Ulrich Moser

Transformationen und affektive Regulierung in Traum und Wahn

Psyche, 2005, 59(8), 718-765

Überlegungen zum psychoanalytischen Wahnbegriff werden angestellt. Wahn wird dabei gesehen als eine Ansammlung von Mikrowelten besonderer Art, die auch Transformationen enthält, die sich im Traum nicht finden. Das hängt damit zusammen, (1) dass die affektive Regulierung im Wahn (Desaffektualisierung, direkte Sicherheitsregulierung) andere kontextuelle Bedingungen und Möglichkeiten schafft, als sie in Poesie und Traum gegeben sind, und (2) dass ... [ mehr ]

Christine Morgenroth

Subjektives Zeiterleben, gesellschaftliche Entgrenzungsphänomene und depressive Reaktionen. Ein sozialpsychologischer Versuch

Psyche, 2005, 59(9-10), 990-1011

Angesichts des tiefgreifenden Wandels von der Industrie- zur Informationsgesellschaft fragen sozialpsychologische Untersuchungen nach den Strukturveränderungen im Subjekt. Der Wandel kultureller Leitnormen - von der Zeitstruktur der Beschleunigung zur Simultaneität - und vor allem deren Folgen werden auf der Subjektebene durch Realitätsentzug dissoziativ abgewehrt, um die wachsenden Selbst- und Fremdansprüche intern aufrechtzuerhalten. An zwei ... [ mehr ]

Hans-Geert Metzger

Über die Angst der Väter vor der frühen Kindheit - psychoanalytische Überlegungen

Psyche, 2005, 59(7), 611-628

Die Bedeutung des Vaters für die Entwicklung des Kindes ist im psychoanalytischen Verständnis der letzten Jahre deutlich erweitert worden. Bereits im ersten Lebensjahr kann der Vater eine eigenständige Rolle für das Kind einnehmen. Aber obwohl viele Väter ein neues Rollenverständnis entwickeln möchten, bleibt häufig eine große Scheu im Umgang mit dem Kleinkind. Es wird die These vertreten, dass Väter häufig den Umgang ... [ mehr ]

Frank Matakas & Elisabeth Rohrbach

Zur Psychodynamik der schweren Depression und die therapeutischen Konsequenzen

Psyche, 2005, 59(9-10), 892-917

Ausgehend von Beobachtungen depressiver hospitalisierter Patienten werden die bestehenden psychoanalytischen Konzepte der Depression überprüft. Depression setzt eine individuelle psychische Disposition voraus, manifestiert sich aber nur in einer Objektbeziehung. Sie ist eine Hemmung psychischer Funktionen, wahrscheinlich auf organischer Basis, ausgelöst durch einen psychischen Konflikt. Die Hemmung bewirkt, dass psychische Funktionen nur auf einem regressiven ... [ mehr ]

Sebastiano Maffettone

Neue Identitäten

Psyche, 2005, 59(7), 629-662

Psychoanalytische Überlegungen zum Identitätsbegriff werden angestellt. Einleitend wird darauf hingewiesen, dass die von Freud so stark betonte Spannung zwischen Ratio und Triebwunsch dazu zwingt, die kantianischen Modelle des Subjekts, die diese Spannung herunterspielen, einer kritischen Reflexion zu unterziehen. Diese Neubetrachtung wiederum lässt das Verhältnis von Motivation und Begründung weniger problematisch erscheinen. Außerdem wird ... [ mehr ]

Marianne Leuzinger-Bohleber

Chonifizierende Depressionen: eine Indikation für Psychoanalysen und psychoanalytische Langzeitbehandlungen

Psyche, 2005, 59(9-10), 789-815

Die Depression wird nach Prognosen der WHO 2020 zur zweithäufigsten Volkskrankheit werden. Ihre Behandlung wird zunehmend auch als gesellschaftlich relevantes Problem erkannt. Doch sind die Rückfallquoten auf jede Form der Kurzbehandlung sehr hoch. Bezugnehmend auf Einsichten aus der Ergebnisstudie psychoanalytischer Langzeitbehandlungen der DPV und anderer Therapiestudien wird postuliert, dass Psychoanalysen und psychoanalytische Langzeittherapien als die ... [ mehr ]

