Marianne Leuzinger-Bohleber & Rolf Pfeifer

Erinnern in der Übertragung - Vergangenheit in der Gegenwart? Psychoanalyse und Embodied Cognitive Science: ein interdisziplinärer Dialog zum Gedächtnis

Psyche, 1998, 52(9-10), 884-918

Das Verhältnis von Psychoanalyse und Cognitive Science bzw. Kognitionswissenschaften wird erörtert. Das Gemeinsame beider Wissenschaften wird in den teilweise analogen Fragestellungen hinsichtlich Gedächtnis, Erinnern, Phantasieren sowie den kognitiven und emotionalen Prozessen gesehen. Die Gedächtniskonzepte der klassischen Cognitive Science werden erläutert, und die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels wird betont. Es wird dafür ... [ mehr ]

Wolfgang Leuschner, Stephan Hau & Tamara Fischmann

Couch im Labor - Experimentelle Erforschung unbewußter Prozesse

Psyche, 1998, 52(9-10), 824-849

Nach einem kurzen Überblick über die bisherige Traum-, Wahrnehmungs- und Gedächtnisforschung in psychoanalytischen Laboratorien wird informiert über eigene Untersuchungen mit Subliminalisierungsverfahren, die es ermöglichen, optische und akustische Reize in das vorbewusste Processing einzuschleusen. Damit wird deutlich gemacht, was psychoanalytische Laborforschung methodisch zu leisten vermag: Sie zerlegt Zusammenhängendes, verlangsamt ... [ mehr ]

Jean Laplanche

Die Psychoanalyse als Anti-Hermeneutik

Psyche, 1998, 52(7), 605-618

In einem provokativ gemeinten Beitrag wird nachdrücklich für die Psychoanalyse als eine primär analytische Methode plädiert, die den freien Assoziationen ihr Eigengewicht belässt. In diesem Sinne ist sie keine Hermeneutik, setzt diese doch einen vorgängigen Verstehenskode voraus. Allerdings erfolgt der Umschlag in eine stärker synthetisch orientierte Sicht sehr früh bereits bei S. Freud selbst: In der Symbolik und Typizität (etwa ... [ mehr ]

Lotte Köhler

Anwendung der Bindungstheorie in der psychoanalytischen Praxis. Einschränkende Vorbehalte, Nutzen, Fallbeispiele

Psyche, 1998, 52(4), 369-397

Nach einem kurzen Überblick über die Bindungsforschung werden verschiedene Aspekte der Unterschiede zwischen Psychoanalyse und Bindungstheorie erörtert. Seitdem die Bindungsforschung ihre Beobachtungen von der Verhaltens- zur Repräsentanzebene ausgeweitet hat, wird sie zu einer wichtigen Erkenntnisquelle für die Psychoanalyse, denn jeder Patient aktiviert in der therapeutischen Situation, in der er Hilfe sucht, sein Bindungssystem. Daher ist die ... [ mehr ]

Martin Kurthen

Intentionalität und Sprachlichkeit in Psychoanalyse und Kognitionswissenschaft

Psyche, 1998, 52(9-10), 850-883

In den letzten Jahren wurden vor allem in den Vereinigten Staaten neue Allianzen zwischen der Psychoanalyse und der Kognitionswissenschaft bzw. der Künstliche-Intelligenz-Forschung entwickelt. In diesem Zusammenhang wird untersucht, ob diese Disziplinen genügend Gemeinsamkeiten in ihren Problemstellungen und Lösungsmodellen aufweisen, um solche Allianzen eingehen zu können. Eingehend diskutiert werden vor allem der Status des intentionalen Diskurses in ... [ mehr ]

Matthias Kettner

Zur Semiotik der Deutungsarbeit. Wie sich Freud mit Peirce gegen Grünbaum verteidigen läßt

Psyche, 1998, 52(7), 619-647

Ausgehend von der These, dass eine umfassende, die Methodologie der Psychoanalyse als hermeneutischer, sinnerschließender Wissenschaft einbegreifende Wissenschaftstheorie ohne Theorie der Abduktion nicht möglich ist, wird zunächst die Fassung dieses Konzepts der Hypothesenbildung bei C. S. Peirce erörtert. Dann wird ein erweitertes Modell der Peirce schen Abduktion vorgestellt, das den Grundstein bildet für eine Theorie des aufschlussfähigen ... [ mehr ]

