8299.jpg8299.jpg

23 Seiten, PDF-E-Book
Erschienen: Dezember 2020
Bestell-Nr.: 34058
https://doi.org/10.30820/0942-2285-2020-2-124
Leseprobe »Journal für Psychologie«
abonnieren
Sarah Hitzler

»DA wurd ich Auch ganz blöde angeguckt« (PDF)

Sofortdownload
Dies ist ein E-Book. Unsere E-Books sind mit einem personalisierten Wasserzeichen versehen,
jedoch frei von weiteren technischen Schutzmaßnahmen (»DRM«).
Erfahren Sie hier mehr zu den Datei-Formaten.

Selbsthilfegruppen sind Orte, an welchen Personen mit Ausgrenzungserfahrungen einander gezielt suchen. Das erlebte individuelle Abweichen von gesellschaftlich gesetzten Normalitätserwartungen wird dabei oftmals in Begriffen von Moralität verhandelt. Moralisierende Narrative werden eingesetzt, um das Erleben des eigenen Abweichens zu beschreiben, um den Umgang anderer Personen mit diesem Abweichen zu erörtern, aber auch um über das Abweichen anderer Personen zu sprechen. An transkribierten Tonaufnahmen einer Gruppensitzung einer Selbsthilfegruppe für Personen mit starkem Übergewicht wird anhand konversationsanalytischer Methoden gezeigt, dass die hierfür herangezogenen Wertesysteme nicht homogen und stabil erscheinen. Gesellschaftliche Normen in Bezug auf Körperformen und lokale Normen von Gesichtswahrung und Empathie eröffnen ein Spannungsfeld von Erwartungshaltungen, das die Gesprächsbeteiligten in paradoxe Positionen versetzt. Vor diesem Spannungsfeld stellt sich die moralische Integration der Gruppe und Aufrechterhaltung der dortigen Solidarität als stetige und komplexe Arbeitsleistung dar. Eine Strategie hierfür ist spezifische Vagheit in Erzählungen, die affektive Affiliation befördert und inhaltliche Kritik vermeidet.

Abstract:
Self-help groups offer contexts for individuals with similar experiences of social exclusion to find each other. Members work to understand these experiences of individual deviation from societal norms by drawing on concepts of morality. Moralising narratives are used to discuss how this deviation is experienced and how it is addressed by others, but also how other individuals are perceived as deviating. Applying conversation analytical methods to transcribed audio recordings of a session of a self-help group for people with obesity, this article shows that the norms drawn on in this form of communication are neither homogenous nor stable. Societal norms regarding body shape and local norms of face saving and empathy form a constant tension of expectations resulting in paradoxical interactional positions. Morally integrating the group and maintaining a stance of solidarity proves to be constant hard and complex interactional work under these circumstances. One relevant strategy is the use of specific vagueness in narratives, which fosters affective affiliation while avoiding topical criticism.