R. Schafer

Die psychoanalytische Anschauung der Realität I

Psyche, 1972, 26(11), 881-898

Die in den Geisteswissenschaften verwurzelte Psychoanalyse artikuliert sich begrifflich in einer naturwissenschaftlichen (biologischen) Terminologie. Der Autor möchte diese Terminologie variieren, um den Bereich der psychoanalytischen Theorie zu erweitern. Der Begriff Realitätsprüfung wird in der psychoanalytisch-klinischen Literatur (gegenüber seinen Konnotationen in der Metapsychologie und seiner Bedeutung in der klinischen Praxis) zu eng gefaßt. ... [ mehr ]

M. Hurvich

Zum Begriff der Realitätsprüfung

Psyche, 1972, 26(11), 853-880

Es handelt sich um einen Literaturbericht, der den bisher erreichten Stand der Diskussion um die Ich-Funktion der Realitätsprüfung und deren Beziehung zu anderen Ich-Funktionen vergegenwärtigt. Die Realitätsprüfung soll die realitätsgerechte Wahrnehmung innerer wie äußerer Wirklichkeit sichern. Die Erörterung der verschiedenen theoretischen Ansätze zur Aufklärung der Realitätsprüfung zeigt, daß das ... [ mehr ]

H. Lincke

Wirklichkeit und Illusion

Psyche, 1972, 26(11), 821-852

Die psychoanalytische Annahme, daß das Es keine spezifische Organisation besitze, wird revidiert. Jenseits der durch Ich-Leistungen aufgebauten objektiv-realen Wirklichkeit und jenseits auch der Ich-Archaismen, die Freud unter dem Namen Primärprozeß beschrieb, existiert eine phylogenetisch ältere Es-Form der Realitätserfassung. Ihre Funktionsregeln haben sich unter dem Selektionsdruck entwickelt. Sie wären – und sind es z.T. jetzt noch ... [ mehr ]

K. Horn

Gibt es einen Aggressionstrieb?

Psyche, 1972, 26(10), 799-817

Horn geht aus vom Konsens der entscheidenden anthropologischen Theorien darüber, daß menschliche Natur uns nur in gesellschaftlich-geschichtlichen Vermittlungszusammenhängen zugänglich ist, erste Natur also nur im Medium von zweiter erscheinen kann. Von dieser Einsicht her eröffnet sich der Kritik eine zweifache Aufgabe: Tendenzen der psychoanalytischen Theorienbildung zur Konstruktion naturalistischer Konzepte (z.B. die Lehre vom Aggressionstrieb), ... [ mehr ]

H. W. Loewald

Psychoanalytische Theorie und psychoanalytischer Prozeß

Psyche, 1972, 26(10), 774-798

Loewald entfaltet einige Implikate der Freudschen Theorie, deren Existenz durch das szientistische Selbstmißverständnis der Psychoanalyse verdeckt war. Im Anschluß an neuere psychoanalytische Theorien über früheste Stadien der Ontogenese unternimmt er eine Neuinterpretation der Lehren vom psychischen Apparat und der Objektbeziehung. An die Stelle statischer und solipsistischer Auffassungen setzt er eine Interaktionstheorie, deren Kern die ... [ mehr ]

U. Sonnemann

Monade und Polis. Zur Selbstkritik der Psychoanalyse

Psyche, 1972, 26(10), 729-773

Sonnemann begreift Alfred Lorenzers Sprachzerstörung und Rekonstruktion, seine Kritik des psychoanalytischen Symbolbegriffs und die Beiträge von Lorenzer und anderen zu dem Sammelband Psychoanalyse als Sozialwissenschaft als Symptome einer neuen Stufe der Selbstreflexion der Psychoanalyse, auf der sie beginnt, sich von ihrem lange tradierten Selbstmißverständnis, eine empiristische Naturlehre zu sein, zu emanzipieren. Damit wird sie fähig, die in der ... [ mehr ]

P. Kutter

Nochmals zum Thema Psychagogik

Psyche, 1972, 26(9), 720-722

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H. Esslinger

Überlegungen zur Ausbildung und Tätigkeit des Psychagogen

Psyche, 1972, 26(9), 716-719

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C. Metzentin

Wissenschaftliche Traumdeutung (eine Rezension aus dem Jahre 1900)