Otto F. Kernberg

Dreißig Methoden zur Unterdrückung der Kreativität von Kandidaten der Psychoanalyse

Psyche, 1998, 52(3), 199-213

Formale Aspekte der psychoanalytischen Ausbildung werden problematisiert. Mit Witz und Ironie werden in Form von 30 Anweisungen Maßnahmen aufgezeigt, die psychoanalytische Institute weltweit ergreifen sollten, damit das kreative Schaffen der Ausbildungskandidaten gehemmt oder auch gänzlich verhindert wird. Der Autor bezieht sich dabei unter anderem auf die Publikationsaktivitäten und die klinische Praxis im engeren Sinne, auf die repetitive Lehre bestimmter ... [ mehr ]

Otto F. Kernberg & Werner Bohleber

Eine schwere sexuelle Hemmung im Laufe der psychoanalytischen Behandlung eines Patienten mit narzißtischer Persönlichkeitsstörung

Psyche, 1998, 52(12), 1147-1169

Anhand des psychoanalytischen Fallberichts eines 45-jährigen Mannes mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung wird eine spezifische Episode geschildert, in welcher der Analysand eine nachhaltige sexuelle Hemmung ausbildete. Verborgen hinter diesem Symptom wird eine massive Kastrationsangst vermutet. Der Stillstand des analytischen Prozesses und die Resistenz der Impotenz wird auf ein Gegenübertragungsagieren seitens des Analytikers ... [ mehr ]

Hans Keilson

Freud und die Kunst

Psyche, 1998, 52(8), 731-750

Der psychoanalytische Beitrag zur Kunst wird im Überblick erörtert. Einleitend wird betont, dass der Einfluss der Psychoanalyse auf die Kultur und Kunst des 20. Jahrhunderts nicht geleugnet werden kann. Umstrittener ist dagegen die Bedeutung der Psychoanalyse bei der Aufhellung des schöpferischen Prozesses. Es wird bezweifelt, dass die Neurosentheorie dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet hat und, mehr noch, überhaupt leisten kann. Wesentlich ... [ mehr ]

Evelyn Heinemann

»Fakafefine«: Männer, die wie Frauen sind. Inzesttabu und Transsexualität in Tonga (Polynesien)

Psyche, 1998, 52(5), 472-498

Es wird über eine ethnopsychoanalytische Studie informiert, in der das in Polynesien bei Männern weit verbreitete transvestitische und transsexuelle Verhalten untersucht wurde. Die Erziehung eines Jungen als Mädchen gehört zu den von Müttern initiierten sozialen Riten. Der Männerweg, die Bewältigung von Aggression in kannibalistischen Riten, erscheint den fakafefine nicht attraktiv. Sie idealisieren ihre Beziehungen zu den Müttern. ... [ mehr ]

Wolfgang Harsch

Zum Verhältnis von Psychoanalyse und Ökonomie

Psyche, 1998, 52(1), 1-29

Das Verhältnis von Psychoanalyse und Ökonomie wird erörtert. Ausgehend vom Primat des Ökonomischen in allen Lebensbereichen wird in einem ersten Schritt nachgewiesen, dass dies auch für die psychoanalytische Praxis Gültigkeit hat. In diesem Zusammenhang werden die konkreten ökonomischen Rahmenbedingungen der psychoanalytischen Praxis im Hinblick auf die Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer ... [ mehr ]

Eberhard Haas

Rituale des Abschieds: Anthropologische und psychoanalytische Aspekte der Trauerarbeit

Psyche, 1998, 52(5), 450-471

Es wird der Versuch unternommen, die Trauerrituale unterschiedlicher alter bzw. neuer Kulturen und psychoanalytische Betrachtungen über Trauer einander gegenüberzustellen. Ausgehend von der strukturellen Verwandtschaft von Bestattungsriten wird eine allen Totenritualen gemeinsame Struktur herausgearbeitet: Die Krise, die der Tod in der Gemeinschaft auslöst, verlangt nach absondernder Opferung, damit das Kollektiv zu neuer kultureller Ordnung auferstehen kann. ... [ mehr ]

