Franz Maciejewski

Das Unbewußte in der Kultur. Von der Schwierigkeit, die psychoanalytische Kulturtheorie (Freud) in eine kulturwissenschaftliche Gedächtnistheorie (Assmann) zu überführen

Psyche, 2008, 62(3), 235-252

Vor dem Hintergrund einer rettenden Kritik der späten Moses-Arbeit von S. Freud wird Jan Assmanns Vorschlag, das Konzept des kulturellen Gedächtnisses um den Begriff des Unbewussten zu erweitern, diskutiert. Mit Assmann wird der historisch nicht haltbare Moses-Mord als Zentralmoment jüdischer Religionsgeschichte preisgegeben, an seine Stelle jedoch - hier Freud weiterführend - die Beschneidung als traumatisch wirkende Gründungsgewalt in ihr Recht ... [ mehr ]

Christiane Ludwig-Körner

Psychoanalyse und Frühpädagogik

Psyche, 2008, 62(2), 171-181

Am Beispiel des neu eingerichteten Studiengangs Bachelor of Arts: Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit an der Fachhochschule Potsdam wird zu zeigen versucht, dass die Psychoanalyse einen solchen Studiengang mit einem ganz eigenen Profil ausstatten kann. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten [ mehr ]

Marianne Leuzinger-Bohleber, Tamara Fischmann, Gerlinde Göppel, Katrin Luise Läzer & Christina Waldung

Störungen der frühen Affektregulation: Klinische und extraklinische Annäherungen an ADHS

Psyche, 2008, 62(7), 621-653

Überlegungen zu Ursachen, Erklärungsmodellen und Behandlungsmöglichkeiten der Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) werden angestellt. Dabei werden verschiedene theoretische Annäherungen der heutigen pluralistischen Psychoanalyse an das Störungsbild skizziert. Die Konzeptualisierung der Frankfurter Präventionsstudie beruhte, wie anschließend diskutiert wird, auf solchen psychoanalytischen und ... [ mehr ]

Melvin R. Lansky

Beobachtungen zur Dynamik der Einschüchterung: Spaltung und projektive Identifizierung als Abwehrmanöver gegen Scham

Psyche, 2008, 62(9-10), 929-961

Anhand von Beispielen zur Einschüchterung enger Bezugspersonen durch antizipierte körperliche oder verbale Aggression werden die psychoanalytischen Konzepte der Spaltung und der projektiven Identifizierung dahingehend erweitert, dass diese Abwehrmechanismen auch durch verdeckte Scham ausgelöst werden können und hierbei einen Versuch darstellen, kränkende Scham abzuwenden. Der Begriff Scham bezeichnet nicht nur einen Affekt, sondern auch das Ergebnis ... [ mehr ]

Joachim Küchenhoff

Tertium datur: Zur dialektischen Vermittlung von Eros und Thanatos in der Anerkennung von Differenz

Psyche, 2008, 62(5), 476-497

Der Dualismus von Eros und Thanatos ist ein ebenso umstrittenes wie grundlegendes metapsychologisches dualistisches Ordnungsmodell der Psychoanalyse. Die vorliegende Arbeit überprüft die wichtigsten Kritikpunkte an Freuds Todestriebkonzept und zeigt, dass sie am Anliegen Freuds vorbeigehen. Sie bewahrt das Todestriebkonzept und schlägt eine Triangulierung des Dualismus vor, wobei als Vermittlungsinstanz zwischen den Polen des Eros und des Todestriebs die ... [ mehr ]

Jürgen Körner

Der ressentimentgeladene Gewalttäter

Psyche, 2008, 62(9-10), 905-928

Sozialwissenschaftliche Theorien unterscheiden heute zwischen dem reaktiven und dem proaktiven Typ aggressiven Verhaltens. Daneben gibt es eine Gruppe von Gewalttätern, die intrinsisch motiviert zu sein scheinen, weil sie ohne ein erkennbares äußeres Ziel sehr aggressiv handeln. Empirische Befunde und langjährige Erfahrungen in der Arbeit mit diesen Jugendlichen und Heranwachsenden unterstreichen zunächst die Eigenständigkeit dieses Typs. ... [ mehr ]

