E.K. Specht

Der Traum des Sokrates

Psyche, 1972, 26(9), 656-688

Der im Kerker auf die Vollstreckung des über ihn verhängten Todesurteils wartende Sokrates träumt, drei Tage vor seinem Tode, einen von Platon überlieferten Traum. Es handelt sich um einen durch den Besuch Kritons, der Sokrates noch einmal zur Flucht überreden will, ausgelösten Weckreiztraum. Als Hüter des Schlafs löst er das durch den Signalreiz psychisch mobilisierte Entscheidungsdilemma Flucht oder ruhmvollen Tod in freundlicher Weise ... [ mehr ]

A. Mitscherlich

Kekules Traum. Psychologische Betrachtung einer chemischen Legende

Psyche, 1972, 26(9), 649-655

August Kekule gewann die Modellvorstellung des Benzolrings (im Jahre 1861 oder 1864) bekanntlich aus einem Traum, in dem eine Schlange sich in den Schwanz biß. Mitscherlich sucht der psychischen Dynamik dieser Eingebung – jenseits der von Kekulé gegebenen Deutung – auf die Spur zu kommen. Er meint, daß der Schlangentraum unterdrückte Wünsche des strikt leistungsorientierten Junggesellen Kekulé zutage brachte, die Kekulé ... [ mehr ]

E. Jones

Die Theorie der Symbolik, III und IV

Psyche, 1972, 26(7/8), 581-622

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P. Dettmering

Trennungsangst und Zwillingsphantasie in Heimito von Doderers Roman Die Strudlhofstiege

Psyche, 1972, 26(7/8), 549-580

Doderers Strudlhofstiege (1951) wird im Zusammenhang des Gesamtwerks als eine Art Bildungsroman vorgestellt, dessen Protagonist sich aus präödipaler Verstrickung zu Selbständigkeit (stabiler Identität, stabilen Objektrepräsentanzen) heraufarbeitet. Der Konflikt, den die Hauptfigur und ihre Mit- und Gegenspieler (unter denen auch der Autor figuriert) durcharbeiten, resultiert aus dem Widerstreit einer Tendenz zu symbiotischer Regression und einer ihr ... [ mehr ]

H. Stierlin

Hölderlins dichterisches Schaffen im Lichte seiner schizophrenen Psychose

Psyche, 1972, 26(7/8), 530-548

Stierlin erörtert Hölderlins Lebensschicksal und einige dichterischen Motive vor dem Hintergrund der neueren Schizophrenieforschung. Am lebensgeschichtlichen Ursprung der mit ästhetischer Produktivität gepaarten schizophrenen Störung steht häufig eine Mutter, in deren Reaktionen zarte Antwortbereitschaft, Unfähigkeit zur Einfühlung und versklavende Bindung sich mischen. Die Sehnsucht nach Wiedervereinigung mit der Mutter, die zugleich ... [ mehr ]

S. Ferenczi

Symbolische Darstellung des Lust- und Realitätsprinzips im Ödipus-Mythos (Aus dem Archiv der Psychoanalyse, (1912))

Psyche, 1972, 26(7/8), 520-529

Der junge Schopenhauer richtete an Goethe im November 1815 einen überschwenglichen Danksagungsbrief für die ihm zuteil gewordene Anerkennung. Ferenczi meint, daß in Reaktion auf diese Anerkennung durch eine Autorität Schopenhauer nicht zufällig auf den Ödipusmythos zurückgriff, um die Arbeit des Philosophen zu charakterisieren. Die psychologische Determination, die zur Wahl dieses Gleichnisses führte, blieb Schopenhauer ebenso verborgen ... [ mehr ]

H. Politzer

Ödipus auf Kolonos

Psyche, 1972, 26(7/8), 489-519

Politzer wirft die Frage auf, warum Freud die letzte Tragödie des Sophokles, Ödipus auf Kolonos, deren allgemeiner Inhalt ihm sicherlich bekannt war, nie erwähnt hat. Seine Rekonstruktion des Schauspiels führt zum Finale, der Entrückung des Ödipus im Hain der Eumeniden. Sucht die Tragödie allgemein den Mythos zu bewältigen, so wird hier (mit dem Tabu von Ödipus Tod) ein neuer, tröstlicher Mythos eingeführt: der Psychologe ... [ mehr ]

