Sverre Varvin

Die gegenwärtige Vergangenheit. Extreme Traumatisierung und Psychotherapie

Psyche, 2000, 54(9-10), 895-930

Bruch und Verlust charakterisieren das Leben eines schwer traumatisierten Menschen besonders dann, wenn er im Exil lebt. Er wird auch die therapeutische Begegnung aus Angst vor dem Wiedererleben und einer erneuten Traumatisierung oft als bedrohlich erfahren und in seiner Fähigkeit, eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen, eingeschränkt sein. In diesem Kontext wird besonders die aus dem Trauma resultierende Störung der Mentalisierung besprochen. Es wird ... [ mehr ]

Helmut Thomä

Gemeinsamkeiten und Widersprüche zwischen vier Psychoanalytikern

Psyche, 2000, 54(2), 172-189

Zu den kritischen Anmerkungen und Kommentaren von M. Ermann, O. F. Kernberg und H. Weiß zu einem eigenen Beitrag über den zunehmenden Pluralismus in der Psychoanalyse (in Psyche 1999, 53 (9-10)) wird Stellung genommen. Während zwischen der Position Ermanns und der eigenen Position kaum Unterschiede festgestellt werden, werden gegenüber Kernberg und insbesondere Weiß Unterschiede und Gegensätze ausgemacht, auf die im Einzelnen eingegangen ... [ mehr ]

Katherine Stroczan

In Gewalt verliebt: die Anatomiestunde Francis Bacons

Psyche, 2000, 54(1), 1-27

In der Kunstrezeption ist Francis Bacon als Meister der Gewaltdarstellung zelebriert worden, ein Ruf, den der Maler selbst kultivierte. Weil die Gewalt in seinem Werk sowie in dessen Rezeption eine so zentrale Rolle spielt, verdient sie, genauer betrachtet zu werden. Von formalen Aspekten der Bilder ausgehend, wird zunächst das Instrumentarium dargestellt, das der Maler einsetzt, um Grausamkeit bildhaft umzusetzen. Während die Repräsentationsziele gleich ... [ mehr ]

Riccardo Steiner

Die Zukunft als Nostalgie: Biographien von Mythen und Helden ...?

Psyche, 2000, 54(2), 99-142

Die erste große Freud-Biographie von Ernest Jones aus den fünfziger Jahren ist bekanntlich nicht unumstritten. In diesem Zusammenhang werden zunächst die methologischen Probleme erörtert, mit denen Jones, der in der Tradition der englischen Biographieforschung stand, als erster autorisierter Freud-Biograph bei der Erstellung seines Werkes konfrontiert war. Welches Freud-Bild vermittelte er? War es das einzig mögliche? Anhand von ... [ mehr ]

Riccardo Steiner

Die Zukunft als Nostalgie: Biographien von Mythen und Helden ...?

Psyche, 2000, 54(3), 242-282

Im zweiten Teil eines Beitrags über die Freud-Biographie von Ernest Jones aus den fünfziger Jahren (erster Teil in Psyche 2000, 54 (2)) werden die durch sie ausgelösten Reaktionen in Psychoanalytikerkreisen unter Bezugnahme auf bislang unveröffentlichte Briefwechsel zwischen Jones und anderen Psychoanalytikern (Siegfried und Susanne Bernfeld, Marie Bonaparte, Kurt Eissler, Anna Freud, James Strachey) aufgezeigt. Bewusste und unbewusste Motive der ... [ mehr ]

Michael Schröter

Psychoanalyse emigriert. Zu den Rundbriefen von Otto Fenichel (mit einem Exkurs: Fenichel und Norbert Elias)

Psyche, 2000, 54(11), 1141-1174

Auf der Grundlage einer eingehenden Lektüre der Fenichel-Rundbriefe wird in großen Linien der Denkweg und teilweise der biographische Weg nachgezeichnet, den Fenichel zwischen 1934, dem Beginn der Briefe, und 1945, als er den Umlauf einstellte, erst innerhalb der europäischen Emigration, dann, ab 1938, in den Vereinigten Staaten zurücklegte bzw. zurücklegen musste. Dabei werden die Rundbriefe als Materialisierung des grandiosen Versuchs ... [ mehr ]

