Ulrich Moser & Ilka von Zeppelin

Die Entwicklung des Affektsystems

Psyche, 1996, 50(1), 32-84

Die Entwicklung des Affektsystems wird aus psychoanalytischer Perspektive erörtert. Zunächst wird gezeigt, dass die Entwicklung des Affektsystems mit ausschließlich kommunikativen Affekten beginnt. Diese regeln die Beziehung zwischen Subjekt und Objekt. Auf einer weiteren Stufe informieren sie zusätzlich über die Selbstempfindung, die aus der Interaktion entsteht. Affekt wird konsequent als eine besondere Information verstanden. Ein eigener ... [ mehr ]

Elfriede Löchel

»Jenseits des Lustprinzips«: Lesen und Wiederlesen

Psyche, 1996, 50(8), 681-714

Die von S. Freud in Jenseits des Lustprinzips entwickelte Konzeption des Todestriebs, die bis heute eher ignoriert als kontrovers diskutiert wird, wird erörtert. Dabei wird versucht, Freuds Suche nach dem Jenseits , dem er schließlich den Namen Todestrieb gab, nachzuzeichnen und die dabei entstehenden Widersprüche und Ungereimtheiten zu entfalten. Es wird deutlich gemacht, dass diese nicht im Konzept selbst, sondern im Wesen der Sache begründet sind. ... [ mehr ]

Joseph D. Lichtenberg, Frank Lachmann & James Fosshage

Werte und moralische Haltungen

Psyche, 1996, 50(5), 407-443

Der Stellenwert von Werten und moralischen Haltungen wird aus psychoanalytischer Sicht erörtert. Einleitend wird darauf hingewiesen, dass S. Freud zwar noch davon ausgehen konnte, dass das Moralische sich von selbst versteht, wohingegen die heutige Psychoanalyse den Stellenwert von moralischen Haltungen und Werten als integralen Bestandteil jeglicher Erfahrung und Interaktion problematisiert. Anhand von Beispielen wird deutlich gemacht, wie Werte und moralische ... [ mehr ]

Sebastian Leikert

Diskurs der Musik und Einschreibung des Vaternamens im Wohltemperierten Klavier von Johann Sebastian Bach

Psyche, 1996, 50(3), 218-243

Es wird der Versuch unternommen, ein Verständnis der Musik aus dem Unterschied der Schriftsysteme von Musik und Sprechen zu entwickeln. Dabei wird deutlich gemacht, dass es in der Musik keine fixierte Verknüpfung von Signifikant und Bedeutung gibt, wie sie im Sprechen durch Buchstabenfolgen bewerkstelligt wird. Daher kann sich auch der Vatername, dessen Anerkennung psychische Stabilität garantiert, nicht in den Diskurs der Musik einschreiben. Anhand des ... [ mehr ]

Jonathan Lear

The Shrink is in

Psyche, 1996, 50(7), 599-616

Das Freud- Bashing ist in den Vereinigten Staaten Mode oder eine Art Zeitvertreib geworden, und es beginnt inzwischen auch auf Deutschland überzugreifen. Erklärende Hinweise darauf, wie es zu diesem Trend kommen konnte, werden gegeben, um dann zu zeigen, dass die Protagonisten des Freud-Bashing, von M. Masson bis F. Crews, S. Freud und der Psychoanalyse Vorwürfe anhängen, die entweder sachlich unzutreffend oder aber in sich widersprüchlich sind: ... [ mehr ]

Hartmuth König

Gleichschwebende Aufmerksamkeit, Modelle und Theorien im Erkenntnisprozeß des Psychoanalytikers

Psyche, 1996, 50(4), 337-375

Der Erkenntnisprozess des Psychoanalytikers wird erörtert. Einleitend wird darauf hingewiesen, dass sich dieser Prozess ständig zwischen der Versuchung, sich von zu viel Theorie leiten zu lassen, und der Gefahr, nur den Gefühlen zu vertrauen, bewegt. Um Empathie und Wissen so miteinander zu vermitteln, dass das Unbewusste des Patienten optimal erreicht wird, wird eine Modellbildung im Sinne von W. R. Bion erläutert. Es wird aufgezeigt, dass dieses Modell ... [ mehr ]