Ursula Kreuzer-Haustein

Feindselige Gegenübertragungen und die Aggressionskonzepte des Analytikers

Psyche, 2008, 62(6), 525-551

Ausgehend von einer Unterscheidung zwischen leisen feindseligen Gegenübertragungen wie Langeweile oder Schläfrigkeit und lauten Ausdrucksformen wie Ekel oder Hass werden deren Gefahren und Chancen für den analytischen Prozess anhand einer Behandlungssequenz untersucht, wobei die Bedeutung der Gegenübertragungsanalyse und der emotional availability des Analytikers (Parsons) fokussiert wird. Dann werden Hypothesen über den Einfluss der ... [ mehr ]

Sandra Kluwe

Verdichtung und Kontamination in der schizophrenen Psychose. Der Primärprozeß in Textsegmenten aus der Heidelberger »Sammlung Prinzhorn«

Psyche, 2008, 62(8), 798-813

Am Beispiel von Textsegmenten eines chronisch schizophrenen Patienten aus der Heidelberger Sammlung Prinzhorn werden zwei Typen von Neologismen im Bereich der psychotischen Sprache analysiert: die Verdichtung und die Kontamination (Wortverschmelzung). Beide Neologismen werden als Phänomene des Primärprozesses verstanden und aus vorwiegend sprach- und literaturwissenschaftlicher Sicht analysiert. Es wird gezeigt, dass die psychotische Sprache trotz aller ... [ mehr ]

Manfred Klemann

»Wer nicht hören will, muß fühlen!« Übertragungsanalyse und die unbewußten Wünsche des Analytikers

Psyche, 2008, 62(4), 397-422

Dargestellt wird, wie und warum der analytische Diskurs in seinen Entfaltungsmöglichkeiten durch die jeweiligen theoretischen und behandlungstechnischen Präferenzen des Analytikers beeinflusst wird. Hauptthese dabei ist, dass die Vernachlässigung der Inhaltsanalyse zugunsten einer Übertragungsanalyse im Hier und Jetzt zu einer Überschätzung der Gegenübertragungsanalyse in der Behandlungstechnik geführt hat. Ein historischer Exkurs ... [ mehr ]

Vera Kattermann

Das kollektive Wiederholen der Erinnerung. Nachdenken über gesellschaftliche Vergangenheitsbearbeitung am Beispiel der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission

Psyche, 2008, 62(9-10), 990-1014

Die südafrikanische Wahrheits- und Versöhnungskommission gilt als beispielhaft für die kollektive Bearbeitung gesellschaftlicher Traumatisierungen. Die Herausforderungen dieser Bearbeitung - oszillierend zwischen Heilung, Bestrafung und Versöhnung - verweisen auf einen um die Schuldfrage kreisenden Konflikt. Das südafrikanische Modell gesellschaftlicher Bearbeitung von politisch bedingten Traumatisierungen wird anhand ausgewählter ... [ mehr ]

Karla Hoven-Buchholz

Was verschleiert Salomes Tanz? Eine psychoanalytische Interpretation jenseits des Femme-fatale-Klischees

Psyche, 2008, 62(4), 356-380

Die Oper Salome von Richard Strauss wird auf mehreren Ebenen analysiert. Handlung und Rezeption der Oper zu Beginn des 20. Jahrhunderts werden skizziert und in Beziehung zum zeitgenössischen Hysterie-Diskurs und zum Phantasma der Femme fatale gesetzt. Der Vergleich des Opernlibrettos mit Oscar Wildes Theaterstück enthüllt in den von Strauss ausgelassenen Textstellen Parallelen zu den klassischen Tragödien anderer Stiefkinder: Orest, Elektra und Hamlet. ... [ mehr ]

Heinz Henseler

Hundert Jahre Freudsche Religionskritik: ein nachdenklicher Rückblick

Psyche, 2008, 62(12), 1246-1263

Es wird versucht, die wesentlichen religionskritischen Schriften S. Freuds kritisch zu referieren. Außerdem wird darauf aufmerksam gemacht, dass Religiosität eine Form von Objektbeziehung ist, die sich primärnarzisstischer Modelle bedient und in deren Rahmen zu großenteils symbolischen Deutungen gelangt, die nicht als empirische Aussagen missverstanden werden dürfen. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten [ mehr ]

Franziska Henningsen

Konkretistische Fusion, Agieren und Symbolisieren. Zum psychoanalytischen Prozess bei schwerem frühkindlichem Trauma

