Joachim Küchenhoff

Sehen und Gesehenwerden: Identität und Beziehung im Blick

Psyche, 2007, 61(5), 445-462

Eine philosophische Phänomenologie des Blicks ist für die psychoanalytische Theorie der Identifizierung und Identität, aber auch für das Verständnis klinischer Symptome ertragreich. Die phänomenologische Analyse des Sehens und Gesehenwerdens kann zeigen, dass das Schauen einerseits der Versicherung des eigenen Standorts in der Welt, der Übersicht und der Identifizierung dient, dass andererseits aber dank der Unvollständigkeit des je ... [ mehr ]

Martin Kurthen

Umwege zum Unbewußten

Psyche, 2007, 61(7), 718-725

Die Frage nach der Beziehung zwischen Psychoanalyse und Neurowissenschaft wird über eine kritische Sichtung von vier aktuellen Publikationen aus dem Feld von kognitiver Neurowissenschaft und Psychoanalyse aufgegriffen: (1) K. Kaplan-Solms und M. Solms: Neuro-Psychoanalyse. Eine Einführung mit Fallstudie, 2005, zweite Auflage; (2) M. Solms und O. Turnbull: Das Gehirn und die innere Welt. Neurowissenschaft und Psychoanalyse, 2004; (3) F. Ansermet und P. Magistretti: ... [ mehr ]

Olaf Knellessen & Reimut Reiche

Kreuzungen. Eine Analyse von »21 Grams« anhand formaler Elemente

Psyche, 2007, 61(12), 1211-1225

Es ist ein oft beschriebenes Paradox, dass in dem historischen Moment, da die bildenden Künste die Zentralperspektive wieder zerlegt und sich von ihr abgewandt haben, diese vom Film übernommen wurde, der dann mit genau dieser Perspektive zum künstlerischen Leitmedium wurde. Von Anfang an gab es jedoch auch politische und Stilrichtungen im Film, die den imperialen Zwang der zentralperspektivischen Raumkonstruktion und ihre illusionsstiftende Ausrichtung auf ... [ mehr ]

John S. Kafka, Otto F. Kernberg, H. Shmuel Erlich, Friedrich-Wilhelm Eickhoff & Franz Wellendorf

Themenschwerpunkt: Stimmen zur Psychoanalyse in Deutschland

Psyche, 2007, 61(4), 368-411

Insgesamt fünf Beiträge zum Themenschwerpunkt Stimmen zur Psychoanalyse in Deutschland werden vorgelegt. - (1) J. S. Kafka: Zerbrechen und Unterbrechen (S. 368-374). (2) O. F. Kernberg: Die Psychoanalyse in Deutschland: Ein persönlicher Blick (S. 375-385). (3) H. S. Erlich: Persönliche Überlegungen zum Selbstbild und Identitätsgefühl der Deutschen (S. 386-393). (4) F.-W. Eickhoff: Ein Rückblick auf den 34. Internationalen ... [ mehr ]

Jad Jiko

Die Idealisierung des sexuellen Triebes im Islam

Psyche, 2007, 61(11), 1132-1154

Die innere Dynamik im Konzept der Sexualität im Islam wird untersucht. Zunächst wird das Konzept der Sexualität in seiner charakteristischen Verbindung zwischen dem Sexuellen und dem Sakralen dargestellt. In einem Exkurs in die islamische Mythologie wird dann der Frage nachgegangen, wie diese Verbindung auf die Subjektwerdung einwirkt. Anschließend wird die psychoanalytische These aufgestellt, dass eine Idealisierung des sexuellen Triebes den ... [ mehr ]

Mathias Hirsch

Intime Fremde

Psyche, 2007, 61(12), 1264-1269

Der Film Intime Fremde (im Original: Confidences trop intimes) von P. Leconte aus dem Jahr 2003 wird aus psychoanalytischer Sicht interpretiert. Im Zentrum der Filmhandlung steht eine psychoanalytisch konzipierte Therapeut-Patientin-Beziehung, die auf einem Irrtum beruht: Die Patientin gerät durch die Verwechslung von links und rechts mit ihrem Hilfebegehren (sexuelles Problem in der Ehe) nicht an den Psychoanalytiker, mit dem sie zu ihrer ersten Sitzung verabredet ... [ mehr ]