Psyche, 1972, 26(9), 709-715

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T. Schmidt

Bemerkungen zur Rezeption von Freuds Traumdeutung

Psyche, 1972, 26(9), 707-708

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A. Becker

Zum Initialtraum

Psyche, 1972, 26(9), 689-706

Initialträume (und ihre Abwandlungen), die in nuce die verdichtete Problematik zweier Fallgeschichten enthalten, wie sie sich im Laufe der psychoanalytischen Therapie entfaltete, geben der Autorin Anlaß zu Reflexionen über die Funktionen der Initialträume und ihrer Mitteilung in der Kur. Der erste Traumbericht folgt in der Regel auf die Etablierung einer positiven Übertragung; der Initialtraum ist noch naiv, darum vielsagend – ein Geschenk an den ... [ mehr ]

E.K. Specht

Der Traum des Sokrates

Psyche, 1972, 26(9), 656-688

Der im Kerker auf die Vollstreckung des über ihn verhängten Todesurteils wartende Sokrates träumt, drei Tage vor seinem Tode, einen von Platon überlieferten Traum. Es handelt sich um einen durch den Besuch Kritons, der Sokrates noch einmal zur Flucht überreden will, ausgelösten Weckreiztraum. Als Hüter des Schlafs löst er das durch den Signalreiz psychisch mobilisierte Entscheidungsdilemma Flucht oder ruhmvollen Tod in freundlicher Weise ... [ mehr ]

A. Mitscherlich

Kekules Traum. Psychologische Betrachtung einer chemischen Legende

Psyche, 1972, 26(9), 649-655

August Kekule gewann die Modellvorstellung des Benzolrings (im Jahre 1861 oder 1864) bekanntlich aus einem Traum, in dem eine Schlange sich in den Schwanz biß. Mitscherlich sucht der psychischen Dynamik dieser Eingebung – jenseits der von Kekulé gegebenen Deutung – auf die Spur zu kommen. Er meint, daß der Schlangentraum unterdrückte Wünsche des strikt leistungsorientierten Junggesellen Kekulé zutage brachte, die Kekulé ... [ mehr ]

E. Jones

Die Theorie der Symbolik, III und IV

Psyche, 1972, 26(7/8), 581-622

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P. Dettmering

Trennungsangst und Zwillingsphantasie in Heimito von Doderers Roman Die Strudlhofstiege

Psyche, 1972, 26(7/8), 549-580

Doderers Strudlhofstiege (1951) wird im Zusammenhang des Gesamtwerks als eine Art Bildungsroman vorgestellt, dessen Protagonist sich aus präödipaler Verstrickung zu Selbständigkeit (stabiler Identität, stabilen Objektrepräsentanzen) heraufarbeitet. Der Konflikt, den die Hauptfigur und ihre Mit- und Gegenspieler (unter denen auch der Autor figuriert) durcharbeiten, resultiert aus dem Widerstreit einer Tendenz zu symbiotischer Regression und einer ihr ... [ mehr ]

H. Stierlin

Hölderlins dichterisches Schaffen im Lichte seiner schizophrenen Psychose

Psyche, 1972, 26(7/8), 530-548

Stierlin erörtert Hölderlins Lebensschicksal und einige dichterischen Motive vor dem Hintergrund der neueren Schizophrenieforschung. Am lebensgeschichtlichen Ursprung der mit ästhetischer Produktivität gepaarten schizophrenen Störung steht häufig eine Mutter, in deren Reaktionen zarte Antwortbereitschaft, Unfähigkeit zur Einfühlung und versklavende Bindung sich mischen. Die Sehnsucht nach Wiedervereinigung mit der Mutter, die zugleich ... [ mehr ]

S. Ferenczi

Symbolische Darstellung des Lust- und Realitätsprinzips im Ödipus-Mythos (Aus dem Archiv der Psychoanalyse, (1912))

Psyche, 1972, 26(7/8), 520-529

Der junge Schopenhauer richtete an Goethe im November 1815 einen überschwenglichen Danksagungsbrief für die ihm zuteil gewordene Anerkennung. Ferenczi meint, daß in Reaktion auf diese Anerkennung durch eine Autorität Schopenhauer nicht zufällig auf den Ödipusmythos zurückgriff, um die Arbeit des Philosophen zu charakterisieren. Die psychologische Determination, die zur Wahl dieses Gleichnisses führte, blieb Schopenhauer ebenso verborgen ... [ mehr ]