Michael Schröter & Ulrike May

Beiträge zur Geschichte der Psychoanalyse in englischsprachigen Zeitschriften (1998 bis Sommer 1999)

Psyche, 2000, 54(7), 669-688

Dokumentiert werden die Ergebnisse einer Sichtung von englischsprachigen Zeitschriften nach Publikationen, die sich mit der Geschichte der Psychoanalyse bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts (Leben und Werk von Freud und das seiner unmittelbaren Schüler und deren Nachfolger im Rahmen der von Freud gestifteten Organisationen) befassen. In den 32 ausgewerteten Zeitschriften wurden für den Zeitraum 1998 bis Sommer 1999 insgesamt 82 Beiträge zu dieser Thematik ... [ mehr ]

Gunzelin Schmid Noerr

Symbolik des latenten Sinns

Psyche, 2000, 54(5), 454-482

In Alfred Lorenzers Werk nimmt der Begriff des Symbols einen zentralen Stellenwert ein. Das Symbol bildet das Gelenkstück zwischen individueller und sozialer Struktur. Zunächst wird Freuds Symboltheorie zusammengefasst, und die doppelte Herkunft des Symbolbegriffs aus den frühen Hysterie-Arbeiten und der Traumdeutung wird beschrieben. Anschließend wird Lorenzers Versuch dargestellt, diese psychoanalytische Symbolauffassung als Teilaspekt einer ... [ mehr ]

Eva S. Poluda

Das Bild der lesbischen Frau in der Psychoanalyse

Psyche, 2000, 54(4), 322-353

Vor dem Hintergrund der Annahme von der grundsätzlichen bisexuellen Disposition des Menschen wird das vorherrschende Bild weiblicher Homosexualität in der Psychoanalyse besprochen. Es wird gezeigt, dass dieses Bild auch bei feministisch orientierten Analytikerinnen weitgehend negativ getönt ist. Aus der Erörterung diverser Fälle lesbischer Patientinnen von verschiedenen Analytikerinnen (McDougall, Halenta, Siegel, Kestenberg) und in Kontrastierung ... [ mehr ]

Franz Peter Plenker

Zur Konzeption der negativen therapeutischen Reaktion bei Sigmund Freud und Joan Riviere

Psyche, 2000, 54(7), 619-641

Freuds Beschreibung und Erklärung der negativen therapeutischen Reaktion war beeinflusst durch Erkenntnisse, die er in der Analyse von Joan Riviere gewann. Ihre Analyse bei Ernest Jones war zuvor an privaten Überschneidungen und Verstrickungen gescheitert. Dem Briefwechsel zwischen Freud und Jones ist zu entnehmen, in welchem Ausmaß Riviere von beiden Männern funktionalisiert wurde. Es scheint, als seien sie in die Falle der unbewussten Reinszenierung ... [ mehr ]

Josef Patloch

»Dieser Herkules bin ich«. Eine Neuinterpretation des Traums vom Abortloch mit Kothäufchen

Psyche, 2000, 54(12), 1222-1250

Im Traum vom Abortloch identifiziert sich Freud mit Herakles. Um die Hintergründe und Folgen aufzuhellen, zieht der Autor Teile des Heraklesmythos, den Traum vom Abortloch, Teile des Traums von Irmas Injektion sowie Aspekte des Freudschen Theoriegebäudes und des Vereinslebens heran. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten [ mehr ]

Elke Mühlleitner

Frauen in der psychoanalytischen Bewegung

Psyche, 2000, 54(7), 642-668

Im Rahmen einer wissenschaftshistorischen Studie wird der Einfluss von Frauen in der psychoanalytischen Bewegung veranschaulicht und die Frage erhellt, warum gerade die Wiener Psychoanalytische Vereinigung zwischen 1902 und 1938 einen im Vergleich zu anderen internationalen Vereinigungen besonders hohen Anteil an Frauen zu verzeichnen hatte. Anhand empirischer Forschungsergebnisse wird verwiesen auf die familiären, religiösen und professionellen Hintergründe ... [ mehr ]