Susann Heenen-Wolff

Die Geschwisterbeziehung - Postmoderne psychoanalytische Perspektiven zur »Horizontalisierung« in der Beziehungswelt

Psyche, 2007, 61(6), 541-559

Zunächst wird die Metapsychologie Freuds und seiner Nachfolger hinsichtlich der geschwisterlichen Beziehungen und deren familiärer Einbettung dargestellt. Die Frage, wie Brüderlichkeit aus der Geschwisterbeziehung heraus entstehen kann, führt zu Überlegungen zu Identifizierungsprozessen in hierarchisch und horizontal organisierten Gruppen. Es wird die Auffassung vertreten, dass mit dem Verschwinden der väterlichen Funktion und des dadurch repräsentierten symbolischen Gesetzes in der ... [ mehr ]

Michael Günter

Traumatischer Objektverlust, psychotische Übertragung und Realitätskontrolle. Was bringt eine psychoanalytisch orientierte Frühbehandlung schwerer juveniler Psychosen?

Psyche, 2007, 61(3), 195-217

Die Erkrankung an einer schizophrenen Psychose trifft im Jugendalter eine vulnerable Phase der Persönlichkeitsentwicklung und stellt eine erhebliche psychische Traumatisierung dar. Fragmentierungsprozesse im Rahmen psychotischer Erkrankungen sind mit S. Ferenczi als Abwehr- und Bewältigungsversuche gegen derartige traumatische innere Objektverluste zu betrachten. Die Gratwanderung einer psychoanalytisch ausgerichteten Behandlung schwerer juveniler Psychosen besteht darin, ... [ mehr ]

Ilse Grubrich-Simitis

Trauma oder Trieb - Trieb und Trauma: Wiederbetrachtet

Psyche, 2007, 61(7), 637-656

Aus der Perspektive der psychoanalytischen Konzeptforschung wird ein Aufsatz wiederbetrachtet, den die Autorin Mitte der achtziger Jahre geschrieben hatte. Sie nahm die Übersicht der Übertragungsneurosen damals zum Anlass, die Art und Weise zu rekonstruieren, wie Freud die traumatischen Aspekte der Neurosenätiologie tatsächlich nie aus dem Auge verloren hat, sondern zeitlebens darum bemüht war, sie in das Trieb-Modell zu integrieren. Es wird ... [ mehr ]

Jürgen Grieser

Freiheit und Entwicklung im triangulären Raum

Psyche, 2007, 61(6), 560-589

Die Bedeutung des triangulären Raums wird aus psychoanalytischer Sicht erörtert. Der, die oder das Dritte erweitert die dyadische zu einer triadischen Konstellation, was eine Erweiterung der Perspektive und mehr Freiheitsgrade bedeutet, aber auch mehr Distanz und weniger Exklusivität in der Beziehung. Das Symbol vermittelt als Drittes zwischen dem Subjekt und dem Symbolisierten; der Vater reguliert Nähe und Distanz zwischen Kind und Mutter (und ... [ mehr ]

Lutz Goetzmann & Barbara Ruettner

»Explosionen, Beton, Totes und Schrumpfungsprozesse« - zur Focusing-Wahrnehmung des Körpers in der Gegenübertragung

Psyche, 2007, 61(2), 137-150

Wahrnehmung und Verwendung der Gegenübertragung bilden einen wichtigen Bestandteil der psychoanalytischen Behandlung. Tiefgehende Gegenübertragungserlebnisse, die sich unter anderem aus dem Prozess der projektiven Identifizierung im Bereich präverbaler Erfahrungen ergeben, manifestieren sich häufig in Körpergefühlen. Diese Körpergefühle treten manchmal sehr plötzlich auf und können von überraschend großer ... [ mehr ]

Wolfgang Gephart & Christa Rohde-Dachser

Heimkehr im Strahlenkranz. Eine psychoanalytische Interpretation des Films »Dead Man«

Psyche, 2007, 61(12), 1255-1263

Der Film Dead Man von Jim Jarmusch erzählt von der Reise eines jungen Mannes von Cleveland, dem Ort seiner Herkunft, in den Westen Amerikas zu einer Stadt mit Namen Machine und von dort aus mit einer Kugel in der Brust weiter zu einem Indianerdorf, von wo aus ein Kanu ihn sterbend ins Meer hinausträgt. Formal präsentiert er sich als Wildwestfilm im Stil der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts und mit der für dieses Film-Genre typischen Betonung von ... [ mehr ]

Jörg Frommer

Psychoanalyse und qualitative Sozialforschung in Konvergenz: Gibt es Möglichkeiten, voneinander zu lernen?