Guy Laval

Das psychische Funktionieren in der Verneinung

Psyche, 2005, 59(4), 336-360

Die französische Übersetzung von S. Freuds Begriff der Verneinung als dénégation wirft Fragen auf, deren Klärung möglicherweise zu einem besseren Verständnis des Begriffs beitragen kann. Eine genaue Übersetzung sollte in Betracht ziehen, dass Freud mit diesem Ausdruck einen neuen, genuin psychoanalytischen Begriff einführte, der außer der Entlehnung des Wortes aus dem Deutschen nichts mit dem zu tun hat, was man bis ... [ mehr ]

Fritz Lackinger

Persönlichkeitsorganisation, Perversion und Sexualdelinquenz

Psyche, 2005, 59(11), 1107-1130

Das psychoanalytische Konzept der Perversion als psychopathologische Struktur ist nach wie vor aktuell, vor allem wenn man es mit der psychoanalytischen Theorie der Persönlichkeitsorganisation verbindet. Perversionen können einen relativ dissoziierten Platz im Rahmen einer neurotischen Persönlichkeitsorganisation einnehmen, sie können sich aber im Rahmen einer Borderline-Persönlichkeitsorganisation in mehr oder minder großem Ausmaß auf ... [ mehr ]

Johannes Kipp, Esther Buck & Michael Gross

Depressionen im dritten und vierten Lebensalter

Psyche, 2005, 59(9-10), 944-963

Depressive Erkrankungen werden mit zunehmendem Alter nach epidemiologischen Untersuchungen nicht häufiger, sie bekommen jedoch eine besondere Färbung durch körperliche Beschwerden. Wie in früheren Lebensjahren ist der Verlust bzw. die kränkungsbedingte Aufgabe des ambivalent besetzten Liebesobjekts, verbunden mit der Unfähigkeit zu trauern, Auslöser für dessen Introjektion und damit für die Depressionsentstehung. Die ... [ mehr ]

Ingrid Kerz-Rühling

Wie beurteilen Patienten ihre Erfahrung in einer psychoanalytischen Ambulanz? Eine katamnestische Untersuchung psychoanalytischer Erstinterviews

Psyche, 2005, 59(7), 589-610

Die Erfahrungen, die Patienten mit Erstinterviews in einer psychoanalytischen Ambulanz machen, sind ausschlaggebend für ihre weitere Behandlung. Um die Erwartungen der Ratsuchenden und ihre nachträgliche Beurteilung der Erstkontakte besser zu erfassen, wurden 460 Patienten, die im Jahr 2000 die Ambulanz des Sigmund-Freud-Instituts aufgesucht hatten, durchschnittlich 24 Monate später nach dem Ergebnis der Erstinterviews befragt. Zur Einschätzung ihrer ... [ mehr ]

Abraham B. Jehoschua

Das Unbehagen in der Kultur

Psyche, 2005, 59(12), 1139-1153

Fokussiert auf die künstlerisch-schöpferische Seite der Kultur, wird der Aktualität von Freuds Abhandlung Unbehagen in der Kultur anhand von fünf Fragenkomplexen nachgegangen: Wesen und Art des Behagens , das Kultur bereiten soll; Gründe für die Anfälligkeit für Aggression der europäischen Kulturvölker im 19. und 20. Jahrhundert; Umgang mit Aggression in der heutigen Kultur; Stellung der Religion sowie Beschaffenheit ... [ mehr ]

Hans Holderegger

Inszenierung und Verwandlung

Psyche, 2005, 59(2), 145-161

Eine Neuformulierung des psychischen Apparats der Psychoanalyse wird vorgelegt, erweitert um die Konzeption einer vitalen basalen Lebensorganisation, die auf den Forschungen der Neurowissenschaften und der Bedeutung des limbisch-affektiven Systems gründet. Dabei werden unter anderem die folgenden Thesen aufgestellt und erörtert: Ich-Struktur und Ich-Bewusstsein ruhen auf dieser basalen Lebensorganisation im Es auf und ermöglichen menschliche Kultur und Kunst ... [ mehr ]