Ulrich Moser

Heftklammern und schwarze Kühe

Psyche, 2000, 54(1), 28-50

Die Entstehung eines Gedichts wird beschrieben. Anhand von Annahmen aus der kognitiven Psychologie und der Psychoanalyse werden Voraussetzungen jenes kreativen Prozesses formuliert, der in Gedichtschreiben ebenso münden kann wie in Träumen. In Gedichten wie Träumen sind Phantasien, Assoziationen und Gedanken verdichtet. Es wird erläutert, welche davon Eingang in das entstehende Gedicht gefunden haben und warum. Auch die Frage der Ästhetisierung wird ... [ mehr ]

Angela More

Die Verschränkung von Imagination und Realität

Psyche, 2000, 54(7), 599-618

Überlegungen zur Theorie des Unbewussten bei Chasseguet-Smirgel werden angestellt. Die psychische Strukturierung erfolgt nach Chasseguet-Smirgels Auffassung mit Hilfe unbewusster Imagines von Vater und Mutter, die die Trennung der präödipalen mütterlichen Welt von der ödipalen Welt des Vaters ermöglicht. Sowohl in ihrer Interpretation der Beziehung zwischen Elternimagines und realen Eltern wie auch in der fehlenden Unterscheidung von ... [ mehr ]

Margarete Mitscherlich-Nielsen

Schweigen, Wegdenken oder Trauer um die Opfer unserer politischen Vergangenheit

Psyche, 2000, 54(3), 234-241

Anhand zweier Gedichte und ihrer Auslegung, Celans Ein Blatt und Brechts An die Nachgeborenen , die beide vom Erinnern an das Leiden der Opfer des Nazi-Terrors und vom Umgang mit der Erinnerung daran sprechen, wird das einfühlungslose Sprechen und das auf Verdrängung Spekulierende der Dankrede Martin Walsers anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels 1998 deutlich gemacht. Wie der Applaus am Ende der Rede Walsers ... [ mehr ]

Wolfgang Leuschner

Traumarbeit und Erinnern im Lichte von Dissoziierungs- und Reassoziierungs-Operationen des Vorbewußten

Psyche, 2000, 54(8), 699-720

Traumarbeit und Erinnern werden aus psychoanalytischer Perspektive erörtert. Dabei wird die These aufgestellt, dass sich die Traumarbeitsmechanismen auf ein psychisches Wechselspiel von Zerlegung und Wiederzusammenfügen zurückführen lassen. Zunächst werden, abgestützt durch reizstimulierende Experimente im Schlaflabor, Zerfallsvorgänge bzw. Dissoziationen im Fall des Traums verfolgt. Es wird belegt, dass neben der Fragmentierung auch ... [ mehr ]

Judith Le Soldat

Der Strich des Apelles. Zwei homosexuelle Leidenschaften

Psyche, 2000, 54(8), 742-767

Getreu ihrer Auffassung, wonach Traumdeutung, will sie zum latenten Gedanken vordringen, großer aggressiver Anstrengungen bedarf, folgt die Autorin den Männern des verdrängten, entstellten Wunsches eines homosexuellen Patienten. Dabei greift sie auf die klassische Methodik der Traumdeutung ebenso zurück wie auf sprachlich-linguistische Überlegungen. Sie zieht außerdem mythologische und literarische Schilderungen heran und zeichnet ... [ mehr ]

Dori Laub

Eros oder Thanatos? Der Kampf um die Erzählbarkeit des Traumas

Psyche, 2000, 54(9-10), 860-894

Es wird der Versuch unternommen, die klinische Erfahrung schwerer Traumatisierung (Behandlung von Holocaust-Überlebenden) mit Hilfe von Freuds Konzept des Todestriebs theoretisch zu fundieren. Auf individueller Ebene ist das wesentliche Merkmal extremer Traumatisierung das Scheitern der empathischen Verbindung zwischen Täter und Opfer. Der durch das Trauma hervorgebrachte leere Kreis - ein Gefühl fehlender Struktur und Repräsentation - wird noch vor ... [ mehr ]

