Wolfgang Martynkewicz
Wolfgang Martynkewicz ist freier Autor und Dozent für Literaturwissenschaft. Er ist Autor zahlreicher Publikationen zur Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts und zur Geschichte der Psychoanalyse.
Stand: Januar 2022
Bücher
Lieber Pat ...
Die Familie Groddeck verstand sich als verschworene Gemeinschaft: Man unterstützte einander, intrigierte und stritt sich; wenn es jedoch darauf ankam, hielt man zusammen, war man eine Familie. Das funktionierte alles nur, weil es klare familiäre Hierarchien gab. Nach dem Tod des Vaters und Patriarchen Carl Theodor Groddeck stand der erstgeborene Sohn Carl eine Weile an der Spitze der Familie. Als Chefredakteur der freikonservativen Zeitung Die Post verdiente er das Geld, von dem er einen Teil an die Geschwister weitergab. Die Briefe zwischen ihm und Georg Groddeck bilden den Mittelpunkt des Bandes.
Was ich denken kann, gehört auch mir
Die frühen Tagebücher aus den Jahren 1895 und 1898 dienen vornehmlich der Selbstdarstellung und Selbstinszenierung. Groddeck schreibt nicht für sich, sondern für einen Leser beziehungsweise eine Leserin. In den späteren Tagebüchern treten literarische Stilisierungsmittel in den Hintergrund. Groddeck versucht nun die Zeit festzuhalten, er berichtet über Erlebtes, über Reisen und Lektüren, über sein familiäres Leben und seine Arbeitsprojekte.
Die Welt bin Ich
Groddeck entwickelt, im fototechnischen Sinn gesprochen, die Bilder seiner Vergangenheit in immer neuen Belichtungen, mit immer anderen Schärfen und Unschärfen, mit unterschiedlichen Objektiven. Nicht die Gegenstände wechseln, sondern nur das Licht, der Abstand, die Perspektive. Nicht von ungefähr erwecken die hier edierten Texte den Eindruck von psychischen Umschriften, sie umschreiben das Leben in einem ständigen, immer wieder neu ansetzenden Prozess. Der Band enthält alle autobiografischen Schriften, die im Groddeck-Nachlass aufzufinden sind.
Der Mensch als Symbol
Dem Ursprung der Worte nachzugehen, um sich dem Es anzunähern, ist Groddecks große Passion. In dieser, seiner letzten Schrift, dringt er mit immer neuen Anläufen noch einmal ins Labyrinth der Sprache ein und deckt den Bedeutungshintergrund der Worte auf. Seine Vermutung, dass Sprechen ursprünglich sexuell gefärbt ist, erläutert er an vielen Beispielen aus Literatur und Kunst. Sein Interesse an Etymologie führt er hier beispielhaft und umfassend vor.