H. W. Loewald

Das Zeiterleben

Psyche, 1974, 28(12), 1053-1062

In psychoanalytischer Betrachtung erscheint die Zeit vor allem als eine synthetisierende Potenz im Seelenleben. Sie wird durch die Verschränkung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft konstituiert, – gilt also weder als eine Dimension der objektiven Realität (physikalische Zeit), noch als reine Anschauungsform im Sinne Kants. Loewald demonstriert die psychoanalytisch relevante Zeiterfahrung an den Phänomenen des Ewigkeits-Erlebens (nunc stans) und der ... [ mehr ]

R. Spitz

Brücken - Zur Genese der Sinngebung

Psyche, 1974, 28(11), 1003-1018

Spitz führt in diesem Essay seine früheren Versuche (1945;1957) fort, auf den Spuren Freuds (1895) die Naturgeschichte des psychischen Apparats zu rekonstruieren. Er bedient sich dabei vor allem der (von H. Hartmann in die psychoanalytische Theorie eingeführten) Begriffe Reifung, Entwicklung und Anpassung. Das zuerst in der Embryologie entwickelte Konzept der Organisatoren wird auf die psychische Entwicklung übertragen. Den drei von Spitz während des ... [ mehr ]

H. Stein

Zur Entwicklung der psychoanalytischen Selbst-Psychologie

Psyche, 1974, 28(11), 984-1002

Stein verfolgt die Entwicklung des Selbst-Konzepts in der psychoanalytischen Theorienbildung seit H. Hartmann. Erst im Kontext der neueren Narzißmus-Diskussion ist aus einer Verlegenheitslösung (Selbst als Repräsentanz der Gesamtperson) ein bedeutungsvoller psychologischer Begriff geworden. Im Anschluß an Levin, Lichtenstein und Winnicott erblickt Stein im Selbst so etwas wie einen Es-nahen Widerstands-Kern der Person, der der Ich-Instanz als dem Inbegriff ... [ mehr ]

K. R. Eissler

Zur Metapsychologie des Vorbewußten

Psyche, 1974, 28(11), 951-983

Eissler versucht, Stellung und Bedeutung der (topisch-qualitativen) Konzeption des Vorbewußten im Rahmen der psychoanalytischen Strukturtheorie zu bestimmen. Die psychische Struktur, die die Metapsychologie beschreibt, vergleicht er einem System von Kernen, zwischen denen mediale Prozesse (Bewußtsein, Vorbewußtes) vermitteln. Er plädiert für eine Ergänzung der Metapsychologie durch eine psychoanalytische Phänomenologie, die den medialen ... [ mehr ]

P. H. Wolff

Überlegungen zu einer psychoanalytischen Theorie des Spracherwerbs

Psyche, 1974, 28(9/10), 853-899

Freuds sprachtheoretische Reflexionen standen im Banne der zeitgenössischen Assoziationspsychologie. Die Annahme, Sach- und Wort-Erinnerungsspuren seien die primären Elemente von Erfahrung, stimmt weder mit den Prinzipien der psychoanalytischen Entwicklungspsychologie noch mit den Resultaten der heutigen Psychologie der kognitiven Entwicklung (J. Piaget) überein. Wolff ist der Meinung, daß Eriksons Theorie der Organ-Modalitäten – die wie ... [ mehr ]

A. Lorenzer

Wittgensteins Sprachspiel-Konzept in der Psychoanalyse

Psyche, 1974, 28(9/10), 833-852

Lorenzer erörtert einleitend die Schwierigkeiten, die sich für die – auf der Basis eines vergleichsweise einheitlichen Therapie-Theorie-Systems operierenden – Psychoanalytiker ergeben, die den interdisziplinären Dialog mit den überaus heterogenen heutigen Sprachtheorien aufnehmen möchten. Anschließend wird gezeigt, wie die unbedachte Übernahme der Sprachspiel-Konzeption Wittgensteins positivistischen Fehlinterpretationen des ... [ mehr ]

