Forschung Psychosozial

Die Reihe »Forschung Psychosozial« wendet sich an Wissenschaftler und fachlich interessierte LeserInnen, die sich über den neuesten Stand der psychosozialen Forschung informieren wollen und die neugierig auf aktuelle Forschungsarbeiten sind.

Gretchentragödien

Kindsmörderinnen im 19. Jahrhundert (1770-1870)

Goethes Gretchentragödie hat das Bild der Kindsmörderin nachhaltig geprägt. Doch was bedeutete eine ungewollte Schwangerschaft im 18. und 19. Jahrhundert wirklich? In welchem gesellschaftlichen Klima wurden Mütter zu Mörderinnen? [ mehr ]

Drei Generationen Hebammenalltag

Wandel der Gebärkultur in Deutschland

Wie hat sich die Gebärkultur in Deutschland seit den 1960er Jahren verändert? Vor welche Herausforderungen sehen sich Hebammen heute angesichts der zunehmenden Medikalisierung und Technisierung der Geburt gestellt? Um diesen und weiteren Fragen nachzugehen, lässt Marita Metz-Becker Hebammen aus drei Generationen zu Wort kommen. Dabei zeigt sich, dass die Hebammen die moderne Geburtsmedizin nicht nur als Fortschritt begreifen, sondern durchaus kritisch diskutieren und auch deren gesamtgesellschaftliche Auswirkungen im Blick haben. [ mehr ]

Gestützte Kommunikation mit nichtsprechenden Menschen

Eine empirische Untersuchung

Erdin präsentiert neueste Erkenntnisse zur Gestützten Kommunikation. In einer empirischen Studie untersucht sie Auswirkungen von Facilitated Communication auf Menschen, die sich vorher sprachlich nicht mitteilen konnten. Sie richtet den Fokus auf deren Verhalten und verzeichnet signifikante Veränderungen auf somatischer Ebene wie auch eine Verbesserung von Sinneswahrnehmung und kognitivem Verstehen. Die Ergebnisse veranschaulicht sie anhand von vier Vignetten. So gelingt es der Autorin nicht nur, neue Erklärungen zur Funktionsweise der Gestützten Kommunikation aufzuzeigen, sie ermutigt auch alle, die Menschen mit einer schwerwiegenden Kommunikationsstörung begleiten. [ mehr ]

Autistisches Erleben

Eine Annäherung aus lebensweltlicher Perspektive

Autistische Menschen fühlen sich durch ihre Art des In-der-Welt-Seins stigmatisiert und ausgeschlossen. Sie erleben häufig Verständnisschwierigkeiten mit nicht-autistischen, aber nur selten mit anderen autistischen Menschen. Ihren Autismus erleben sie im Wesentlichen als eine andere Form des Denkens und Wahrnehmens, die nur dadurch zum Problem wird, weil sie in der Minderheit sind. Hajo Seng stellt das Denken und Wahrnehmen in den Fokus seiner Arbeit und untersucht, wie autistische Menschen ihr Autistischsein erleben. [ mehr ]

Empathie als Kompetenz

Ein intersubjektives, mentalisierungsgestütztes Pädagogikkonzept

Ist Empathie erlernbar? Das von Johann Steinberger entwickelte Affektresonanztraining (ART) bietet StudentInnen und Auszubildenden in psychosozialen Berufen die Möglichkeit, Kompetenz im empathischen Verstehen von sich und anderen zu entwickeln. Steinberger erläutert die theoretischen Hintergründe seines Konzeptes und bietet auf der Grundlage der Ergebnisse seiner empirischen Wirksamkeitsstudie klare Handlungsanweisungen für die Anwendung im Unterricht. [ mehr ]

Männer und der Übergang in die Rente

Vierter Deutscher Männergesundheitsbericht der Stiftung Männergesundheit

Bei etwa 23 Millionen über 65-Jährigen in Deutschland bis 2050 wird es zunehmend notwendig, bereits vor dem Renteneintritt ein hohes Gesundheitspotenzial und gute soziale Bedingungen zu schaffen. Insbesondere Männer, die sich oft stark mit ihrer Berufstätigkeit identifizieren, sind hier gefordert, um im Rentenalter noch möglichst viele Jahre bei guter Gesundheit und Lebensqualität zu verbringen. [ mehr ]

Autoritäre Dynamiken

Alte Ressentiments - neue Radikalität / Leipziger Autoritarismus Studie 2020

Auf Grundlage der Ergebnisse einer 2020 durchgeführten repräsentativen Bevölkerungsumfrage zeigen die Autorinnen und Autoren, wie stark sich die Gesellschaft polarisiert und wie sehr sich die extreme Rechte inzwischen radikalisiert hat. Dass ihr dabei dennoch mittels Antisemitismus, Verschwörungsmythen und Antifeminismus der Anschluss an die gesellschaftliche Mitte gelingt, verdeutlicht, wie groß die Herausforderungen sind, vor denen wir alle stehen. [ mehr ]