Günter Gödde

Freud, Schopenhauer und die Entdeckung der »Verdrängung«

Psyche, 1998, 52(2), 143-175

S. Freud und A. S. Schopenhauer gelten in vielerlei Hinsicht als Geistesverwandte. Nicht selten wird Schopenhauer als Vordenker Freuds bezeichnet, zuweilen in polemischer Absicht gegen den Begründer der Psychoanalyse. Tatsächlich finden sich im Werk Schopenhauers zahlreiche Anhaltspunkte dafür, dass das, was Freud Verdrängung nannte, dort bereits vorformuliert ist. Wahnsinn ist für Schopenhauer eine Krankheit des Gedächtnisses. Geistige ... [ mehr ]

André Green

Der moralische Narzißmus

Psyche, 1998, 52(5), 415-449

Im Vergleich zweier Tragödien von Sophokles (Aias und Ödipus) werden einleitend die Unterschiede zwischen den Kulturen der Scham und den Kulturen der Schuld herausgearbeitet. Anschließend wird eine Typusbeschreibung des moralischen Narzissmus entfaltet, der der Kultur der Scham zugerechnet wird. Unter moralischem Narzissmus wird der Sieg des Triebverzichts über die Befriedigung der Illusion bzw. der Sieg des Über-Ich im Kräftespiel mit dem ... [ mehr ]

André Green

Hat Sexualität etwas mit Psychoanalyse zu tun?

Psyche, 1998, 52(12), 1170-1191

Einige der Missverständnisse, die sich in Bezug auf Bedeutung und Stellung der Sexualität innerhalb der Psychoanalyse gebildet haben, werden diskutiert. Dabei wird von zwei Beobachtungen ausgegangen, nämlich dem abnehmenden Interesse am theoretischen und praktischen Thema der Sexualität in den einschlägigen psychoanalytischen Zeitschriften sowie der randständigen Bedeutung von Sexualität in vielen klinischen Darstellungen und bei der ... [ mehr ]

Arnold I. Goldberg

Perversion aus der Sicht psychoanalytischer Selbstpsychologie

Psyche, 1998, 52(8), 709-730

Im Gegensatz zu neueren Tendenzen in der amerikanischen Psychiatrie, den moralisch belasteten Begriff der Perversion zugunsten des eher deskriptiven der Paraphilie aufzugeben, wird plädiert für die Beibehaltung des Perversionsbegriffs auf der Grundlage einer genuin psychoanalytischen Definition. Diese umfasst Sexualisierung, vertikale Spaltung und individuelle Psychodynamik. Dabei hat Sexualisierung die Funktion, ein strukturelles Defizit auszufüllen. ... [ mehr ]

Eckhardt Gehde & Hinderk M. Emrich

Kontext und Bedeutung: Psychobiologie der Subjektivität im Hinblick auf psychoanalytische Theoriebildungen

Psyche, 1998, 52(9-10), 963-1003

Neuere psychoanalytische Konzepte, insbesondere zu Internalisierung und Persönlichkeitsorganisation in der Objektbeziehungstheorie, und deren mögliche Entsprechungen auf neurobiologischer Ebene werden erörtert. Nach heutiger Kenntnis lösen Erfahrungen ebenso wie eine gelingende Therapie jeweils Kaskaden von Veränderungen aus, die - bis ins hohe Alter - synaptische Strukturen des Zentralnervensystems, Neurotransmitter und Hormone betreffen. ... [ mehr ]

John E. Gedo

Überlegungen zur Metapsychologie, theoretischen Kohärenz, zur Hermeneutik und Biologie

Psyche, 1998, 52(9-10), 1014-1042

Überlegungen zum Verhältnis von psychoanalytischer Metapsychologie, theoretischer Kohärenz, Hermeneutik und Biologie werden angestellt. Zunächst wird betont, dass S. Freud, da es ihm nicht gelang, seine klinischen Beobachtungen mit der zeitgenössischen Neurophysiologie in Einklang zu bringen, versuchte, die Psychoanalyse mit Hilfe einer spekulativen Metapsychologie in der Biologie zu verankern. Epistemologische Einwände führten ihn zum ... [ mehr ]