G. Overbeck

Über die Anwendung eines Sprachanalyseverfahrens (On-Off-Pattern) in einer laufenden Psychotherapie

Psyche, 1974, 28(9/10), 815-832

Es wird über die Anwendung eines an der Gießener Psychosomatischen Universitätsklinik entwickelten Sprechanalyseverfahrens (On-Off-Pattern) in einer psychotherapeutischen Behandlung berichtet. Nach kurzer Beschreibung des Verfahrens wird die Fragestellung dieser Arbeit dahin gehend formuliert, zu überprüfen, ob sich die automatische Sprachanalyse als griffiges Instrumentarium zur Psychotherapiekontrolle eignet. Eine ausführliche Fallbeschreibung ... [ mehr ]

M. N. Walsh

Auditive Sprache und Über-Ich-Bildung

Psyche, 1974, 28(9/10), 799-814

Walsh geht von der von V. H. Rosen (1955) eingeführten Unterscheidung einer präödipal-auditiven von der visuell bestimmten Sprache des späteren Lebens aus. Die auditive Ordinalsprache, die in der präödipalen Phase zwischen Mutter (Erwachsenen) und Kind vorherrscht und in der psychoanalytischen Übertragungssituation sich (speziell bei der Analyse des Über-Ichs) reproduziert, baut sich aus einfachen Lauten auf, die mit den frühesten ... [ mehr ]

Ch. Balkanyi

Die Verbalisierung in der psychoanalytischen Deutungsarbeit

Psyche, 1974, 28(9/10), 786-798

Ausgehend von Freuds Unterscheidung der Sach- von den Wortvorstellungen und anknüpfend an gewisse Thesen der Psycholinguistik (Chomsky) entwickelt Balkanyi den Gedanken, daß Syntax und Affekte gleichermaßen der infantilen Beziehung zum Primärobjekt entstammen (Verbalisierung als normales Restitutionssymptom). Diese Verwandtschaft ermöglicht die Bewußtmachung abgespaltener Affekte durch Verbalisierung. Zur Illustration dient die Schilderung der ... [ mehr ]

L. E. Peller

Freuds Beitrag zur Sprachtheorie

Psyche, 1974, 28(9/10), 765-785

Peller unternimmt eine Vergegenwärtigung der über Freuds Schriften hin verstreuten Bemerkungen zur Sprachtheorie im Hinblick auf deren mögliche Aktualität für Problemstellungen der heutigen Linguistik. Das Gerüst für Freuds sprachtheoretische Überlegungen bildet seine Konzeption des (mit archaischen Symbolen arbeitenden) Primärprozesses und des (mit begrifflichen Symbolen operierenden) Sekundärprozesses. Eine systematische ... [ mehr ]

H. und K. Ravenscroft Stierlin

Trennungskonflikte bei Jugendlichen

Psyche, 1974, 28(8), 719-746

Das Jugendlichen-Forschungsprogramm am National Institute of Mental Health in Bethesda ermöglicht es, statt des isolierten Jugendlichen jeweils seine gesamte Familie therapeutisch zu behandeln und die Dynamik verschiedenartiger Typen von intergenerationellen Familien-Trennungskonflikten im Kontext von Familie, Schule und Peer-Group zu studieren. Die determinierende Rolle der Eltern tritt dabei besonders ins Blickfeld; die – ausführlich beschriebenen – ... [ mehr ]

R. Borens

Kombinierte Einzel- und Gruppentherapie bei Schizophrenen

Psyche, 1974, 28(8), 706-718

Die zentrale (aber nicht alleinige) Störung beim Schizophrenen betrifft das Ich und seine Funktionen. Im klinischen Rahmen kommt eine intensivere psychoanalytische Behandlung selten in Frage. Eine kombinierte Einzel- und Gruppentherapie erlaubt es dem Patienten zunächst, seine Regression durchzumachen und sich dann schrittweise aus dieser Symbiose mit dem Therapeuten zu lösen und einen Individuationsprozeß zu beginnen. Diese für die Konstituierung des ... [ mehr ]