Psyche, 2007, 61(8), 781-803

Psychoanalyse und Sozialwissenschaft haben sich seit ihren Anfängen gegenseitig beeinflusst. Während diese Beziehung auf der Ebene theoretischer Annahmen allgemein bekannt ist, wurde die Frage auf der Ebene konkreter Forschungsmethodik bisher weniger diskutiert. In diesem Zusammenhang wird die These vertreten, dass die der Hermeneutik verbundenen Methoden der qualitativen Sozialforschung zahlreiche Gemeinsamkeiten mit der psychoanalytischen Methode aufweisen und ... [ mehr ]

Henrik Enckell

Zur Metapsychologie der Affekte

Psyche, 2007, 61(8), 735-753

Ein einheitliches Modell für ein psychoanalytisches Verständnis des Phänomens und der Bedingungen der Emotionen wird vorgestellt. Zu diesem Zweck werden die Emotionen unter drei Blickwinkeln betrachtet: Trieb, Repräsentation und Wahrnehmung. Zunächst wird S. Freuds frühe Triebtheorie erläutert, der zufolge ein somatischer Drang einen Platz in der Welt der Repräsentationen sucht. Der Trieb wird in einer mentalen Matrix ... [ mehr ]

Heinrich Deserno

Traumdeutung in der gegenwärtigen psychoanalytischen Therapie

Psyche, 2007, 61(9-10), 913-942

Vor dem Hintergrund klinischer und extraklinischer Traumtheorien wird die Deutung von Träumen übergreifend im Kontext von psychoanalytischer Situation und Symbolbildung diskutiert und anhand von Fallvignetten veranschaulicht. Dabei stehen die folgenden Aspekte im Mittelpunkt: vom geträumten zum gedeuteten Traum; theoretische Ansätze zur Funktion und Deutung des Träumens; Traum, psychoanalytische Situation, Übertragung und Symbolisierung; ... [ mehr ]

Barbara Dehm-Gauwerky

»Doch alle Lust will Ewigkeit...«. Über die totale Metaphorisierung im Prozess des Sterbens

Psyche, 2007, 61(5), 493-515

Anhand einer Fallvignette aus der psychoanalytischen Musiktherapie mit hochgradig altersdementen Menschen wird gezeigt, wie Einblicke in das innere Erleben von Sterbenden und in deren sich verändernden Weltbezug mit Hilfe der Methode des szenischen Verstehens (A. Lorenzer) möglich werden. Wenn die Symbolbildung gelingt, kann auch der Sterbeprozess gelingen. Musik als freie Improvisation und als Zitat spielt hierbei eine wichtige Rolle. Es werden Formen und ... [ mehr ]

Oliver Decker, Katharina Rothe & Burkhard Brosig

»Wie nehmen die Analytiker zu brennenden Zeitfragen Stellung?« Paul Parins Aufsatz von 1978 wiedergelesen

Psyche, 2007, 61(12), 1270-1280

Anhand einer Sichtung der Beiträge der Zeitschrift Psyche der Jahrgänge 2005 und 2006 wird der Frage nachgegangen, ob die von P. Parin in seinem Beitrag Warum die Psychoanalytiker so ungern zu brennenden Zeitproblemen Stellung nehmen (Psyche 1978, 32 (5-6)) konstatierte Abstinenz der psychoanalytischen Beschäftigung mit zeitpolitischen Fragen auch in der Gegenwart besteht. Die Auswertung der beiden Jahrgänge umfasst insgesamt 103 Beiträge, von ... [ mehr ]

Mahrokh Charlier

Macht und Ohnmacht. Religiöse Tradition und die Sozialisation des muslimischen Mannes

Psyche, 2007, 61(11), 1116-1131

Es wird die Auffassung vertreten, dass den Auseinandersetzungen und Konflikten zwischen der westlichen und der islamischen Welt eine grundsächliche Divergenz zugrunde liegt. Diese ergibt sich einerseits aus dem absolutistischen Anspruch der islamischen Theologie und der Idealisierung von Vergangenheit und Tradition mit dem Ziel der Unveränderbarkeit und andererseits aus dem stetigen Fortschritts- und Veränderungsbestreben der westlichen Welt. Es wird ... [ mehr ]