Psyche, 2008, 62(11), 1148-1169

Schwere frühkindliche Traumatisierungen rufen spezifische Abwehrkonfigurationen hervor, die als konkretistische Fusionen bezeichnet werden: Abgespaltene Affekte führen zu einer Verschmelzung von Subjekt und Objekt, die die weitere Entwicklung beeinflusst, wenn sich keine Remission einstellt. In zwei ausführlichen Vignetten wird gezeigt, wie diese Fusionen in der Übertragung manifest wurden und während des analytischen Prozesses aufgelöst werden ... [ mehr ]

Wolfgang Hegener

Trauma, Schuld und Tradition. Die Freudsche Konzeption des kulturellen Gedächtnisses in »Der Mann Moses und die monotheistische Religion«

Psyche, 2008, 62(3), 266-289

Besonders in seinen letzten Lebensjahren hat sich Sigmund Freud intensiv mit der Frage der kulturellen Weitergabe traumatischer Ereignisse und der Bedeutung religiöser Tradition beschäftigt. In Der Mann Moses und die monotheistische Religion (1939) untersucht er - ausgehend von der (damals sehr aktuellen) Frage nach dem Ursprung des Antisemitismus - die Entwicklung und Tradierung traumatischer Komplexe in der Geschichte. Seine Theorie des kulturellen ... [ mehr ]

Rolf Haubl & Katharina Liebsch

Mit Ritalin leben. Zur Bedeutung der AD[H]S-Medikation für die betroffenen Kinder

Psyche, 2008, 62(7), 673-692

Es wird die These aufgestellt, dass die zunehmende Verbreitung der Diagnose einer Aufmerksamkeits-Defizit-(Hyperaktivitäts-)Störung (ADHS) und die mit ihr gerechtfertigte psychopharmakologische Behandlung einen Diskurs in Gang setzt, der die gesellschaftliche Perspektive auf Körper und Psyche samt der damit verbundenen sozialen Kategorien von Gesundheit, Generation und Geschlecht verändert. Anhand breit zusammengetragener Befunde zur Bedeutung der ... [ mehr ]

Herta E. Harsch

Psychoanalytische Überlegungen zur 4000jährigen Geschichte der frühen außerfamiliären Betreuung

Psyche, 2008, 62(2), 109-117

Bei einem Rückblick auf die Geschichte der Kinderbetreuung wird deutlich, dass mütterliches Verhalten in vier Jahrtausenden einem erstaunlichen Wandel unterlag. Es werden Pendelbewegungen zwischen historischen Epochen beschrieben, in denen einmal die mütterliche, einmal die nicht-mütterliche Betreuung von Kleinstkindern dominierte, was wesentlich damit zusammenhing, ob der Mutterschaft eine hohe oder geringe gesellschaftliche Wertschätzung zuteil ... [ mehr ]

Harry T. Hardin

»Weinen, Mama, weinen!« Außerfamiliäre mütterliche Betreuung und Verlusterfahrungen

Psyche, 2008, 62(2), 136-153

Rückblickend auf 30-jährige Erfahrungen mit erwachsenen Patienten, die in der frühen Kindheit außerfamiliäre Betreuung erfahren haben, werden als mögliche Folgen eine Entfremdung zwischen Mutter und Kind und eine daraus resultierende Unfähigkeit, Intimität in einer späteren Partnerschaft zu erleben, beschrieben. Zu einer solche Entwicklung könne es kommen, wenn die Verlusterfahrungen des Kindes, die bei ... [ mehr ]

Michael Günter

»Ach Papa, du bist so peinlich...« Schamabwehr, Affektkontrolle und narzißtische Stabilität in der Adoleszenzentwicklung

Psyche, 2008, 62(9-10), 887-904

Gefühle von Beschämung und Scham spielen in der Adoleszenzentwicklung eine große Rolle. Körperliche Veränderungen und der sexuelle Triebschub eröffnen einerseits neue Entwicklungshorizonte und sind andererseits regelmäßig angst- und schambesetzt. In dieser Arbeit werden zunächst die von L. Wurmser beschriebenen Themenschwerpunkte, auf die sich Schamaffekte beziehen, in ihrer Relevanz für die Adoleszenzentwicklung ... [ mehr ]

Ilse Grubrich-Simitis

Realitätsprüfung an Stelle von Deutung. Eine Phase in der psychoanalytischen Arbeit mit Nachkommen von Holocaust-Überlebenden

