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Buchreihe: Forschung Psychosozial
788 Seiten, Broschur, 170 x 240 mm
Erschienen: Januar 2004
ISBN-13: 978-3-89806-320-3
Bestell-Nr.: 320

Verwaltung des Krankenmordes

Der Bezirksverband Nassau im Nationalsozialismus

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Hadamar, Eichberg, Kalmenhof – die Namen der NS-»Euthanasie«-Anstalten sind zum Synonym für die Morde an kranken und behinderten Menschen im Nationalsozialismus geworden. Der Anstaltsträger, der Bezirksverband Nassau im Landeshaus in Wiesbaden, trieb die »Vernichtung lebensunwerten Lebens« engagiert voran.

Durch die Tötung seiner Klientel drohte der Verband sich selbst die Existenzgrundlage zu entziehen: Ihm fehlten die Pflegegelder, aus denen seine Anstalten sich finanzierten. Die leitenden Beamten fanden jedoch Auswege aus dem »Dilemma«. Sie heizten die Mordmaschinerie weiter an und machten das »Euthanasie«-Programm zu einem lukrativen Geschäft für den Verband.

Diese Studie über die »Verwaltung des Krankenmordes« stellt erstmals die Geschichte einer derart aktiv an den NS-Verbrechen beteiligten Fürsorgebehörde dar. Nicht Ärzte und Pflegekräfte, sondern Verwaltungsbeamte stehen hier im Mittelpunkt. Peter Sandner zeigt, wozu eine Behörde fähig ist, wenn sich Ideologie, Verwaltungsrationalität und Skrupellosigkeit verbinden.

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Gabriele Kremer, Newsletter Fritz Bauer Institut

»Dennoch stellt das Buch mit dem gelungenen Nachweis der aktiven Beteiligung von Verwaltungen an Krankenmord und Hungersterben einen Meilenstein in der Erforschung der NS-Psychiatrie dar und sollte zur genaueren Untersuchung der Verwaltungsstrukturen in den bereits identizierten Mord regionen der zweiten Phase der »Euthanasie« anregen. Darüber hinaus krönt es – quasi als »Schlussstein«- die von Christina Vanja mit großer Energie durchgehaltene Erforschung und publizistische Erschließung jener Provinz des Dritten Reiches, in der mit rund 20 000 Opfern die meisten psychisch Kranken ermordet wurden  ...«

Heinz Faulstich, Sozialpsychiatrische Informationen 1/2006 36.Jg.

»Kann man inhaltlich den Autor wenig kritisieren, muß doch bemängelt werden, daß seine Studie zu umfangreich geworden ist und eine Kürzung – etwa um die Darstellung der Entwicklung des Bezirksverbandes vor 1933 – der Arbeit gut bekommen wäre. Auch muß sich der Verlag den Vorwurf gefallen lassen, die zu keinem Zeitpunkt langweiligen 788 Seiten nur im Taschenbuchformat und nicht fest gebunden auf den Markt gebracht zu haben. Das unhandliche Buch stört so den Lesekomfort erheblich. Trotzdem wäre es zu wünschen, daß Sandners Studie Schule macht und die Erforschung der regionalen Verwaltungsinstitute im »Dritten Reich« weiter voran getrieben wird  ...«

Carl-Wilhelm Reibel, Fachismus in Italien und Deutschland Hg. von Sven Reichhardt/Nolzen

»Insgesamt betrachtet ist die Studie von Sandner nicht nur ein wertvoller Beitrag zur hessischen Institutionengeschichte während des Nationalsozialismus im Besonderen, sondern auch eine starke Bereicherung der Forschung zur Sozial- und Medizingeschichte im Allgemeinen  ...«

Hubert Kolling, Hessisches Jahrbuch für Landesgeschichte Band 54/2004

Inhalt

I. Grundlagen
1. Aufgaben und Verfassung der Provinzialverbände

a) Selbstverwaltung in den preußischen Provinzen
b) Entstehung und Verfassung des Bezirksverbands des Regierungsbezirks Wiesbaden
c) Die Fürsorge im Aufgabenspektrum des Wiesbadener Bezirksverbands

2. Weimarer Zeit
a) Zwischen Demokratisierung und Beharrung
b) Neue Aufgaben im Sozialwesen – veränderter Status der Selbstverwaltung
c) Rheinlandbesetzung, Separatismus und Nationalsozialismus in der Weimarer Zeit

II. Nationalsozialistische Formierung
1. „Machtübernahme“ und Gleichschaltung

a) Neue Führung
b) Selbstverwaltung und Führerprinzip

2. Nazifizierung der Belegschaft
a) Beamte, Beamtenausbildung, Beamtenpolitik
b) „Alte Kämpfer“ – neues Personal

3. Ausrichtung auf die „neue Zeit“
a) Nationalsozialismus im Alltag
b) Wirtschaftsförderung und Kulturpflege – Beteiligung an Projekten der Zeit
c) Antikirchliche Ausrichtung

III. Der Fürsorgebereich im Nationalsozialismus
1. „Entkonfessionalisierung“ des Anstaltswesens

a) Ausschaltung der „Freien Wohlfahrtspflege“ durch den Landesfürsorgeverband
b) Vergebliches Streben nach einer Vorreiterrolle

2. „Rassenhygienische“ Ausrichtung
a) Das rassenideologische Paradigma
b) „Erb- und Rassenpflege“ im Bezirksverband

3. Von der Anstaltspflege zur NS-„Euthanasie“
a) Das Anstaltsdezernat und die Dominanz der Verwaltung
b) Auswirkungen der Sparpolitik in den Landesheilanstalten
c) „Euthanasie“bestrebungen und Krankenmorde vor der „T4-Aktion“

IV. Zeit der Gasmorde
1. Verschiebung der Machtverhältnisse

a) Provinzialidentität versus Reichsgaumodell
b) Entmachtung des Landeshauptmanns

2. Mitwirkung bei der Vorbereitung der Gasmorde

a) Einbindung der Regionen in die Vorbereitung
b) Auswahl und Einrichtung der Gasmordanstalt
c) Akquirierung von Personal für die „T4“-Anstalt Hadamar

3. Kooperation während der Gasmorde
a) Krankenverlegungen und Unterhaltung von „Zwischenanstalten“
b) Die Morde in Hadamar und der Bezirksverband
c) Konfrontation mit Angehörigen und Öffentlichkeit

V. Regionalisierung und Dezentralisierung
1. Konflikte und Entscheidungen im Übergang
a) Anstaltsnutzung und Personaleinsatz
b) Forschung, Therapie und Kindermord – die Suche nach dem „Zukunftsprojekt“

2. Regionale Krankenmordinitiativen und strukturelle Bedingungen
a) Regionale Morde durch Medikamente, Überbelegung und Nahrungsentzug
b) Die Verwaltung und das Hungersterben

3. Dezentrale Krankenmordaktion mit zentraler Koordination
a) Neue Mordaktion in Hadamar in Kooperation mit „T4“
b) Das System der Verlegungen in die Mordanstalt

4. Expansion, Eskalation, Elimination
a) Der Fürsorgebereich und die Ermordung der „Zöglinge“
b) Der Gauleiter als Behördenchef und die Morde an Zwangsarbeitern