Jean Laplanche

Die rätselhaften Botschaften des Anderen und ihre Konsequenzen für den Begriff des »Unbewußten« im Rahmen der Allgemeinen Verführungstheorie

Psyche, 2004, 58(9-10), 898-913

Auf der Basis seiner Allgemeinen Verführungstheorie, die ihrerseits in der anthropologischen Grundsituation , also dem asymmetrischen Verhältnis von Erwachsenen und Kleinkind, wurzelt, zeichnet der Autor dieses Verhältnis unter dem Blickpunkt rätselhafter, weil durch das Unbewusste kompromisshaft gebildeter Botschaften, die dem Kind als Botschaften des Anderen zur Übersetzung aufgegeben sind. Dabei greift das Kind auch auf kulturelle, ... [ mehr ]

Joachim Küchenhoff

Intertextualität als Neubeginn. Destruktion und Hoffnung in Jim Jarmuschs Film Ghost Dog. The Way of the Samurai

Psyche, 2004, 58(12), 1196-1204

Jim Jarmuschs Film Ghost Dog. The Way of the Samurai wird aus psychoanalytischer Perspektive interpretiert. Der Verlust verbindlicher Wertordnungen stellt vor die Frage, auf welche Verbindlichkeiten sich Solidarität und Zukunftserwartungen stützen können. Der Film nimmt dazu Stellung. Er zeigt eine geschlossene Welt von brutaler Gewalt, gegen die sich keine, auch keine fremde und importierte Wertordnung (Lehre des Samurai), durchsetzen kann. Zugleich ist ... [ mehr ]

Joachim Küchenhoff

»Zur Einführung des Narzißmus« - eine Relektüre

Psyche, 2004, 58(2), 150-169

Freuds Aufsatz Zur Einführung in den Narzissmus (1914) wird gelesen als ein Text des Umbruchs, der sich in einem wiederkehrenden Rhythmus von zögerndem Zweifel einerseits und vorwärtsstürmendem Urteil andererseits manifestiert. In dieser doppelten Bewegung sei die Dualität der Triebe eingeschrieben, die Freud inhaltlich nicht ohne weiteres habe wahren können, die er aber in der formalen Textgestaltung zum Ausdruck brachte. Die Wirkungen ... [ mehr ]

Joachim Küchenhoff

Verlust des Selbst, Verlust des Anderen - die doppelte Zerstörung von Nähe und Ferne im Trauma

Psyche, 2004, 58(9-10), 811-835

In der traumatischen Erfahrung wird der selbstverständliche Bezug zum eigenen Selbst zerstört, zugleich aber geht der Andere als Anderer verloren. Indem im Beziehungstrauma der Mitmensch zu nahe kommt, zerstört er die Ferne, die das positive Erleben jeder Nähe voraussetzt und die zum Erleben von Andersheit gehört. Wenn der Andere verlorengeht, wird auch die konstruktive Erfahrung von Differenz zerstört, und dieser Verlust führt zur ... [ mehr ]

Karin Kernhof, Holger Kirsch & Jochen Jordan

Als wärs ein Stück von mir. Objektbeziehungstheoretische Überlegungen zur Organtransplantation

Psyche, 2004, 58(2), 97-113

Mit Hilfe einer Kasuistik wird vor objektbeziehungstheoretischem Hintergrund die Bedeutung der persönlichen Objektbeziehungsgeschichte und der inneren Konfliktsituation für die im Rahmen einer Transplantation ablaufenden Bewältigungs- und Integrationsprozesse erörtert. Dabei zeigt sich, dass gelungene Separations- und Loslösungsprozesse bzw. eine geglückte Autonomieentwicklung offenbar eine hervorragende Rolle für die erfolgreiche ... [ mehr ]

Jihad Jiko

Die Verleugnung der Ambivalenz. Eine psychoanalytische Annäherung an den Monotheismus im Islam

Psyche, 2004, 58(1), 26-46

Ausgehend von den Thesen S. Freuds über Religion wird die Dynamik der islamischen Religionsentwicklung erörtert. In einem religionsgeschichtlichen Rahmen wird zuerst ein Blick auf die Entwicklung des Islams auf der Grundlage einer unreifen altarabischen monotheistischen Vorstellung einerseits und einer auf der arabischen Halbinsel bereits etablierten jüdischen Religion andererseits geworfen; anhand zweier Beispiele wird auf die Ambivalenz dieser ... [ mehr ]