J. F. Danckwardt

Zur Dynamik psychotherapeutischer Beratung

Psyche, 1972, 26(6), 463-475

Beschrieben (und durch Fallgeschichten illustriert) wird ein in der Tübinger Studentenberatung praktiziertes psychotherapeutisches Beratungsverfahren, das zwischen der üblichen Erstinterview-Diagnostik und der Sprechstunden-Therapie angesiedelt ist und etwa drei Beratungsstunden in Anspruch nimmt. Die Klienten dieser Beratung sind sog. Selbstentwickler, Studenten am Ausgang des sozialen Moratoriums ihres Studiums. Entscheidend für den Erfolg der Beratung ist die ... [ mehr ]

P. Fürstenau

Probleme der vergleichenden Psychotherapieforschung

Psyche, 1972, 26(6), 423-462

Aufgabe der vergleichenden Psychotherapieforschung ist es, die Beziehungen zwischen den nebeneinander existierenden bzw. miteinander konkurrierenden Psychotherapien aufzuklären. Historisch folgten auf eher sadistisch anmutende Praktiken autoritative vom Typus der Hypnose. Seit etwa 80 Jahren kam es zur Ausbildung nicht-direktiver psychoanalytischer Verfahren, bei denen der therapeutische Erfolg wesentlich von der Selbst-Konfrontation und -Reflexion der Patienten ... [ mehr ]

S. O. Hoffmann

Neutralisierung oder autonome Ich-Energien? Der Beitrag von R.W. White

Psyche, 1972, 26(6), 405-422

Hoffmann skizziert den Stand der Diskussion zur Frage der Energieversorgung des Ichs und versucht zu zeigen, daß diese Diskussion zur Annahme einer primär neutralen Ich-Energie (anstelle einer aus Triebenergien neutralisierten) tendiere. Als Kronzeugen führt er H. Hartmann, E. Kris, E. Jacobson und S. Lustman an. Konsequenter als Hartmann und andere hat R.W. White (Ego and Reality in Psychoanalytic Theory, 1963) diesen Schritt vollzogen. Hoffmann zufolge hat ... [ mehr ]

H. Junker

Erfahrungen aus der Ehepaar-Gruppentherapie mit Patienten aus der oberen Unterschicht

Psyche, 1972, 26(5), 370-388

Junker berichtet über Schwierigkeiten, die sich in der psychoanalytisch orientierten therapeutischen Gruppenarbeit mit Ehepaaren ergaben, die nach Beruf und Sprachcode der oberen Unterschicht angehören. Angeregt durch sprachsoziologische Arbeiten B. Bernsteins führt er die Verständnisschwierigkeiten zwischen Therapeuten und Patienten auf deren (durch schichtspezifische Sozialisation und Arbeitserfahrung vermittelte) Bevorzugung handlungsbezogener ... [ mehr ]

E. und A. Massing Sperling

Besonderheiten in der Behandlung der Magersuchtfamilie

Psyche, 1972, 26(5), 357-369

Allgemein ist die Familientherapie der beste Zugangsweg zur Therapie von Adoleszenten. Die Autoren gewannen durch Auszählung einiger Schlüsselvariablen Einblick in typische Konstellationen von Magersucht-Familien. Diese Familien stehen im Bann der – in der Regel durch eine dominierende Mutter oder Großmutter vorgelebten – asketischen Leistungsideologie, der Angst vor der Sinnlichkeit. Der Triebstoß zu Beginn der Pubertät oder die ... [ mehr ]

J. Willi

Die hysterische Ehe

Psyche, 1972, 26(5), 326-356

Willi beschreibt die hysterische Ehe als eine Bindung, die von beiden Partnern – der hysterischen Frau und dem hysterophilen Mann – in der Hoffnung auf Besserung ihrer neurotischen Störung eingegangen wird, während doch ihr unbewußtes Arrangement dazu führen muß, daß beide sich in ihren Neurosen fixieren. Der typische Verlauf der hysterischen Ehe mündet in einen Interaktionszirkel, in dem jeder der beiden Beteiligten auf die ... [ mehr ]

H.- E. Richter

Vorbemerkung zur Familientherapie

Psyche, 1972, 26(5), 325-325

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A. Miro

Kinderneurosen als Symptome der Mütter

Psyche, 1972, 26(4), 286-302

Anhand von Fallbeispielen wird die Möglichkeit therapeutischer Interventionen bei Müttern mit Symptom-Kindern erörtert. Die Autorin teilt aus ihrer Erfahrung mit, daß die ersten Kinder eines bestimmten Typs hysterisch-neurotischer Frauen in besonderem Maße dazu prädestiniert sind, zu Objekten mütterlicher Projektionen zu werden. Am Grunde des durch Externalisierung dem Bewußtsein weitgehend entzogenen Konflikts liegen in vielen ... [ mehr ]

D. und L. Lambelet Beck

Resultate der psychoanalytisch orientierten Kurztherapie bei 30 psychosomatisch Kranken