Jorge Canestri

Supervision in der psychoanalytischen Ausbildung: Zur Verwendung impliziter Theorien in der psychoanalytischen Praxis

Psyche, 2007, 61(9-10), 1017-1041

Das Konzept der Supervision und seine Funktion in der psychoanalytischen Ausbildung wird reflektiert. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den impliziten Theorien, auf die der Analytiker in der klinischen Praxis zurückgreift. Anhand eines konzeptuellen Instrumentariums, das einem Projekt qualitativer Forschung im Rahmen der Europäischen Psychoanalytischen Föderation (EPF) entstammt, wird ein Beispielfall einer Supervision analysiert. (c) Psyindex.de 2009 alle ... [ mehr ]

Isolde Böhme

»Dogville« von Lars von Trier

Psyche, 2007, 61(7), 710-717

Der Film Dogville des dänischen Regisseurs L. von Trier wird aus psychoanalytischer Sicht interpretiert. Der Film, der in den 1930er Jahren in einer kleinen Gemeinde in den Rocky Mountains spielt, behandelt die Entstehung, Entwicklung und in einer Katastrophe von Gewalt und Zerstörung endende Beziehung von Grace, einer schönen jungen Frau und Tochter eines Gangsterbosses, die es auf der Flucht in die kleine Stadt verschlagen hat, zu Tom, einem Bürger ... [ mehr ]

Stefano Bolognini

Probleme der psychoanalytischen Einfühlung: Eine theoretisch-klinische Studie

Psyche, 2007, 61(9-10), 864-888

Wie hat sich das Konzept der Einfühlung entwickelt? Was ist psychoanalytische Einfühlung, und wodurch unterscheidet sie sich von der natürlichen Einfühlung? Um das Phänomen der psychoanalytischen Einfühlung zu beschreiben, wird eine von vielen normalen , unspektakulären Sitzungen einer Analyse ausgewählt, und die Einfühlung, die die Patientin erkennen lässt, und diejenige, die dem Analytiker aufgrund seiner Ausbildung und ... [ mehr ]

Werner Bohleber

Erinnerung, Trauma und kollektives Gedächtnis - Der Kampf um die Erinnerung in der Psychoanalyse

Psyche, 2007, 61(4), 293-321

Lebensgeschichtliche Erinnerung und die Rekonstruktion der Vergangenheit haben in der gegenwärtigen klinischen Theorie der Psychoanalyse ihre zentrale therapeutische Funktion eingebüßt, die sie bei Freud hatten. Der Autor zeichnet diese Entwicklung nach und zeigt, wie das Trauma und seine Erinnerung dazu quer steht. Er diskutiert das Problem der Veridikalität von Erinnerungen. Traumatische Erinnerungen unterliegen beim Wiedererinnern nicht einer ... [ mehr ]

Werner Bohleber

Der Gebrauch von offiziellen und von privaten impliziten Theorien in der klinischen Situation

Psyche, 2007, 61(9-10), 995-1016

Probleme, die sich aus der Anwendung psychoanalytischer Theorien in der Praxis ergeben können, werden untersucht. Dabei werden folgende Aspekte thematisiert: Theorien erweisen sich als subjektgebunden. Der Analytiker geht ein aktives und persönliches Engagement mit bestimmten Theorien ein. Theorien haben eine Funktion für die Identitätsbildung des Analytikers, und sie vermitteln in schwierigen klinischen Situationen Sicherheit. Die Untersuchung des ... [ mehr ]

Ewa Bielska-Content

Die Realität fühlen: Das »Modell der Multiplen Theories of Mind« und die Erweiterung der »Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik«

Psyche, 2007, 61(8), 754-780

Ein Modell der Multiplen Theories of Mind wird vorgestellt, das vor allem auf die Theorien zur Mentalisierung der Forschergruppe um P. Fonagy Bezug nimmt. Das Modell ermöglicht es, ein breites Spektrum der Phänomene, die bei Strukturstörungen auftreten können, besser zu verstehen. Davon ausgehend wird empfohlen, eine Theory-of-Mind -Dimension in die Strukturachse der Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD) aufzunehmen. Es wird ... [ mehr ]