Ulrike May

Neunzehn Patienten in Analyse bei Freud (1910-1920). Teil II: Zur Frequenz von Freuds Analysen

Psyche, 2007, 61(7), 686-709

Weitere Ergebnisse der Auswertung von Freuds Patientenkalendern aus der Zeit zwischen 1910 und 1920 werden vorgestellt (erster Teil in Psyche 2007, 61 (6)), und zwar zur Frequenz der 19 Analysen. Auch hier erweist sich der historische Wandel als beeindruckend: die bei Freud häufige extrem hohe Frequenz (6 Stunden und mehr); das breite Spektrum an Frequenzen, mit dem er arbeitete (von 1 bis 18 Stunden pro Woche); und sein in manchen Fällen flexibler Umgang mit der ... [ mehr ]

Norberto Carlos Marucco

Zwischen Erinnerung und Schicksal: die Wiederholung

Psyche, 2007, 61(4), 322-344

Ausgehend von der Wiederholung (Agieren) in ihrer metapsychologischen, klinischen und technischen Bedeutung wird die Problematik des psychisch Repräsentierten, des psychisch Nichtrepräsentierten und des psychisch Unrepräsentierbaren erörtert. Dies lässt die dialektische Beziehung zwischen Trieb und Objekt und ihren spezifischen Zusammenhang mit dem Traumatischen zutage treten. Der klinischen Äußerung dieser Beziehung als Schicksal wird ... [ mehr ]

Kurt Lüscher & Gereon Heuft

Ambivalenz - Belastung - Trauma

Psyche, 2007, 61(3), 218-251

Versteht man eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) als Ausdruck der Desintegration intrapsychischer Verarbeitungskapazitäten angesichts schwerster Belastungen, bedarf es eines psychodynamisch integrierbaren Konzepts, das psychische Folgen von solchen schwersten Belastungen oberhalb oder vor einer solchen Desintegration beschreibt, da jenseits der Ausbildung einer PTSD weitaus mehr psychische Reaktionsmöglichkeiten des Individuums bestehen. Es ... [ mehr ]

Marianne Leuzinger-Bohleber

Forschende Grundhaltung als abgewehrter »common ground« von psychoanalytischen Praktikern und Forschern?

Psyche, 2007, 61(9-10), 966-994

Es wird der Frage nachgegangen, warum es oft so schwer fällt, innerhalb der Psychoanalyse eine Kultur der gegenseitigen Akzeptanz und der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu schaffen, und inwieweit es trotz aller Differenzen einen common ground gibt, eine forschende Grundhaltung, die klinisch und extraklinisch forschende Psychoanalytiker kennzeichnet und von anderen Therapieansätzen und Forschern abgrenzt. In diesem Kontext wird dafür plädiert, ... [ mehr ]

Wolfgang Leuschner

Was uns süchtig nach Filmbildern macht

Psyche, 2007, 61(12), 1189-1210

Die Wirkung von Firmbildern wird aus psychoanalytischer Perspektive erörtert. Ausgehend von Traumstimulations-Experimenten wird dabei die besondere Anziehungskraft von Filmen durch das Zusammenspiel von drei Faktoren erklärt. Malteserkreuz und Flügelblende produzieren technisch eine Unterbrechung des natürlichen Wahrnehmungsvorgangs und erzeugen so eine innere Leere, die unabhängig von den konkreten Filminhalten einen affektiven Erregungszustand ... [ mehr ]

Sebastian Leikert

Die Stimme, Transformation und Insistenz des archaischen Objekts - Die kinetische Semantik

Psyche, 2007, 61(5), 463-492

Die Stimme wird aus psychoanalytischer Perspektive als akustisches Ereignis beschrieben, das eine Resonanz in der erlebten Körperlichkeit erzeugt. Sie wird in genetischer und struktureller Hinsicht eingeordnet. Zunächst wird untersucht, wie die Stimme bereits vorgeburtlich dem Verhältnis zum Objekt erste Konturen gibt. Mit der Geburt beginnt das Subjekt, die Stimme einzusetzen, um auf das Objekt einzuwirken und seine Autonomie vorzubereiten. Diese Prozesse ... [ mehr ]

Jonathan Lear

Den Untergang einer Kultur durcharbeiten

Psyche, 2007, 61(4), 345-367

Am Beispiel der Crow-Indianer, eines Stammes, der in der Prärie im Nordwesten Nordamerikas lebte, und ihres letzten bedeutenden Häuptlings, Plenty Coups, wird beschrieben, wie eine Kultur die Probleme durcharbeitet, mit denen sie aufgrund ihrer drohenden Vernichtung konfrontiert ist. Vor allem die kollektive Benutzung von Träumen und Traumdeutung ermöglichte es dem Stamm, ein neues Ich-Ideal zu entwickeln und herkömmliche Scham- und ... [ mehr ]