Peter Fonagy

Die Bedeutung der Entwicklung metakognitiver Kontrolle der mentalen Repräsentanzen für die Betreuung und das Wachstum des Kindes

Psyche, 1998, 52(4), 349-368

Ausgewählte Ergebnisse einer im Rahmen des Londoner Eltern-Kind-Projekts durchgeführten empirischen Langzeitstudie zur Entwicklung des Bindungsvermögens von Kindern werden vorgestellt. Anhand von Erwachsenen-Bindungs-Interviews und der Untersuchungsmethode Fremde Situation sowie anhand verschiedener anderer Tests wird die Herausbildung der inneren Arbeitsmodelle untersucht, und es wird der Frage der intergenerationellen Transmission mentaler ... [ mehr ]

K. R. Eissler

Freuds »Leonardo« - Trauma oder Idylle? Entgegnung auf Jan Philipp Reemtsma

Psyche, 1998, 52(5), 405-414

In Erwiderung auf kritische Anmerkungen von J. P. Reemtsma (in Psyche 1997, 51 (9-10)) zu einer Leonardo-Studie von K. R. Eissler aus dem Jahre 1961 (Leonardo da Vinci. Psychoanalytische Notizen zu einem Rätsel) wird die Kritik zurückgewiesen. Reemtsmas These, der zufolge Leonardo durch eine Fellatio im Säuglingsalter traumatisiert worden sei, wird als falsch bezeichnet. (c) Psyindex.de 2009 alle Rechte vorbehalten [ mehr ]

Martin Dornes

Bindungstheorie und Psychoanalyse

Psyche, 1998, 52(4), 299-348

Die Bindungstheorie ist aus dem Werk des englischen Psychoanalytikers und Kinderpsychiaters John Bowlby hervorgegangen und mittlerweile zu einer einflußreichen Richtung in der Entwicklungspsychologie geworden. Trotz dieser weiten Verbreitung ist sie in psychoanalytischen Kreisen noch relativ wenig bekannt. Nach einem Überblick über den derzeitigen Stand der bindungstheoretischen Forschung werden einige Arbeiten von Psychoanalytikern vorgestellt, welche die ... [ mehr ]

Michel de M’Uzan

Der Tod gesteht nie

Psyche, 1998, 52(11), 1049-1066

Der Autor hatte sich bereits zu Fragen des Todes und Sterbens aus der Sicht der Psychoanalyse geäußert, war auch schon mit dem Fall einer tödlich erkrankten Patientin konfrontiert gewesen, als er erneut von einem mit Metastasen im Gehirnraum betroffenen jungen Kollegen ersucht wurde, ihn in Analyse zu nehmen. Es wird eine dreimonatige gemeinsame Erfahrung - bis zum Tod des Patienten. In einer ausführlichen und zugleich verdichteten Falldarstellung ... [ mehr ]

Kurt Buchinger

Warum die Psychosomatik kein Renner wird. Systemzwänge in der Medizin

Psyche, 1998, 52(6), 572-597

Trotz der aktuellen Bemühungen um eine Integration von klassischer Medizin und Psychosomatik wird das Gesundheitswesen im Wesentlichen von der klassischen Medizin getragen. Anhand eines Modells bzw. einer Metapher, der Trivial-Maschine und der Nicht-Trivial-Maschine , wird der Versuch unternommen, das Dilemma zwischen klassischer und psychosomatischer Medizin zu erläutern. Mit Hilfe dieses Modells wird die These untermauert, der zufolge nicht die ... [ mehr ]

Michael B. Buchholz

Die Metapher im psychoanalytischen Dialog

Psyche, 1998, 52(6), 545-571

Obwohl die Metapher die klinische Arbeit und Theorie der Psychoanalyse in vielfacher Weise dominiert, wird sie selbst nur selten zum Gegenstand der Analyse und bleibt ihre Rolle weitgehend unbemerkt. Unter Hinweis auf die kognitive Linguistik wird die Metapher als wichtiges Moment der psychoanalytischen Behandlungspraxis untersucht. Dabei wird unterschieden zwischen manifesten und konzeptuellen Metaphern, und es wird gezeigt, dass die psychoanalytische Deutungsarbeit als ... [ mehr ]