Dr. rer. pol. Wilfried Gottschalch

1929   2006

Wilfried Gottschalch war in den 1970er bis 90er Jahren im deutschsprachigen Raum einer der produktivsten Sozialisationsforscher und namhafter Vertreter einer psychodynamisch orientierten Erziehungswissenschaft. Er gehörte 1977 zu den 48 Unterzeichnern der Veröffentlichung des Buback-Nachrufes, den ein Student unter dem Pseudonym »Mescalero« auf den von der RAF ermordeten Generalbundesanwalt Buback veröffentlicht hatte (vgl. H.-J. Wirth: Hitlers Enkel oder Kinder der Demokratie). Im Gefolge des Nachrufs wurden unter Mitwirkung der niedersächsischen Landesregierung an den Universitäten disziplinarische Maßnahmen gegen diejenigen Unterzeichner ergriffen, die nicht bereit waren, sich von diesem Nachruf zu distanzieren. Wie die »Zeitschrift für Politische Psychologie« (ZfPP), in der Gottschalch häufig publizierte, in einem Nachruf auf ihn schreibt, »erlebte auch Gottschalch mit der Einschränkung von Denk- und Gestaltungsspielräumen nach dem Deutschen Herbst die Universität zunehmend weniger als sinnvollen Arbeitskontext und emigrierte, hatte aber noch mehrere Gastprofessuren inne, u.a. in Amsterdam. Er ließ nicht ab vom Verfassen zahlreicher, noch immer lesenswerter und grundlegender Werke über Sozialisation und Anpassung, über Bedingungen politischen Standvermögens und verantwortlicher Handlungsfähigkeit.« Gottschalch war regelmäßiger Teilnehmer an den Tagungen des Arbeitskreises »Politische Psychologie« (POPSY) am Sigmund-Freud-Institut in Frankfurt am Main. Gottschalch starb am 24. Juli 2006 in seinem Heimatort Bussum. 

Bücher

Cover zu 1011.jpg

Mit anderem Blick

Grundzüge einer skeptischen Pädagogik

Wilfried Gottschalch versucht in diesem Buch seine subjektiven Erfahrungen als Jugendleiter, Lehrer, Hochschullehrer und Homo politicus so zu objektivieren, daß sie anderen Pädagogen Orientierungshilfe bieten können. Er entwirft in ihm eine skeptische Pädagogik, die nicht zum Verzweifeln, sondern zu besonnenem Eingreifen anregen will.
Zur Erkundung der inneren Welt gebraucht er die Psychoanalyse, weil psychoanalytische Erfahrung Pädagogen zu höherer Wahrnehmungsfähigkeit verhelfen kann: für ihre eigene innere Welt und für die Welt ihrer Kinder, Jugendlichen, Klienten und Kollegen.