Psyche, 1972, 26(4), 265-285

Anhand von 30 Katamnesen gehen die Autoren der Frage nach, welche Resultate bei chronifizierten psychosomatischen Leiden durch Kurztherapie zu erzielen sind. Von den nachuntersuchten Patienten (einem vergleichsweise prognostisch extrem ungünstigen Patientengut zeigten 6 guten Erfolg, 14 eine Besserung; 10 waren ungebessert. Für die Technik der Kurztherapie ergeben sich folgende Hinweise: Langjährige, chronifizierte Symptome sind keine Gegenindikation; guter ... [ mehr ]

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Psyche, 1972, 26(4), 249-264

Spitz möchte den abstrakten Begriff der Objektbeziehungen mit Hilfe des der Alltagserfahrung entnommenen Begriffs des Dialogs konkretisieren. Anknüpfend an Winnicott und M. S. Mahler, an eigene Experimente und ethologische Untersuchungen (Lorenz, Harlow), zeigt er, daß die vom Kind in der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres vollzogene Unterscheidung des Lebendigen vom Unbelebten am Kriterium der Interaktionsfähigkeit, des Dialogs orientiert ist. Die ... [ mehr ]

H. Dahmer

Wilhelm Reichs Stellung zu Freud und Marx

Psyche, 1972, 26(3), 208-247

Wilhelm Reichs Charakteranalyse (1953) gehört zu den klassischen Schriften der psychoanalytischen Literatur. Die antiautoritäre Protestbewegung der zweiten Hälfte der sechziger Jahre hat in ihm einen ihrer Ideologen entdeckt und seinen Thesen zu ungeahnter Popularität verholfen. Ausschlaggebend für diese Renaissance waren Reichs Konzept der Sexualökonomie, seine Forderung nach einer Politisierung des Privatlebens, sein sexualpolitisches Programm, ... [ mehr ]

Th. Freeman

Zur Psychopathologie der Psychosen. Eine Antwort auf den Beitrag von Arlow und Brenner

Psyche, 1972, 26(3), 191-207

Die von Arlow und Brenner 1969 vorgelegte Kritik der klassischen psychoanalytischen Auffassung des psychotischen Krankheitsprozesses erfährt hier eine Antikritik. Freeman macht darauf aufmerksam, daß die Freudsche Theorie bei Arlow und Brenner bereits in einer gewissen Verengung präsentiert wird. Während Arlow und Brenner die Psychose wesentlich auf eine Störung der Realitätsprüfung zurückführen, sieht Freeman in dieser Störung ... [ mehr ]

Th. Lidz

Der Einfluß von Familienuntersuchungen auf die Behandlung der Schizophrenie

Psyche, 1972, 26(3), 169-190

Lidz faßt die wichtigsten Forschungsergebnisse über die Entstehung von Schizophrenie in Familien mit gestörter Kommunikation zusammen und zeigt die Konsequenzen dieser Forschungen für die Therapie auf. Ausgangspunkt der neuen Schizophrenie-Theorie war die Beobachtung, daß schizophrene Patienten in der Regel aus gestörten Familien kommen, und die Annahme, daß das gestörte Familienmilieu mit der schizophrenen Denkstörung in ... [ mehr ]

L. Vesny-Wagner

Optativ und Konjunktiv in der Psychoanalyse

Psyche, 1972, 26(2), 126-148

Am besonderen Fall eines Patienten, der fehlerfreies Englisch sprach, was Tempi und Modi anbelangt, aber offenbar deutsch dachte, wird ein Patiententypus beschrieben, dessen Umgangsfähigkeit mit bestimmten grammatischen Formen gestört ist. Die Autorin möchte damit zugleich einen ersten Beitrag zu einer psychoanalytischen Klärung der im frühkindlichen Sozialisationsprozeß erworbenen Voraussetzungen der Aneignung und des Gebrauchs grammatischer ... [ mehr ]

S. Atkin

Psychoanalytische Betrachtungen über Sprache und Denken

Psyche, 1972, 26(2), 96-125

Im Hinblick auf Freuds Ansatz zu einer Sprachtheorie beklagt Atkin, daß die Psychoanalyse in ihrer Weiterentwicklung neuere Sprachtheorien nicht rezipiert hat. Eine Ausnahme machen die Studien von Kasanin, Wolff, Spitz, Szekely und anderen zur frühkindlichen Entwicklung, die in hohem Maße von den Befunden und Theorien nicht-psychoanalytisch orientierter Entwicklungspsychologen (wie Piaget, Wygotski, Luria u.a.) profitiert haben. Atkin skizziert in der Art eines ... [ mehr ]