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Zeitschrift: Jahrbuch der Psychoanalyse
ISSN: 0075-2363
224 Seiten, PDF-E-Book
Erschienen: August 2022
Bestell-Nr.: 108387
https://doi.org/10.30820/0075-2363-2022-2
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Jahrbuch der Psychoanalyse - Band 85 (PDF)

Zwischen nah und fern

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Nähe und Distanz werden in jeder Psychoanalyse, wie überhaupt in jeder menschlichen Beziehung, in einer fortlaufenden wechselseitigen Bewegung hergestellt, verändert und bearbeitet. In zahlreichen psychoanalytischen Konzeptualisierungen spielen Fragen von Nähe und Distanz eine große Rolle, und bereits Sigmund Freud greift etwa in Triebe und Triebschicksale (1915c) dieses in Objekt- (und Liebes-)Beziehungen allgegenwärtige Thema explizit auf. Später hat Maurice Bouvet (1958) als Erster systematisch – verankert in der Freud’schen Triebtheorie – unter der Perspektive des Abstands (›distance‹ im Französischen wie Englischen) über mögliche und erforderliche Variationen der psychoanalytischen Behandlungstechnik nachgedacht. Den jeweiligen Abstand maß er daran, wie sehr sich Analysand/innen in den Projektionen auf ihre Analytiker/innen verlieren, und er hielt analytische Arbeit für unmöglich, wenn sich die Projektionen nicht mehr vom Objekt der Übertragung unterscheiden lassen.

Auch neuere Ansätze befassen sich mit diesem Bereich der ›zu umfassenden Projektionen‹, die häufig mit fusionären Übertragungs-Gegenübertragungs-Konstellationen einhergehen können, wie zum Beispiel in der Behandlung von autistischen Kindern und Erwachsenen, Patient/innen mit Perversionen, Traumatisierungen, Borderline- oder psychotischen Störungen. Hier kann jedes Erleben von Abstand aufgehoben sein oder – umgekehrt – jede Verbindung verloren gehen. Die Beiträge von Maria Rhode, Uta Karacaoğlan & Dorothee Stoupel, Philippe Valon, Donnel Stern, Richard Rink und Andrea Rutsch loten – unter Berücksichtigung wichtiger behandlungstechnischer Fragen – diesen Bereich zwischen ›zu viel‹ und ›zu wenig‹ Distanz aus. David Tuckett widmet sich einer theoretischen Einordnung von Bouvets Abstandsbegriff.

Im
Forum nähern sich Uta Karacaoğlan & E.-J. Speckmann interdisziplinär der Frage einer Grenzflächenfunktion, die als ein Grundprinzip der Physiologie verstanden und verwendet wird, um die Hypothese einer analogen Grundfunktion im Psychischen aufzustellen. Die Rubrik Was fällt denn Ihnen ein – zu Sigmund Freud, die Künstler/innen einlädt, mit frei gewählten Stilmitteln und Ausdrucksformen zu Freud zu assoziieren, wird diesmal von der Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff und dem Musiker und Musikwissenschaftler Jürgen Trinkewitz gestaltet.

Ein Nachruf auf Elisabeth Eickhoff beschließt das Heft.