Hyperaktivität und Erregungsüberschüsse

Zum Nutzen der Triebtheorie für ein psychoanalytisches Verständnis von ADHS

Warum gelingt es Kindern mit ADHS nicht, ihre Erregung produktiv zu nutzen? Unter anderem dieser Frage geht Juliane Hummitzsch nach und macht sich für eine triebtheoretische Lesart von ADHS stark. Die Autorin bietet einen umfassenden Überblick über die psychoanalytische ADHS-Debatte im deutschen Sprachraum und regt dazu an, sich damit auseinanderzusetzen, was die Psychoanalyse als Lehre vom Unbewussten im Unterschied zu anderen Wissenschaften vom Menschen charakterisiert und überzeugend macht.  [ mehr ]

Der Schattenvater

Narrative Identitätskonstruktionen von »Kuckuckskindern« und »Spenderkindern«

Der Vaterschaftstest ist leicht gemacht, die Folgen für Betroffene dagegen oft nicht absehbar. Christine Müller interviewt sogenannte »Kuckucks-« und »Spenderkinder« und legt dar, welche Folgen die Erkenntnis, dass biologischer und sozialer Vater nicht ein und dieselbe Person sind, für die Identität Betroffener hat. Sie untersucht die Auswirkungen der verschwiegenen Vaterschaft auf das Familiensystem und zeigt, wie unterschiedlich das Wissen um den anderen Vater von Kuckucks- und Spenderkindern verarbeitet und ins Leben integriert wird. [ mehr ]

Arbeit am Tonfeld bei ADHS

Pädagogische und psychodynamische Aspekte der Affektregulierung

Begga Hölz-Lindau weist nach, dass mithilfe des haptischen Ansatzes der von Heinz Deuser entwickelten Arbeit am Tonfeld eine Affektregulierung bei Kindern mit ADHS-Symptomatik erreicht wird. Interdisziplinär beschreibt sie die Entstehung der Methode Arbeit am Tonfeld und zeigt ihre Wirksamkeit bei Kindern mit ADHS anhand ihrer klinischen Studie. Hölz-Lindau stellt die signifikanten Verbesserungen der Affektregulierung in Bezug auf ihre pädagogische und psychotherapeutische Relevanz dar und arbeitet didaktische Vermittlungswege sowie erste konkrete Einsatzmöglichkeiten in der Praxis heraus. [ mehr ]

30 Jahre ostdeutsche Transformation

Sozialwissenschaftliche Ergebnisse und Perspektiven der Sächsischen Längsschnittstudie

Seit 1987 begleitet die Sächsische Längsschnittstudie eine identische Gruppe Ostdeutscher auf dem Weg vom DDR- zum Bundesbürger. In diesem Buch werden die Einstellungen und Meinungen der TeilnehmerInnen in Bezug auf die deutsche Wiedervereinigung sowie ihre Identitätsentwicklung ausführlich im Zeitverlauf dargestellt. [ mehr ]

Symbolische Schwesternschaft

Eine psychoanalytische Studie zur weiblichen Beziehungskultur und Übertragungsdynamik im beruflichen Kontext

Wie kommt es zu guten und stabilen Beziehungen unter Kolleginnen? Wovon ist die Solidarität im Büro abhängig?

Die Psychoanalytikerin Anita Dietrich-Neunkirchner zeigt den aktuellen Forschungsstand zur psychoanalytischen Schwesternforschung auf. Anhand einer empirischen Studie beschreibt sie, wie es Unternehmerinnenpaaren gelingt, über Jahrzehnte eine solide Berufspartnerschaft aufrechtzuerhalten, in der die unbewusste Beziehungsdynamik zum Motor gelebter Frauensolidarität wird.
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Die Jungenkrankheit der Moderne?

Zur Dekonstruktion von ADHS

Warum wird ADHS signifikant häufiger bei Jungen diagnostiziert? Anna Bischoff dekonstruiert die bisherige Diagnose- und Behandlungspraxis aus einer genderkritischen Perspektive. [ mehr ]

Bindung im Werden

Mikroanalyse der Mutter-Kind-Interaktion - ein Bilderbuch

Die AutorInnen zeigen, wie mithilfe einer mikroanalytischen Beobachtung der Interaktion von Mutter und Säugling die Qualität der Beziehung untersucht werden kann. Die momentgenaue Analyse von Videosequenzen wird als ein soziales Mikroskop genutzt, das subtile Details der Interaktion sichtbar macht, die zu schnell ablaufen und zu komplex sind, als dass sie unmittelbar wahrnehmbar wären. Bereits bei vier Monate alten Kindern lässt sich so vorhersagen, wie es um ihre spätere Bindungsfähigkeit bestellt sein wird. [ mehr ]