Joachim Küchenhoff

Sehen und Gesehenwerden: Identität und Beziehung im Blick

Psyche, 2007, 61(5), 445-462

Eine philosophische Phänomenologie des Blicks ist für die psychoanalytische Theorie der Identifizierung und Identität, aber auch für das Verständnis klinischer Symptome ertragreich. Die phänomenologische Analyse des Sehens und Gesehenwerdens kann zeigen, dass das Schauen einerseits der Versicherung des eigenen Standorts in der Welt, der Übersicht und der Identifizierung dient, dass andererseits aber dank der Unvollständigkeit des je ... [ mehr ]

Martin Kurthen

Umwege zum Unbewußten

Psyche, 2007, 61(7), 718-725

Die Frage nach der Beziehung zwischen Psychoanalyse und Neurowissenschaft wird über eine kritische Sichtung von vier aktuellen Publikationen aus dem Feld von kognitiver Neurowissenschaft und Psychoanalyse aufgegriffen: (1) K. Kaplan-Solms und M. Solms: Neuro-Psychoanalyse. Eine Einführung mit Fallstudie, 2005, zweite Auflage; (2) M. Solms und O. Turnbull: Das Gehirn und die innere Welt. Neurowissenschaft und Psychoanalyse, 2004; (3) F. Ansermet und P. Magistretti: ... [ mehr ]

Olaf Knellessen & Reimut Reiche

Kreuzungen. Eine Analyse von »21 Grams« anhand formaler Elemente

Psyche, 2007, 61(12), 1211-1225

Es ist ein oft beschriebenes Paradox, dass in dem historischen Moment, da die bildenden Künste die Zentralperspektive wieder zerlegt und sich von ihr abgewandt haben, diese vom Film übernommen wurde, der dann mit genau dieser Perspektive zum künstlerischen Leitmedium wurde. Von Anfang an gab es jedoch auch politische und Stilrichtungen im Film, die den imperialen Zwang der zentralperspektivischen Raumkonstruktion und ihre illusionsstiftende Ausrichtung auf ... [ mehr ]

John S. Kafka, Otto F. Kernberg, H. Shmuel Erlich, Friedrich-Wilhelm Eickhoff & Franz Wellendorf

Themenschwerpunkt: Stimmen zur Psychoanalyse in Deutschland

Psyche, 2007, 61(4), 368-411

Insgesamt fünf Beiträge zum Themenschwerpunkt Stimmen zur Psychoanalyse in Deutschland werden vorgelegt. - (1) J. S. Kafka: Zerbrechen und Unterbrechen (S. 368-374). (2) O. F. Kernberg: Die Psychoanalyse in Deutschland: Ein persönlicher Blick (S. 375-385). (3) H. S. Erlich: Persönliche Überlegungen zum Selbstbild und Identitätsgefühl der Deutschen (S. 386-393). (4) F.-W. Eickhoff: Ein Rückblick auf den 34. Internationalen ... [ mehr ]

Jad Jiko

Die Idealisierung des sexuellen Triebes im Islam

Psyche, 2007, 61(11), 1132-1154

Die innere Dynamik im Konzept der Sexualität im Islam wird untersucht. Zunächst wird das Konzept der Sexualität in seiner charakteristischen Verbindung zwischen dem Sexuellen und dem Sakralen dargestellt. In einem Exkurs in die islamische Mythologie wird dann der Frage nachgegangen, wie diese Verbindung auf die Subjektwerdung einwirkt. Anschließend wird die psychoanalytische These aufgestellt, dass eine Idealisierung des sexuellen Triebes den ... [ mehr ]

Mathias Hirsch

Intime Fremde

Psyche, 2007, 61(12), 1264-1269

Der Film Intime Fremde (im Original: Confidences trop intimes) von P. Leconte aus dem Jahr 2003 wird aus psychoanalytischer Sicht interpretiert. Im Zentrum der Filmhandlung steht eine psychoanalytisch konzipierte Therapeut-Patientin-Beziehung, die auf einem Irrtum beruht: Die Patientin gerät durch die Verwechslung von links und rechts mit ihrem Hilfebegehren (sexuelles Problem in der Ehe) nicht an den Psychoanalytiker, mit dem sie zu ihrer ersten Sitzung verabredet ... [ mehr ]