Helmut Hinz

Neubeginn, schrittweise, diskontinuierlich. Theoretische Umwanderung des Wunders seelischer Veränderung

Psyche, 2004, 58(9-10), 869-897

Die Suche nach Neuem ist dem analytischen Prozess ebenso abträglich wie die Angst davor. Neues ist Unbekanntes und setzt den Untergang von Altem voraus. Die Nähe zu Nicht-Wissen und zum Verlust gewohnten Wahrnehmens, Denkens, Wissens und Handelns lässt erahnen, welche problematischen Vorstellungen und Affekte seelische Veränderung hervorruft, wenn sie möglich wird. Der Begriff Neubeginn und die Frage, ob es Interventionen gibt, die einen Neubeginn ... [ mehr ]

Brigitte Helbing-Tietze

Veränderungen des Selbst in der Adoleszenz aus akademisch psychologischer Sicht - eine Ergänzung der psychoanalytischen Entwicklungspsychologie?

Psyche, 2004, 58(3), 195-225

In der Psychoanalyse wird der Adoleszente häufig eher als Produkt denn als Produzent von Entwicklung gesehen. Adoleszentes Erleben und Handeln wird als von Selbst- und Objektrepräsentanzen beeinflusst aufgefasst, wie aber der Adoleszente zu Repräsentanzen kommt und wie sie sich verändern, wird selten thematisiert. In diesem Zusammenhang wird eine Auffassung des Selbst vertreten, die sowohl die Selbstrepräsentanzen als auch das erlebende und ... [ mehr ]

Susann Heenen-Wolff

Psychoanalyse und Freiheit

Psyche, 2004, 58(3), 226-249

Der Stellenwert der Freiheit in der Psychoanalyse wird erörtert. Es wird darauf hingewiesen, dass nach S. Freud das Ich nicht Herr im eigenen Haus ist. Freud hat das Subjekt sowohl vom Unbewussten als auch von den Anforderungen des Über-Ichs her als überdeterminiert betrachtet, wobei das Ich ständig Kompromisse zwischen den verschiedenen Instanzen und der Außenwelt finden muss. Aber auch das Ich funktioniert in großen Teilen unbewusst. ... [ mehr ]

Antje Haag & Zhao Mei

Kollektive Traumatisierung - chinesische Schicksale im 20. Jahrhundert

Psyche, 2004, 58(4), 352-366

Es wird informiert über ein Untersuchungsprojekt über die psychischen Folgen der politischen und kulturellen Umwälzungen in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts in China. Nach einem kurzen historischen Überblick wird ein erster Werkstattbericht über die Untersuchung an 30 Personen gegeben. Anhand von zwei Fallbeispielen werden traumatische Leitmotive in den Schicksalen der untersuchten Personen verdeutlicht. Diese Traumatisierungen ... [ mehr ]

Jürgen Grieser

Triangulierung, Vaterphantasie und Kreativität

Psyche, 2004, 58(5), 411-447

Der Vater und die Sprache haben gemeinsam, dass beide etwas Drittes sind, das die Mutter-Kind-Dyade zu einer Triade erweitert. Mit Hilfe des Vaters und der Sprache kann die Gebundenheit an die Mutter gelockert und die Beziehung zu ihr reguliert werden. Winnicott beschrieb, wie sich das Kind mit der Erschaffung erster Symbolisierungen von der Anwesenheit der Mutter unabhängig macht; darin sah er den Ursprung der Kreativität. Am Beispiel von Sigmund Freud, Franz ... [ mehr ]

Gary Grenell

Die Endphase der psychoanalytischen Behandlung im Spiegel des Traums

Psyche, 2004, 58(11), 1063-1088

Die Entscheidung, wann eine psychoanalytische Behandlung beendet werden soll, orientierte sich lange Zeit an einem theorielastigen Kriterienmodell, das den analytischen Dialog von der freien Assoziation, dem empathischen Zuhören und der Deutung ablenkt. Demgegenüber wird dafür plädiert, die Aufmerksamkeit kontextorientiert auf weniger bewusst gelenkte Kommunikationen des Patienten - zum Beispiel Träume - zu lenken. Vor dem Hintergrund neuerer ... [ mehr ]

