herausforderungen bei der Erforschung der Wirksamkeit von Ethnotherapien
11.3 Die Wirksamkeit von Ethnotherapien und Ethnopsychotherapien – Studien und Ergebnisse
11.4 Wie erfolgreich behandelt die TMM psychische Erkrankungen?
11.5 Der Kurzzeitcharakter der Behandlungen der TMM als Kriterium von Effizienz
11.6 Vergleichende Überlegungen zu den therapeutischen Erfolgen der TMM und der westlichen Psychotherapie

12 Wie wirkt die TMM? Vorschläge für ein allgemeines ethnopsychotherapeutischesWirkfaktoren-Modell
12.1 Das subjektive Wirkfaktoren-Modell der Heiler
12.2 Sakralität als ethnopsychotherapeutischer Superfaktor
12.3 Einsicht als ethnopsychotherapeutisches Agens
12.4 Bifokalität und suggestive Wirkung
12.5 Die Generierung »heilender Introjekte« in Ritualen mit tiefen Zuständen veränderten Wachbewusstseins als therapeutisches Agens
12.6 Vergleichende Überlegungen zu den kulturspezifischen Varianten des »Regredierens im Dienst der Therapie«

13 Die TMM und die westliche Psychotherapie als zwei Varianten symbolischer Therapie im
Vergleich

14 Der Beitrag der TMM zur Gesundheitsversorgung im Mexiko der Gegenwart
14.1 Die TMM als Ethnopsychotherapie
14.2 Die TMM als ein »lebendiges« Medizinsystem zwischen Kontinuität und Wandel
14.3 Entwicklungsaufgaben und Zukunftsperspektiven der TMM

15 Was können westliche Psychotherapeuten von der TMM lernen?
15.1 Die Wiederentdeckung der »Ahnen« als ein Therapeutikum für die westliche Psychotherapie
15.2 Praktische Zugänge zu Spiritualität als Ressource im Kontext westlicher Psychotherapie
15.3 Kultursensible psychotherapeutische Krisen- und Entwicklungshilfe statt »Therapie-Export« am Beispiel der Traumatherapie
15.4 Das psychotherapeutische Potenzial und die Herausforderungen einer klinischen Anwendung psychoaktiver Substanzen in der westlichen Psychotherapie
15.5 Überlegungen zum Transfer therapeutischen Erfahrungswissens der TMM mit dem Ziel der Verbesserung von Erfolgsraten westlicher Psychotherapie bei ausgewählten psychischen Störungen am Beispiel der Suchtbehandlung
15.6 Die bifokalen Stimulationstechniken der westlichen Psychotherapie alsWiederentdeckung eines Aspekts der »vergessenen« Ganzheitlichkeit von Therapie
15.7 Anregungen für ein erweitertes Verständnis von Prävention im Bereich seelischer Gesundheit aus dem Erfahrungswissen der TMM

16 Schlusswort

17 Literatur

18 Anhang
18.1 Verzeichnisse
18.2 Die Methoden der einzelfallanalytisch orientierten Therapieerfolgsstudie