Käte Meyer-Drawe
Vergeben und vergessen? Eine Redensart unter Verdacht (PDF)
Psychotherapie und Sozialwissenschaft 2009, 11(1), 103-118
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Schon vergeben ist oft schwierig, aber zu vergeben und dann auch noch zu vergessen, scheint unmöglich zu sein. Dennoch sind wir Menschen, die niemals völlig wissen können, was sie tun, und deshalb stets riskieren, schuldig zu werden, auf Verzeihung angewiesen. Verzeihen ist ein sozialer Akt, in dem in erster Hinsicht nicht die Tat, sondern dem Täter verziehen und somit auf Rache verzichtet wird. Die Rolle dessen, der vergibt, ist zwielichtig. Denn er gibt sich zwar dem gegenüber gnädig, der ihn verletzt oder betrogen hat, er macht sich dadurch aber gleichzeitig auch zum Herrschenden über die Situation. Etwas von dieser Attitüde klingt nach in der Redensart »Vergeben und Vergessen«. Man will einen »Schlussstrich« ziehen und die Erinnerung löschen. Beides steht jedoch nicht in unserer Macht. Man kann Verzeihung nicht fordern und Vergessen nicht einfach in Angriff nehmen. Das burschikose »Vergeben und Vergessen« ist vielleicht geradezu ein Indiz dafür, dass sich beides den menschlichen Machtmöglichkeiten entzieht. Der Aufsatz geht diesem Verdacht nach, indem er insbesondere die Frage nach dem Unverzeihlichen aufwirft.
Stichworte: Vergessen, Verzeihen, Schuldgefühl, Täter, Vergeltung, Erinnerungen, Holocaust-Überlebende
Keywords: Forgetting, Forgiveness, Guilt, Perpetrators, Retaliation, Reminiscence, Holocaust Survivors
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»In Texten steckt viel Lebenswelt. Texte sind Schätze lebensweltlicher Erfahrung. Dies gilt für fiktionale wie für faktuale Texte und kann ganz allgemein auf Narrative erweitert werden ...«
Florian Steger, Jahrbuch für Literatur und Medizin 11 Bd.3