W. Goudsmit

Bemerkungen zur Indikation der Psychoanalyse bei Tätern von sehr schweren Delikten

Psyche, 1974, 28(8), 684-705

Goudsmit erörtert die spezifischen Schwierigkeiten und Chancen, die sich bei dem Versuch ergeben, Täter von sehr schweren Delikten während ihrer Haftzeit psychoanalytisch zu behandeln. Seine eigenen – unter den Bedingungen des niederländischen Strafvollzugs gewonnenen – Erfahrungen geben die Basis seiner Einschätzung der zu dieser Problematik vorliegenden Literatur ab. So intensiv er die psychologischen Voraussetzungen einer erfolgreichen ... [ mehr ]

M. und R. Karstens Rotmann

Interaktionsprobleme der psychosomatischen Konsultationspraxis

Psyche, 1974, 28(8), 669-683

Die beiden Autoren – psychoanalytisch ausgebildete Internisten – arbeiteten 15 Monate als psychosomatische Berater in einer internistischen Klinik. Sie berichten über die außerordentlichen Schwierigkeiten, die sich bei ihrem Versuch ergaben, die Differenz zwischen Somatikern und psychoanalytischen Psychologen mit Hilfe eines Konsultationsbündnisses zu überbrücken, d.h. bei dem Versuch, bei den nicht psychologisch ausgebildeten ... [ mehr ]

I. Popescu-Sibiu

Zur Entwicklung der Psychoanalyse in Rumänien (Mitteilung)

Psyche, 1974, 28(7), 651-654

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S. Kakar

Indische Kultur und Psychoanalyse

Psyche, 1974, 28(7), 635-650

Das Weltbild der indischen Kultur wird – anhand einer Umschreibung von Zentralkategorien indischer Versenkungspraktiken (Moksa etc.) – dem der westlichen Kultur, die hier durch Kategorien der psychoanalytischen Metapsychologie repräsentiert wird, kontrastiert. Definiert die psychoanalytische Entwicklungslehre (und Therapie) die Aufrichtung von Ichgrenzen, die Unterscheidung von Ich und Nicht-Ich als Ziele der ontogenetischen Entwicklung, so gelten diese ... [ mehr ]

H. Müller-Braunschweig

Psychopathologie und Kreativität

Psyche, 1974, 28(7), 600-634

Die therapeutische Wirkung ästhetischer Kreativität beruht auf der symbolischen Vergegenständlichung (Kommunikation) des unbewußten Konfliktmaterials (mittels mehr oder weniger beherrschter künstlerischer Techniken). Die Ich-Funktionen (Denken, Sprache, Motorik) sind von Rückmeldeprozessen abhängig. Die Darstellung intrapsychischer Konflikte in einer Symbolwelt mit eigener ästhetischer Gesetzlichkeit überführt sie in die ... [ mehr ]

W. Schönau

Zur Wirkung der Blechtrommel von Günter Grass

Psyche, 1974, 28(7), 573-599

Im Hinblick auf die von Georg Just vorgetragene rezeptionsästhetische Deutung, wonach Grass Roman (aus dem Jahre 1959) auf die Aufnahme durch das deutsche Nachkriegs-Kleinbürgertum hin angelegt sei, an dessen Normenwelt er appelliere, vertritt Schönau die These, daß eine adäquate Wirkungsästhetik ohne psychoanalytische Komponente nicht auskommen kann. Er weist darauf hin, daß die von Just definierte ideale Zielgruppe nur einen geringen Teil ... [ mehr ]

K. Kennel

Kursbuch und Anti-Kursbuch (Kritische Glosse)

Psyche, 1974, 28(6), 560-568

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