Ursula Kreuzer-Haustein & Günther Schmidt

Kritischer Kommentar zu Annemarie Dührssens Buch »Ein Jahrhundert Psychoanalytische Bewegung in Deutschland«

Psyche, 1996, 50(6), 564-573

Im Rahmen von kritischen Anmerkungen zu A. Dührssens 1994 erschienenem Buch Ein Jahrhundert Psychoanalytische Bewegung in Deutschland wird darauf hingewiesen, dass dieses Buch auf beklemmende Weise veranschaulicht hat, dass ein Teil der deutschen Psychoanalytiker nach wie vor bereit ist, die Geschichte der Psychoanalyse, insbesondere die zwischen 1933 und 1945, so umzuschreiben, dass die Ausgrenzung der jüdischen Analytiker aus der Deutschen Psychoanalytischen ... [ mehr ]

Robert D. Hinshelwood

Das schwierige Konzept der »Inneren Objekte« (1934-1943).

Psyche, 1996, 50(6), 523-547

Das von M. Klein entwickelte Konzept der inneren Objekte, das heute kaum noch diskutiert wird, löste in der British Psychoanalytical Society in den dreißiger und vierziger Jahren heftige Debatten aus. Vor allem die Wiener Analytiker konnten der Existenz von über Internalisierungsprozesse entstandenen inneren Objekten nicht zustimmen. Der Verlauf dieser Verwirrung stiftenden Debatten um ein klinisches Problem wird in einem geschichtlichen Kontext ... [ mehr ]

James M. Herzog

Übermittlung eines Traumas: Unbewußte Phantasie und deren Auslösung durch die äußere Realität, mit besonderer Rücksicht auf den Holocaust

Psyche, 1996, 50(6), 548-563

Anhand eines psychoanalytischen Fallbeispiels (51-jähriger Patient) wird die Psychodynamik der Übermittlung eines Traumas erörtert. Das Trauma wird dabei aufgefasst als eine Einwirkung bestimmter Arten von Hyper- und Hypostimulierung beim Kind oder Erwachsenen, die die Fähigkeit zum Spiel unterbricht und eine Veränderung des Spielmodus zur Folge hat. Es kommt zu einem interaktiven Agieren in der Beziehung, in der die vorprogrammierte Beteiligung des ... [ mehr ]

Rolf Haubl

Geldpathologie und Überschuldung: am Beispiel Kaufsucht

Psyche, 1996, 50(9-10), 916-953

Ausgehend von der Feststellung, dass die Psychoanalyse dem Phänomen Geld und dem Umgang mit ihm bisher vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit geschenkt hat, wird zunächst ein Überblick über den Erkenntnisstand psychoanalytischer Geldtheorien gegeben. Dann werden die sozialen Hintergründe und die psychosozialen Ursachen für den irrationalen Umgang mit Geld erörtert. Anschließend wird anhand eines Fallbeispiels (26-jährige ... [ mehr ]

Hendrika C. Halberstadt-Freud

Clara Schumann: »Liebe und Leben einer Frau«

Psyche, 1996, 50(3), 193-217

In einer Rekonstruktion der Lebensgeschichte der Pianistin und Komponistin Clara Schumann-Wieck (1819 bis 1896) wird anhand von Briefen und Biographien ein psychoanalytisches Porträt dieser großen Musikerin entworfen. Im Zentrum der Analyse stehen die vielschichtigen Loyalitätskonflikte Schumann-Wiecks, ihre widersprüchlichen Identifizierungen und Idealbildungen sowie ihre Fähigkeit, diese widerstreitenden Bestrebungen in sich zu vereinbaren und zu ... [ mehr ]