Hans Holderegger

Johann Wolfgang Goethe: »Willkommen und Abschied«

Psyche, 2005, 59(12), 1197-1210

Die textnahe Interpretation von Goethes frühem Gedicht Willkommen und Abschied verdichtet sich zu dem Befund, dass der Dichter darin eine Art implizites Beziehungswissen, also frühe Beziehungsstrukturen zur Darstellung bringt, bzw. ein frühes Trauma inszeniert. Die weitergehende These lautet, dass diese innere Struktur auch in anderen frühen Werken Goethes zu entdecken sind. Der Beitrag schließt mit allgemeinen Anmerkungen zur psychoanalytischen ... [ mehr ]

Mathias Hirsch

Über Vampirismus

Psyche, 2005, 59(2), 127-144

Der Mythos vom Vampir wird aus psychoanalytischer Perspektive erörtert. Es wird deutlich gemacht, dass dieser Mythos das gewaltsame traumatische Berauben von Lebenskraft eines Unschuldigen durch einen Mächtigen beschreibt, der auf dessen Kosten lebt und gleichzeitig das Opfer in einen ebenso gewaltsamen Täter verwandelt. Die englische romantische Literatur des 19. Jahrhunderts hat sich des Stoffs angenommen, und es finden sich dort erstaunliche Parallelen zu ... [ mehr ]

Wolfgang Hegener

100 Jahre »Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie«. Sexualität im Zeitalter ihrer technologischen Reproduzierbarkeit

Psyche, 2005, 59(11), 1081-1106

Hundert Jahre nach dem Erscheinen von S. Freuds Drei Abhandlungen zur Sexualtheorie wird der Frage nachgegangen, wie sich der historische Ausgangs- und Einsatzpunkt der psychoanalytischen Sexual- und Triebtheorie genauer bestimmen lässt. Qnhand einer Rekonstruktion der Geschichte der Sexualpathologie und Sexualwissenschaft des ausgehenden 19. Jahrhunderts, die mit der Erfindung und Thematisierung der in der Folge so genannten Homosexualität beginnt und mit der ... [ mehr ]

Andre E. Haynal

Sexualität - ein Essay zur Begrifflichkeit und Geschichte. Eine Meditation

Psyche, 2005, 59(11), 1031-1046

Es wird die Auffassung vertreten, dass die Sexualtheorie Freuds immer noch Gültigkeit hat. In Freuds erweitertem Begriff der Sexualität - der Lust - wird die Quelle der Phantasien im Traum (Freuds Entdeckung) und im Wachleben (isolierbar und verständlich in der Übertragung und Gegenübertragung) gesehen, und es wird darauf hingewiesen, dass darin ihre zentrale Bedeutung für das psychoanalytische Verständnis des Menschen liegt. (c) ... [ mehr ]

Benigna Gerisch

»Nicht Dich habe ich verloren, sondern die Welt«. Leidenschaft und Obsession bei suizidalen Frauen

Psyche, 2005, 59(9-10), 918-943

Anhand der Kasuistik einer suizidalen Patientin wird der Zusammenhang von Weiblichkeit, Leidenschaft und Suizidalität aus psychoanalytischer Perspektive erörtert. Dabei wird die Hypothese diskutiert, ob womöglich ein geschlechtsspezifisch geprägtes Defizit besteht, Symbole zu bilden, um die Abwesenheit des Liebesobjekts in symbolische Anwesenheit zu transformieren. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten [ mehr ]

Martin Ehl, Brigitte Helbing-Tietze, Irmgard Lücking, Irmgard Pollmann, Wilfried Ruff, Ilse Wrage & Achim Zinke

Ethische Prinzipien in der Psychoanalyse

Psyche, 2005, 59(6), 573-586

Ethische Prinzipien in der Psychoanalyse werden besprochenn. Sie sind als Normierungen des Handelns in Werten begründet, die sich auch in der psychoanalytischen Berufsethik konkretisieren und die deswegen immer wieder zu reflektieren sind. Die Autoren, die im Vertrauensanalytiker-Gremium der DPG zusammenarbeiten, diskutieren am Vier-Prinzipien-Modell von T. L. Beauchamp und J. F. Childress (1989) die Grundsätze des Respekts (Achtung) vor der Autonomie, des Sorgens ... [ mehr ]