Psyche, 2008, 62(11), 1091-1121

Dass bei Nachkommen von Überlebenden der Shoa häufig ein Wiederholen der Erfahrungen der ersten Generation beobachtet wurde, hängt mit der Erosion der Fähigkeit zusammen, im Trauma-Bezirk einigermaßen verlässlich zwischen äußerer und innerer Realität unterscheiden zu können. Dies wiederum ist Folge der notwendigen dissoziativen Abwehr des extremtraumatischen Geschehens in den betroffenen Familien. Anhand von klinischem ... [ mehr ]

Lutz Goetzmann

Über die Verwandtschaftsbeziehungen der negativen Theologie - Transformative Transzendenz und die Erfahrung »O« in der Mystik

Psyche, 2008, 62(12), 1230-1245

In W. R. Bions Theorie des Denkens spielt eine ursprüngliche, unbewusste und der Erkenntnis unzugängliche Erfahrung O eine zentrale Rolle. Bion wies wiederholt darauf hin, dass Mystiker über einen besonderen Zugang zu O verfügen, indem sie eine Einheit mit Gott erleben. Ein weiterer Baustein seiner Theorie lautet, dass sich der Gedanke auf die Abwesenheit eines Objekts bezieht, also dass der Gedanke ein Nicht-Ding ist. Im folgenden Artikel werden die ... [ mehr ]

Alf Gerlach

Intimität als Gegenwehr und die Tyrannei der Intimisierung. Psychoanalytische Anmerkungen am Beispiel des Films »Die Truman Show« von Peter Weir

Psyche, 2008, 62(9-10), 1068-1076

Am Beispiel des Films The Truman Show von Peter Weir wird aus kulturkritischer Perspektive versucht, psychoanalytische Überlegungen zum Umgang mit der Intimität in der aktuellen Medienszene und zur Bedeutung des Verschwindens von Scham in der inszenierten Öffentlichkeit vorzutragen. Dabei wird die Situation des Protagonisten Truman, die Sohn-Vater-Beziehung zu seinem Produzenten Christof, und seine Autonomiebewegung in Beziehung gesetzt zur ... [ mehr ]

Melitta Fischer-Kern & Marianne Springer-Kremser

Der Rattenmann: Zwangs-Neurose, Zwangs-Borderline, Zwangs-Psychose

Psyche, 2008, 62(4), 381-396

Während die Psychiatrie und Neuropathologie vor S. Freud Zwangserscheinungen als Symptome anderer Erkrankungen ansah, beschrieb Freud 1895 in Obsessions et phobies erstmals die Zwangsneurose als eigene Krankheitsentität. 1909 entwickelte er in den Bemerkungen über einen Fall von Zwangsneurose eine umfassende Theorie dieses Krankheitsbildes. Seither wurde das Konzept der Zwangsneurose sowohl in der Psychiatrie als auch innerhalb verschiedener ... [ mehr ]

Dirk Fabricius

Die Verachtung des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe

Psyche, 2008, 62(9-10), 1039-1067

Zunächst wird behauptet und exemplarisch belegt, dass Verachtung bei der Bestimmung strafrechtlicher Sanktionen eine bedeutende Rolle spielt und dass dies gesetzwidrig ist, weil vom gesetzlichen Modell des Strafgesetzbuches abweichend, das Schuld und in zweiter Linie Gefährlichkeit als bestimmendes Moment für Strafe und, weiter gefasst, strafrechtliche Sanktionen zulässt. Daran schließen sich Überlegungen dazu an, warum dieses gesetzwidrige ... [ mehr ]

Martin Dornes

Frißt die Emanzipation ihre Kinder? Mütterliche Berufstätigkeit und kindliche Entwicklung: Eine Neubetrachtung aus aktuellem Anlaß

Psyche, 2008, 62(2), 182-201

Nach einer Synopsis aktueller tagespolitischer Debatten zur frühkindlichen, nichtelterlichen Betreuung und ihren Folgen wird ein Überblick über die wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema gegeben. Die mittlerweile vorliegenden Untersuchungen konnten in den drei bisher gründlich erforschten Entwicklungsbereichen Bindungsqualität, kognitive Entwicklung und Aggressionsentwicklung keine wesentlichen oder dauerhaften Unterschiede zwischen Kindern ... [ mehr ]