Melitta Fischer-Kern

Über bildlose Träume

Psyche, 2004, 58(8), 681-706

Angesiedelt an einer Schnittstelle zwischen psychologischer und biologischer Traumforschung findet ein spezielles Traumphänomen, der bildlose oder leere Traum, in neueren Publikationen häufig Erwähnung, nicht zuletzt weil dieser gerade das Charakteristikum des Traums, die bildhafte Darstellung, entbehrt. Der bildlose Traum in seiner klinischen Bedeutung, sowohl in seinem diagnostischen Aussagewert als auch in seiner Übertragungsbedeutung im ... [ mehr ]

Friedrich-Wilhelm Eickhoff

Über die »unvermeidliche Kühnheit«, »Erinnerungsspuren an das Erleben früherer Generationen« anzunehmen. Wie unentbehrlich ist der von Freud erschlossene phylogenetische Faktor?

Psyche, 2004, 58(5), 448-457

Gegenüber Jan Assmanns These, dass ein blinder Fleck S. Freud daran gehindert hat, die Bedeutung der Kultur in der Psychohistorie wahrzunehmen, gibt es gut begründete Einwände, die besagen, dass der von Freud erschlossene phylogenetische Faktor keineswegs mit der Annahme der Vererbung erworbener Eigenschaften in den biologischen Wissenschaften identisch ist, sondern dank unbewusster Kommunikation eine nicht-genetische generationsübergreifende kulturelle ... [ mehr ]

Anita Eckstaedt

Paul Klees gemaltes Selbst. Ohne Titel, 1889, später von Felix Klee betitelt als Blume mit vier Blättern

Psyche, 2004, 58(12), 1135-1155

Am 18. Dezember 2004 jährt sich der Geburtstag von Paul Klee zum 125. Mal. Mit ihm und seinem Werk beschäftigte sich die Autorin über Jahrzehnte. In einer Kinderzeichnung des etwa Vierjährigen fiel ihr die der Zeichnung innewohnende Dramatik auf. Eckstaedt legt einen Beleg vor für ein geheimes Zeichen Klees, das er für sich im Alter von zehn Jahren entwarf. Er gibt sich eine eigene Herkunft besonderer Art, erschafft sich quasi selbst, und ... [ mehr ]

Boston Change Process Study Group, Nadia Bruschweiler-Stern, Alexandra M. Harrison, Karlen Lyons-Ruth, Alexander C. Morgan, Jeremy P. Nahum, Louis W. Sander, Daniel N. Stern & Edward Z. Tronick

Das Implizite erklären: Die lokale Ebene und der Mikroprozeß der Veränderung in der analytischen Situation

Psyche, 2004, 58(9-10), 935-952

Eine an der Entwicklungspsychologie orientierte Methode zur Untersuchung von Mikro-Ereignissen im psychoanalytischen Prozess wird vorgestellt. Im Zentrum stehen Konstrukte und Begrifflichkeiten, die die Splitsekundenwelt der impliziten, prozeduralen Interaktionsprozesse zwischen Patient und Analytiker von einem Moment zum nächsten (lokale Ebene) detailliert beschreiben. Es wird eine Theorie therapeutischer Wirkung erörtert, die auf Prozessen dieser lokalen Ebene ... [ mehr ]

Johanna Bossinade

Vom Ethos und dem Ort der Psychoanalyse darin

Psyche, 2004, 58(7), 608-633

Es wird der Frage nachgegangen, inwiefern es ein aus der Theorie und Praxis der Psychoanalyse selbst abgeleitetes psychoanalytisches Ethos geben kann. Als maßgebliche ethikgeschichtliche Zäsur wird der Entwurf eines formalen Sittengesetzes in I. Kants Kritik der praktischen Vernunft (1788) angenommen. Was der Option eines genuin analytischen Ethos widerstrebt, ist das Element der Destruktivität, das sich im psychischen Prozess gegen andere wenden kann. ... [ mehr ]