Ludwig Haesler

Der angemessene Abstand in der Beziehung zwischen Supervisor und Kandidat

Psyche, 1996, 50(4), 321-336

Aufgrund der zentralen Stellung, die die Supervision in der psychoanalytischen Ausbildung einnimmt, hat der verantwortliche Lehranalytiker eine äußerst wichtige, komplexe und schwierige Aufgabe zu erfüllen. Die Supervision ist in der Ausbildung künftiger Psychoanalytiker deswegen zentral, weil das Ergebnis des Supervisionsprozesses darin besteht, die Funktion des Lehranalytikers zu verinnerlichen. Dieses innere Funktionieren des verinnerlichten ... [ mehr ]

John E. Gedo

Die Psychobiologie der Motivation und die Organisation des Seelischen aus der Sicht eines hierarchischen Modells

Psyche, 1996, 50(5), 385-406

Unter Vernachlässigung von S. Freuds klassischer Triebtheorie, die sich teils auf heute überholte biologische Modelle stützte, und mit Bezug auf J. Lichtenbergs Theorie der Motivation wird ein fünfstufiges Motivationsmodell entworfen, das vorprogrammierte biologische Muster ebenso umfasst wie durch Lernen und Erfahrung gewonnene. Anhand knapper klinischer Beispiele wird gezeigt, dass menschliches Verhalten im Dienste mehrerer Motive stehen kann. Deshalb ... [ mehr ]

Martin Dornes

Margaret Mahlers Theorie neu betrachtet

Psyche, 1996, 50(11), 989-1018

M. Mahlers psychoanalytische Entwicklungstheorie, die in den letzten Jahren von Kleinkindforschern kritisiert worden ist, wird erörtert. Einleitend wird darauf hingewiesen, dass die Entdeckung und Beschreibung differenzierter Wahrnehmungs- und Interaktionsfähigkeiten von Säuglingen Mahlers Theorie vom symbiotischen Ursprung der menschlichen Existenz die Grundlage zu entziehen scheint. Demgegenüber wird in Anlehnung an E. Pine der Versuch einer zumindest ... [ mehr ]

Cornelius Castoriadis

Psychoanalyse und Politik

Psyche, 1996, 50(9-10), 902-915

Ausgehend von S. Freuds Diktum über die drei unmöglichen Berufe Psychoanalyse, Pädagogik und Politik wird die Ausdehnung und Begrenzung jenes Feldes erörtert, in welchem sowohl Psychoanalyse (als Arbeit an der Autonomie des Einzelnen) wie auch Politik (als Arbeit an der Autonomie des Gesellschaftlichen) sich begegnen und wechselseitig voraussetzen (keine individuelle Autonomie ohne die Existenz einer autonomen Gesellschaft, die in selbstreflexiver ... [ mehr ]

Hans-Joachim Busch

Vaterlose Gesellschaft, Trieb, Subjekt

Psyche, 1996, 50(9-10), 881-901

J. Benjamins feministische Kritik an zentralen psychoanalytisch-sozialpsychologischen Kategorien wird kritisch erörtert. Zunächst wird deutlich gemacht, dass der Auffassung Benjamins zufolge das gegenwärtige Unbehagen in der Kultur nicht in der Verdrängung und der kulturellen Desintegration der Triebe wurzelt, sondern in einem unversöhnten Verhältnis der Geschlechter, welches Reziprozität und wechselseitige Fürsorge, die auf ... [ mehr ]

Jose Brunner

Die Macht der Phantasie - die Phantasie der Macht

Psyche, 1996, 50(9-10), 786-816

Im Rahmen einer Analyse von S. Freuds religionspsychologischen Schriften wird gezeigt, dass Freud zunächst die Analogie von Religion und Neurose heranzog, um die Sinnhaftigkeit zwangsneurotischer Symptome zu belegen. Seit Totem und Tabu wollte er anhand der Religion das Verhältnis der Menschen zur Macht aufzeigen. Zwei Genealogien der Religion werden in diesem Zusammenhang unterschieden: (1) In Totem und Tabu wurde mit der Errichtung eines Gottes der Verlust ... [ mehr ]