Psychotherapie zwischen Neurowissenschaften und Kunst der Begegnung

Eine Standortbestimmung in Zeiten der Technisierung

Was lässt Psychotherapie gelingen? Die aktuell zunehmende Engführung der Psychotherapie auf neurobiologische Kriterien bringt die Tendenz zur Technisierung und Ökonomisierung mit sich. Im Zuge dieses Wandels der therapeutischen Haltung sind PsychotherapeutInnen dazu aufgerufen, sich über die Art und Weise ihres Handelns grundsätzlich zu verständigen. Mit einem Plädoyer für die psychotherapeutische Praxis als Kunst der Begegnung legt Matthias Richter einen originären Ansatz vor und verhilft der beziehungsorientierten Psychotherapie darüber hinaus zu einem eigenständigeren wissenschaftlichen Paradigma. [ mehr ]

»Gesprengte Institution« in der Bredouille

Die École Expérimentale de Bonneuil-sur-Marne im Spannungsfeld von Inklusion, Psychiatriekritik, Psychoanalyse und neoliberalen Veränderungen. Eine ethnografisch orientierte Dispositivanalyse

Neoliberale, sozio-ökonomische und politische Transformationen seit den 1990er Jahren haben gravierende Auswirkungen auf pädagogische und therapeutische Institutionen. Dies erläutert Miriam Anne Geoffroy exemplarisch anhand der inklusiven psychoanalytischen École Expérimentale de Bonneuil-sur-Marne, gegründet 1969 bei Paris von Maud Mannoni. Auf Basis einer ethnografisch orientierten Dispositivanalyse verdeutlicht sie, wie jene Veränderungen die Einrichtung zunehmend in die Bredouille geraten ließen, und zeigt, welche innovativen Impulse diese unter anderem für die psychologische und pädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen bis heute liefert. [ mehr ]

Die psychoanalytische Ausbildungssupervision - »Thinking under fire«

Geschichte, Methoden und Konflikte

Gisela Grünewald-Zemsch fasst die Entwicklung der Ausbildungssupervision vom Beginn der psychoanalytischen Ausbildung bis heute zusammen und diskutiert diese insbesondere hinsichtlich der sehr spezifischen deutschen Verhältnisse. Sie beleuchtet die Ausbildungssupervision mithilfe psychoanalytischer Konzepte sowohl inhaltlich als auch unter emotional-kommunikativen Aspekten.
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Paralyse der Kritik - Gesellschaft ohne Opposition?

Die Diagnose einer »Gesellschaft ohne Opposition« (Marcuse) scheint ihre Gültigkeit bewahrt zu haben. Gleichzeitig findet der Wunsch nach einer Alternative, dem guten Leben jenseits der Unterwerfung unter das Kapital, seinen Ausdruck in vielen Bewegungen und Projekten, in denen neue Formen der Kritik, aber auch der Zusammenarbeit und des Gemeinsinns ausprobiert werden. Die AutorInnen thematisieren das Phänomen der fehlenden Opposition aus einer gesellschaftskritischen Perspektive und einem interdisziplinären sozialwissenschaftlichen Ansatz und zeigen vielfältige Perspektiven jenseits des medialen und akademischen Mainstreams auf. [ mehr ]

Sexualität in der Imagination - Blumige Muschelgeschichten

Über die Wirksamkeit von Motiven der Katathym Imaginativen Psychotherapie. Eine qualitative Studie

Die »Katathym Imaginative Psychotherapie« (KIP) ist eine tiefenpsychologische Psychotherapiemethode, in deren Rahmen angeleitete Fantasiereisen, sogenannte Imaginationen, zum Einsatz kommen. Ausgehend von einer feministischen Kritik an den Standardmotiven der KIP zur Sexualität und der damit einhergehenden Reproduktion traditioneller Geschlechterkonstruktionen untersucht Traude Ebermann den Einfluss des neuen Motivs »Die Muschel« auf die Repräsentationen des Sexuellen und der eigenen Sexualität bei der Imagination und im Übertragungs-Gegenübertragungsgeschehen.  [ mehr ]

Bewegende Individualpsychologie

Körperliche Aktivität als gesundheitsförderndes Element in der Psychotherapie

Wie kann körperliche Aktivität im Rahmen einer individualpsychologischen Psychotherapie »ganzheitlich« gesundheitswirksam angewendet werden? Daniel Geißler nimmt hierfür sport- und psychotherapiewissenschaftliche Perspektiven ein und beleuchtet auf Basis empirischer Studien sowie der hermeneutischen Analyse von Alfred Adlers Werk die Verbindungen zwischen körperlicher und seelischer Bewegung.  [ mehr ]