H. Politzer

Ödipus auf Kolonos

Psyche, 1972, 26(7/8), 489-519

Politzer wirft die Frage auf, warum Freud die letzte Tragödie des Sophokles, Ödipus auf Kolonos, deren allgemeiner Inhalt ihm sicherlich bekannt war, nie erwähnt hat. Seine Rekonstruktion des Schauspiels führt zum Finale, der Entrückung des Ödipus im Hain der Eumeniden. Sucht die Tragödie allgemein den Mythos zu bewältigen, so wird hier (mit dem Tabu von Ödipus Tod) ein neuer, tröstlicher Mythos eingeführt: der Psychologe ... [ mehr ]

J. F. Danckwardt

Zur Dynamik psychotherapeutischer Beratung

Psyche, 1972, 26(6), 463-475

Beschrieben (und durch Fallgeschichten illustriert) wird ein in der Tübinger Studentenberatung praktiziertes psychotherapeutisches Beratungsverfahren, das zwischen der üblichen Erstinterview-Diagnostik und der Sprechstunden-Therapie angesiedelt ist und etwa drei Beratungsstunden in Anspruch nimmt. Die Klienten dieser Beratung sind sog. Selbstentwickler, Studenten am Ausgang des sozialen Moratoriums ihres Studiums. Entscheidend für den Erfolg der Beratung ist die ... [ mehr ]

P. Fürstenau

Probleme der vergleichenden Psychotherapieforschung

Psyche, 1972, 26(6), 423-462

Aufgabe der vergleichenden Psychotherapieforschung ist es, die Beziehungen zwischen den nebeneinander existierenden bzw. miteinander konkurrierenden Psychotherapien aufzuklären. Historisch folgten auf eher sadistisch anmutende Praktiken autoritative vom Typus der Hypnose. Seit etwa 80 Jahren kam es zur Ausbildung nicht-direktiver psychoanalytischer Verfahren, bei denen der therapeutische Erfolg wesentlich von der Selbst-Konfrontation und -Reflexion der Patienten ... [ mehr ]

S. O. Hoffmann

Neutralisierung oder autonome Ich-Energien? Der Beitrag von R.W. White

Psyche, 1972, 26(6), 405-422

Hoffmann skizziert den Stand der Diskussion zur Frage der Energieversorgung des Ichs und versucht zu zeigen, daß diese Diskussion zur Annahme einer primär neutralen Ich-Energie (anstelle einer aus Triebenergien neutralisierten) tendiere. Als Kronzeugen führt er H. Hartmann, E. Kris, E. Jacobson und S. Lustman an. Konsequenter als Hartmann und andere hat R.W. White (Ego and Reality in Psychoanalytic Theory, 1963) diesen Schritt vollzogen. Hoffmann zufolge hat ... [ mehr ]

H. Junker

Erfahrungen aus der Ehepaar-Gruppentherapie mit Patienten aus der oberen Unterschicht

Psyche, 1972, 26(5), 370-388

Junker berichtet über Schwierigkeiten, die sich in der psychoanalytisch orientierten therapeutischen Gruppenarbeit mit Ehepaaren ergaben, die nach Beruf und Sprachcode der oberen Unterschicht angehören. Angeregt durch sprachsoziologische Arbeiten B. Bernsteins führt er die Verständnisschwierigkeiten zwischen Therapeuten und Patienten auf deren (durch schichtspezifische Sozialisation und Arbeitserfahrung vermittelte) Bevorzugung handlungsbezogener ... [ mehr ]

E. und A. Massing Sperling

Besonderheiten in der Behandlung der Magersuchtfamilie

Psyche, 1972, 26(5), 357-369

Allgemein ist die Familientherapie der beste Zugangsweg zur Therapie von Adoleszenten. Die Autoren gewannen durch Auszählung einiger Schlüsselvariablen Einblick in typische Konstellationen von Magersucht-Familien. Diese Familien stehen im Bann der – in der Regel durch eine dominierende Mutter oder Großmutter vorgelebten – asketischen Leistungsideologie, der Angst vor der Sinnlichkeit. Der Triebstoß zu Beginn der Pubertät oder die ... [ mehr ]

J. Willi

Die hysterische Ehe

Psyche, 1972, 26(5), 326-356

Willi beschreibt die hysterische Ehe als eine Bindung, die von beiden Partnern – der hysterischen Frau und dem hysterophilen Mann – in der Hoffnung auf Besserung ihrer neurotischen Störung eingegangen wird, während doch ihr unbewußtes Arrangement dazu führen muß, daß beide sich in ihren Neurosen fixieren. Der typische Verlauf der hysterischen Ehe mündet in einen Interaktionszirkel, in dem jeder der beiden Beteiligten auf die ... [ mehr ]