Jaap C. Bos

Die zukünftigen Chancen der psychoanalytischen Geschichtsschreibung

Psyche, 1996, 50(12), 1102-1126

Das Verständnis der Geschichtsschreibung der Psychoanalyse und innerhalb der Psychoanalyse wird erörtert. Dabei wird deutlich gemacht, dass Geschichtsschreibung nicht nur eine bloß deskriptive Tätigkeit ist, sondern auch ein Akt der Konstitution: Sie konstituiert einen Begriff von Psychoanalyse. Zwischen 1900, dem Jahr des Erscheinens der Traumdeutung , und heute werden vier aufeinander folgende historiographische Muster unterschieden (Freuds ... [ mehr ]

Werner Bohleber

Krieg um Freud

Psyche, 1996, 50(7), 589-598

Die heftige Auseinandersetzung um S. Freud und die Psychoanalyse, die seit ein paar Jahren die amerikanische Öffentlichkeit erhitzt, findet inzwischen auch in der deutschen Tagespresse ihren Niederschlag. Vor diesem Hintergrund wird der jüngste Fall von Freud- Bashing in den Vereinigten Staaten skizziert, der durch eine geplante Freud-Ausstellung in Washington ausgelöst wurde. Die Analyse der Hintergründe und Motive der Attacken gegen Freud und die ... [ mehr ]

Ralf Binswanger

Kindliche Masturbation - ein genetischer Gesichtspunkt, insbesondere bei Anorexia und Bulimia nervosa

Psyche, 1996, 50(7), 644-670

Die Funktionen der kindlichen Masturbation in der narzisstischen Entwicklung werden aus psychoanalytischer Perspektive erörtert. Dabei werden eine Abgrenzungsfunktion, eine Kompensationsfunktion und eine Funktion der Aufrichtung von Autonomie unterschieden. Es wird darauf hingewiesen, dass im interaktiven Verhältnis zwischen Kind und elterlichem Primärobjekt aufgrund bestimmter Reaktionen der Eltern auf die kindliche Masturbation deren Funktionen verhindert ... [ mehr ]

Doris Bernstein

Das weibliche Über-Ich: Eine andere Perspektive

Psyche, 1996, 50(7), 617-643

Die Auffassung S. Freuds, der zufolge das weibliche Über-Ich durch Schwäche gekennzeichnet ist, wird damit erklärt, dass Freud von der Bildung der männlichen Über-Ich-Struktur und deren Festigkeit ausgegangen ist und diese auf die weibliche Über-Ich-Entwicklung angewandt hat. Um ein unabhängiges weibliches Über-Ich darzustellen, werden drei Achsen des Über-Ichs (Inhalt, Stärke, Struktur) unterschieden. Es wird deutlich ... [ mehr ]

Wolfgang Berner

Imre Hermanns »Anklammerung«, die Pädophilie und eine neue Sicht der Triebe

Psyche, 1996, 50(11), 1036-1054

I. Hermanns Anklammerungstheorie, die sich auf das Gegensatzpaar Sich-Anklammern versus Auf-die-Suche-Gehen stützt, wird erörtert. Dabei wird vor allem die Frage diskutiert, ob dieser Ansatz aus heutiger Sicht eher triebtheoretisch, objektbeziehungstheoretisch oder ethologisch zu verstehen ist. Am Beispiel von klinischen Vignetten aus der psychoanalytischen Behandlung pädophiler Patienten wird gezeigt, dass sich mit Hermanns Theorie der Anklammerung die ... [ mehr ]

Psyche

50. Jahrgang Heft 1 1996

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Almuth Bruder-Bezzel

Spiel mit den Geschlechtsrollen (PDF)

psychosozial 66 (1996), 123-134

Die rasch wechselnde Folge von theoretischen und ideologischen Diskursen über die Geschlechtsidentität, die in der Frauenbewegung in den letzten 25 Jahren stattfanden, wird erörtert. Zunächst wird darauf hingewiesen, dass im Zentrum dieser Diskurse die Frage der Gleichheit oder Differenz, Natur oder Kultur stand. Der postmodern-konstruktivistische Ansatz innerhalb der »gender studies« gab dieser Debatte eine neue Wende, indem sie die spielerische ... [ mehr ]