Joachim Küchenhoff

Ästhetische Form und unbewußter Sinn - Selbstfürsorge und Identität in Moby Dick

Psyche, 2000, 54(1), 51-72

Ungeachtet ihrer Verdienste zur Vertiefung der Autorenbiographie und zur Erhellung von literarischen Figuren und Rezeptionsprozessen ist die psychoanalytische Beschäftigung mit Literatur und Kunst immer wieder dem Verdacht des Reduktionismus ausgesetzt, zumal dem, die ästhetische Form des jeweiligen Kunstwerks außer acht zu lassen. In diesem Kontext wird eine psychoanalytische Deutung von Melvilles Moby Dick vorgestellt, die unter der leitenden Frage nach ... [ mehr ]

Henry Krystal

Psychische Widerständigkeit: Anpassung und Restitution bei Holocaust-Überlebenden

Psyche, 2000, 54(9-10), 840-859

Die Reaktionen der Opfer des Holocaust sind nicht verallgemeinerbar, da individuelle Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensmuster je unterschiedliche Erlebnisweisen bewirkten. In diesem Zusammenhang wird der Frage nachgegangen, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, dass einige KZ-Opfer einen gewissen Optimismus und Eigeninitiative bewahren konnten, während andere sich selbst aufgaben. Dabei wird besonders hervorgehoben, dass die subjektive Beurteilung ... [ mehr ]

Rolf Klüwer

Fokus - Fokaltherapie - Fokalkonferenz

Psyche, 2000, 54(4), 299-321

Sinn und Funktionsweise der Fokaltherapie werden in Abgrenzung und Ergänzung zur hochfrequenten Psychoanalyse im Überblick erörtert. Nach einer Klärung des Begriffs Fokus und seiner Entwicklung sowie Anmerkungen zu Fokusverständnis und Fokusformulierung wird die Fokaltherapie als eine spezifische Kurztherapie beschrieben. Abschließend werden die zentralen Elemente der Fokalkonferenz (Protokoll und Gruppe) besprochen, und es wird hingewiesen ... [ mehr ]

Johannes Kipp & Hans-Jürgen Stolzenburg

Stimmungsmodulation und die Psychodynamik der Manie

Psyche, 2000, 54(6), 544-566

Die deutsch- und englischsprachigen psychoanalytischen Publikationen zur Manie zeigen, dass schon frühzeitig versucht wurde, die manische Symptomatik, insbesondere das Entstehen der Hochstimmung, psychodynamisch zu verstehen. In diesem Kontext wird der Versuch unternommen, die bisherigen psychodynamischen Hypothesen unter fünf Gesichtspunkten zusammenzufassen. Dabei wird betont, dass Wohlgefühl, das sich zur Hochstimmung steigern kann, nur in seinem Extrem ... [ mehr ]

Luis Kancyper

Das Gedächtnis des Grolls und das Gedächtnis des Schmerzes

Psyche, 2000, 54(9-10), 954-973

Statt im Konflikt zwischen Liebe und Hass wird im ambivalenten Verhältnis von Hass und Ressentiment ein zentraler Auslöser für Selbstquälerei und Rache an den Objekten, für Melancholie und Zwangsneurose gesehen. Während Hass eine wesentliche Komponente von Trennung und Individuation und einen wichtigen Faktor im Trauerprozess darstellt, unterbricht das Ressentiment die Konfrontation im Generationenkonflikt und hemmt die Trauer. Das hat ... [ mehr ]

Axel Honneth

Objektbeziehungstheorie und postmoderne Identität. Über das vermeintliche Veralten der Psychoanalyse

Psyche, 2000, 54(11), 1087-1109

Die These vom Veralten der Psychoanalyse, von Vertretern der Kritischen Theorie noch mit Bedauern als Anzeichen dafür formuliert, dass das Ich- und Überich-geschwächte Subjekt unmittelbar unter Kontrolle der gesellschaftlichen Herrschaftsinstanzen geraten war, erfährt in der Gegenwart eine postmoderne Auferstehung. Danach werden traditionelle psychoanalytische Auffassungen eines einheitlichen Ichs mit gleichbleibender Identität angesichts einer ... [ mehr ]