Thomas Bedorf

Zu zweit oder zu dritt? Intersubjektivität, (Anti-)Sozialität und die Whitebook-Honneth-Kontroverse

Psyche, 2004, 58(9-10), 991-1010

Die von A. Honneth vertretene Theorie der Anerkennung hat sich zur Aufgabe gemacht, sowohl deskriptiv als Gesellschaftstheorie das Erbe der Kritischen Theorie anzutreten als auch im intersubjektiven Akt wechselseitiger Anerkennung einen moralischen Überschuss über bestehende Rechtsinstitutionen aufzuweisen. Die von J. Whitebook geäußerte Kritik bezieht sich darauf, dass die intersubjektivistischen Voraussetzungen der Anerkennungstheorie weder dem ... [ mehr ]

Jan Assmann

Sigmund Freud und das kulturelle Gedächtnis

Psyche, 2004, 58(1), 1-25

Vor dem Hintergrund der seit einigen Jahren entbrannten Diskussion um S. Freuds letztes Buch Der Mann Moses und die monotheistische Religion , in der es neben der höchst umstrittenen Frage des jüdischen Charakters der Psychoanalyse vor allem auch um Tradition und Tradierung unbewusster Erfahrungen, also das Verhältnis von Phylo- und Ontogenese geht, wird zunächst die These vom kulturellen Gedächtnis als blindem Fleck in Freuds Denken entfaltet. ... [ mehr ]

Peter Achilles

Psychische Realität und Subjektbegriff

Psyche, 2004, 58(6), 487-515

Überlegungen zum Subjektbegriff in der Psychoanalyse werden angestellt. Der Subjektbegriff ist kein Allgemeingut der Psychoanalyse. Jedoch findet die notwendige Frage nach dem Subjektbegriff der Psychoanalyse Anhalt an der Diskussion um den Begriff der psychischen Realität als Gegenstand des psychoanalytischen Verfahrens. Die historische Konzeptualisierung der psychischen Realität, die sich, im Unterschied zu ihrer Verankerung im biologisch verstandenen ... [ mehr ]

Werner Bohleber(Hg.)

Psyche

58. Jahrgang Heft 1 2004
5,99 €

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Günter Heisterkamp

Enactments: Basale Formen des Verstehens (PDF)

Psychoanalyse & Körper, Nr. 5 (2004), 103-130

Zusammenfassung:
Mit dem Enactment-Konzept scheint sich ein neues Bewusstsein in der Psychoanalyse auszubreiten, in dem sich neben den Prinzipien der »Deutung« und der »Beziehung« ein weiteres etabliert: das Handlungsprinzip. Enactments werden als Formen wechselseitiger Behandlung angesehen, in denen es gilt, das eigene Handeln so zu gestalten, dass es für den Patienten entwicklungsförderlich ist. Mittlerweile wird sogar das Agieren als ... [ mehr ]

Renate Hochauf

Körpererfahrung im Trauma (PDF)

Psychoanalyse & Körper, Nr. 5 (2004), 61-101

Zusammenfassung:
Traumatisierungen im vorsymbolischen Alter haben infolge der noch unreifen Hirnstruktur des Kindes eine besonders prägende Wirkung für die künftige Strukturentwicklung, da ihre Speicherung in hohem Ausmaß in impliziten und subkortikalen Gedächtnisstrukturen erfolgt. Daraus entstehende posttraumatische Syndrome zeichnen sich besonders durch eine sensomotorisch-affektive Reaktivierbarkeit und symptomatische Körperfixierung aus. ... [ mehr ]

Hans Müller-Braunschweig

Psychoanalyse und Körperpsychotherapie: Klinische und theoretische Aspekte (PDF)

Psychoanalyse & Körper, Nr. 5 (2004), 29-59

Zusammenfassung:
Die in den letzten Jahren betonte Beachtung nonverbaler Elemente im analytischen Prozess kann in bestimmten Fällen durch körperbezogene und szenische Interventionen sowie die Arbeit mit Material ergänzt werden. Auf damit verbundene Fragen – besonders die umstrittene Rolle der Berührung – wird hingewiesen. Derartige frühe Formen der Kommunikation können notwendig werden, da in jedem Moment des psychoanalytischen ... [ mehr ]