4 Seiten, PDF-E-Book
Erschienen: November 2006
Bestell-Nr.: 29065
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Horst-Eberhard Richter
Die Gegenwart mit der Vergangenheit (PDF)
Psychoanalytische Familientherapie 2006, 7(2), Nr. 13, 13-16
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Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, vor meiner angekündigten Präsentation einer Familientherapie bei Chorea Huntington möchte ich Ihnen kurz erzählen, wie die psychoanalytische Familientherapie hier in Berlin vor einem halben Jahrhundert entstanden ist. 1952 übernahm ich die Leitung der noch unter dem Kaiser-Wilhelm- Institut entstandenen Beratungs- und Forschungsstelle für seelische Störungen im Kindes- und Jugendalter. Angesiedelt war die Stelle an dem Kinderkrankenhaus Wedding, das war damals mit 500 Betten das größte Kinderkrankenhaus Westdeutschlands. Chef war Arno Nohlen, ein doppeloberschenkelamputierter jüdischer Pädiater, der Psychoanalyse zugeneigt, mit dem sich schnell eine enge freundschaftliche Zusammenarbeit entwickelte. Wir publizierten bald gemeinsam klinische Fallstudien. Meinen Mitarbeiterinnen und mir wurden Kinder mit den verschiedensten psychischen und psychosomatischen Störungen vorgestellt. Aber zumeist entdeckten wir hinter den Symptomen der Kinder von den Eltern an sie unbewusst übertragene Konflikte. Es waren Eltern, die von den Schreckensjahren der Hitler- und Kriegszeit noch angefüllt waren mit erlebter Gewalt, mit Ängsten und Leiden. Die Kinder sollten sie froher machen, sie für eigenes Scheitern entschädigen, ihnen Schuldgefühle abnehmen oder sie als Partner stützen. Mit ihren Symptomen sprachen die Kinder aus, was die Eltern verschwiegen. Die Eltern schwiegen, teils weil Sicherung der Existenz in jenen Notjahren den Blick nach innen verstellte, teils auch, weil ihnen die Kraft fehlte, an der Erinnerung zu arbeiten. Aber sie waren dankbar dafür, dass wir sie mit ihren Problemen als MitpatientInnen annahmen und sie nicht mit pragmatischen Erziehungsratschlägen abspeisten. Es ging meist darum, die Eltern zu ermutigen, von der Instrumentalisierung ihrer Kinder abzulassen, und diese wiederum merken zu lassen, dass sie nicht mehr ihre Symptome zum Selbstschutz benötigten.
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