Zeitschrift: Jahrbuch der Psychoanalyse
ISSN: 0075-2363
Broschur
Erschienen: September 2021
Bestell-Nr.: 8361
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Erschienen: September 2021
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Bernd Nissen, Uta Zeitzschel, Wolfgang Hegener & Uta Karacaoglan (Hg.)
Jahrbuch der Psychoanalyse - Band 83
Antisemitismus, Populismus, Radikalismus
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Freuds schillernd-knappe Definition des Verdrängt-Unbewussten als ein »inneres Ausland« ist wahrhaft paradox; denn wie kann ein Ausland, das per definitionem im Außen, jenseits der eigenen Grenzen liegt, sich zugleich im Inneren befinden? Doch genau diese Formulierung trifft das Wesentliche des psychoanalytischen Verständnisses des Unbewussten, das weder eindeutig innen noch eindeutig außen und damit ohne festen Ort ist. Wenn ein therapeutischer Zugang zu ihm gefunden werden soll, muss sich der/die Psychoanalytiker:in selbst fremd, gleichsam zum/zur Ausländer:in machen und eine Position der Unsicherheit, des Zweifels und des Nicht-Wissens einnehmen.
Die Position der Ortlosigkeit umschreibt aber auch genau die der Jüdinnen und Juden in der nationalstaatlich verfassten europäischen Moderne: Sie werden in jeder Nation zu Ausländer:innen und Feind:innen aller Völker erklärt und verkörpern in ihr das ausgeschlossene Dritte schlechthin. Während im Innenverhältnis die Jüdinnen und Juden als das Gegenprinzip zum Eigenen definiert und ausgegrenzt wurden, rückten vor allem durch den Kolonialismus im Außenverhältnis alle nicht-weißen Menschen in diese Position, und Antisemitismus und Rassismus wurden im Zuge des 19. Jahrhunderts in eine umfassende Weltanschauung integriert – allerdings mit dem zentralen Unterschied, dass nur die Jüdinnen und Juden einer »totalen Vernichtung« preisgegeben wurden.
In diesem Band soll zum einen anhand exemplarischer Analysen gezeigt werden, wie sich die Bilder des »jüdisch« und »rassisch anderen« psychoanalytisch umkreisen lassen. Die Psychoanalyse ist zum anderen aber auch gefragt, wenn es darum geht, sich neueren gesellschaftlichen Phänomenen zuzuwenden: Dies sind in erster Linie ein anwachsender Populismus und die vielfältigen Formen der Radikalisierung, die politisch und/oder religiös begründet werden. In Fortsetzung der im letzten Band begonnenen Tradition wollen wir zudem im Forum sowohl eine pointiert vorgetragene Position zum Antisemitismus als auch schlaglichtartig zentrale klinische Problemstellungen in Form von Miniaturen vorstellen, die alle jeweils mit einem Kommentar versehen sind.
Die Position der Ortlosigkeit umschreibt aber auch genau die der Jüdinnen und Juden in der nationalstaatlich verfassten europäischen Moderne: Sie werden in jeder Nation zu Ausländer:innen und Feind:innen aller Völker erklärt und verkörpern in ihr das ausgeschlossene Dritte schlechthin. Während im Innenverhältnis die Jüdinnen und Juden als das Gegenprinzip zum Eigenen definiert und ausgegrenzt wurden, rückten vor allem durch den Kolonialismus im Außenverhältnis alle nicht-weißen Menschen in diese Position, und Antisemitismus und Rassismus wurden im Zuge des 19. Jahrhunderts in eine umfassende Weltanschauung integriert – allerdings mit dem zentralen Unterschied, dass nur die Jüdinnen und Juden einer »totalen Vernichtung« preisgegeben wurden.
In diesem Band soll zum einen anhand exemplarischer Analysen gezeigt werden, wie sich die Bilder des »jüdisch« und »rassisch anderen« psychoanalytisch umkreisen lassen. Die Psychoanalyse ist zum anderen aber auch gefragt, wenn es darum geht, sich neueren gesellschaftlichen Phänomenen zuzuwenden: Dies sind in erster Linie ein anwachsender Populismus und die vielfältigen Formen der Radikalisierung, die politisch und/oder religiös begründet werden. In Fortsetzung der im letzten Band begonnenen Tradition wollen wir zudem im Forum sowohl eine pointiert vorgetragene Position zum Antisemitismus als auch schlaglichtartig zentrale klinische Problemstellungen in Form von Miniaturen vorstellen, die alle jeweils mit einem Kommentar versehen sind.