Manfred Clemenz

Psychoanalyse und künstlerische Kreativität

Psyche, 2005, 59(5), 444-464

Im Rahmen von psychoanalytischen Überlegungen zur künstlerischen Kreativität wird die These vertreten, dass Kreativität im intersubjektiv-systemischen Spannungsfeld von personaler Kreativität, Feld und Domäne verortet ist. Ohne Orientierung an den jeweiligen Kriterien des Feldes und Domäne kann sich weder personale noch kulturelle Kreativität (als gesellschaftliche relevante, anerkannte oder umstrittene Kreativität) entfalten. In ... [ mehr ]

Lorenz Böllinger

Gebrauch und Abhängigkeit von illegalen Drogen - Ansätze zu einer metapsychologischen Eingrenzung

Psyche, 2005, 59(6), 491-533

Ausgehend von widersprüchlichen Wahrnehmungen des Problems der illegalen Drogen und einem Wandel der Drogenpolitik weg von reiner Repression hin zu Akzeptanz und Schadensminderung wird der Stand der psychoanalytischen Theoriebildung zu Drogenkonsum und -abhängigkeit gesichtet. Es wird darauf hingewiesen, dass sich nach ursprünglich vielfältigen Trieb-, Selbst- und objektbeziehungspsychologischen Konzepten zunehmend eine kleinianische Sichtweise ... [ mehr ]

Heinz Böker & Georg Northoff

Desymbolisierung in der schweren Depression und das Problem der Hemmung: Ein neuropsychoanalytisches Modell der Störung des emotionalen Selbstbezugs Depressiver

Psyche, 2005, 59(9-10), 964-989

Das Hemmungsphänomen in der schweren Depression wird als ein Grenzproblem einer geschlossenen psychoanalytischen Depressionstheorie dargestellt. Empirische Befunde zu emotional-kognitiver Interaktion bei Gesunden und Depressiven werden zur Entwicklung eines neuropsychoanalytischen Modells der Abwehr- und Bewältigungsmechanismen in der Depression herangezogen. Dabei wurde von der Hypothese ausgegangen, dass bestimmte Prinzipien der neuronalen Integration mit ... [ mehr ]

Georg Bruns

Zweifeln am Dasein. Aus der Behandlung eines depressiven Patienten

Psyche, 2005, 59(9-10), 816-842

Die psychoanalytische Behandlung eines Patienten mit einer neurotischen Depression wird dargestellt. Bei diesem Patienten reichen die depressiven Zustände bis in die Kindheit zurück, und sie haben sich im Erwachsenenalter bei einem Trennungskonflikt vertieft. Als ätiologischer Hintergrund enthüllt sich im Verlauf der Analyse eine Konstellation, wie sie André Green im Konzept der toten Mutter beschrieben hat, erschwert durch das Fehlen des ... [ mehr ]

Jean Bollack

Wie Celan Freud gelesen hat

Psyche, 2005, 59(12), 1154-1196

Paul Celans Freud-Lektüre wird erörtert. Sie erweist sich als Aneignung, Deutung, Kritik und Fortsetzung zugleich. Stets konkret an Gedichten Celans ausgerichtet, wird der in ihnen zwischen Judentum, Frankfurter Schule, Freud und Kafka eröffnete Assoziationsraum ausgelotet. In diesem Leseprozess erweist sich das Freudsche, aber auch Benjaminsche und Kafkasche Lesematerial als mehr denn bloßes Zitat: Es handelt sich vielmehr um Spuren einer in Dichtung ... [ mehr ]

Sidney J. Blatt, Patrick Luyten & Jozef Corveleyn

Zur Entwicklung eines dynamischen Interaktionsmodells der Depression und ihrer Behandlung

Psyche, 2005, 59(9-10), 864-891

Ein psychodynamisches Verständnis der Depression, das auf theoretischen Formulierungen und empirischen Erkenntnissen aus unterschiedlichen Quellen einschließlich der Entwicklungspsychopathologie, der Kognitions- und Entwicklungspsychologie, der sozialen und Persönlichkeitstheorie sowie der psychiatrischen Genetik beruht, wird vorgestellt. Dieser Ansatz versteht die Depression nicht als eine Krankheit, sondern sieht in ihr Verzerrungen der normalen ... [ mehr ]