Susann Heenen-Wolff

Die Geschwisterbeziehung - Postmoderne psychoanalytische Perspektiven zur »Horizontalisierung« in der Beziehungswelt

Psyche, 2007, 61(6), 541-559

Zunächst wird die Metapsychologie Freuds und seiner Nachfolger hinsichtlich der geschwisterlichen Beziehungen und deren familiärer Einbettung dargestellt. Die Frage, wie Brüderlichkeit aus der Geschwisterbeziehung heraus entstehen kann, führt zu Überlegungen zu Identifizierungsprozessen in hierarchisch und horizontal organisierten Gruppen. Es wird die Auffassung vertreten, dass mit dem Verschwinden der väterlichen Funktion und des dadurch repräsentierten symbolischen Gesetzes in der ... [ mehr ]

Michael Günter

Traumatischer Objektverlust, psychotische Übertragung und Realitätskontrolle. Was bringt eine psychoanalytisch orientierte Frühbehandlung schwerer juveniler Psychosen?

Psyche, 2007, 61(3), 195-217

Die Erkrankung an einer schizophrenen Psychose trifft im Jugendalter eine vulnerable Phase der Persönlichkeitsentwicklung und stellt eine erhebliche psychische Traumatisierung dar. Fragmentierungsprozesse im Rahmen psychotischer Erkrankungen sind mit S. Ferenczi als Abwehr- und Bewältigungsversuche gegen derartige traumatische innere Objektverluste zu betrachten. Die Gratwanderung einer psychoanalytisch ausgerichteten Behandlung schwerer juveniler Psychosen besteht darin, ... [ mehr ]

Ilse Grubrich-Simitis

Trauma oder Trieb - Trieb und Trauma: Wiederbetrachtet

Psyche, 2007, 61(7), 637-656

Aus der Perspektive der psychoanalytischen Konzeptforschung wird ein Aufsatz wiederbetrachtet, den die Autorin Mitte der achtziger Jahre geschrieben hatte. Sie nahm die Übersicht der Übertragungsneurosen damals zum Anlass, die Art und Weise zu rekonstruieren, wie Freud die traumatischen Aspekte der Neurosenätiologie tatsächlich nie aus dem Auge verloren hat, sondern zeitlebens darum bemüht war, sie in das Trieb-Modell zu integrieren. Es wird ... [ mehr ]

Jürgen Grieser

Freiheit und Entwicklung im triangulären Raum

Psyche, 2007, 61(6), 560-589

Die Bedeutung des triangulären Raums wird aus psychoanalytischer Sicht erörtert. Der, die oder das Dritte erweitert die dyadische zu einer triadischen Konstellation, was eine Erweiterung der Perspektive und mehr Freiheitsgrade bedeutet, aber auch mehr Distanz und weniger Exklusivität in der Beziehung. Das Symbol vermittelt als Drittes zwischen dem Subjekt und dem Symbolisierten; der Vater reguliert Nähe und Distanz zwischen Kind und Mutter (und ... [ mehr ]

Lutz Goetzmann & Barbara Ruettner

»Explosionen, Beton, Totes und Schrumpfungsprozesse« - zur Focusing-Wahrnehmung des Körpers in der Gegenübertragung

Psyche, 2007, 61(2), 137-150

Wahrnehmung und Verwendung der Gegenübertragung bilden einen wichtigen Bestandteil der psychoanalytischen Behandlung. Tiefgehende Gegenübertragungserlebnisse, die sich unter anderem aus dem Prozess der projektiven Identifizierung im Bereich präverbaler Erfahrungen ergeben, manifestieren sich häufig in Körpergefühlen. Diese Körpergefühle treten manchmal sehr plötzlich auf und können von überraschend großer ... [ mehr ]

Wolfgang Gephart & Christa Rohde-Dachser

Heimkehr im Strahlenkranz. Eine psychoanalytische Interpretation des Films »Dead Man«

Psyche, 2007, 61(12), 1255-1263

Der Film Dead Man von Jim Jarmusch erzählt von der Reise eines jungen Mannes von Cleveland, dem Ort seiner Herkunft, in den Westen Amerikas zu einer Stadt mit Namen Machine und von dort aus mit einer Kugel in der Brust weiter zu einem Indianerdorf, von wo aus ein Kanu ihn sterbend ins Meer hinausträgt. Formal präsentiert er sich als Wildwestfilm im Stil der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts und mit der für dieses Film-Genre typischen Betonung von ... [ mehr ]

Jörg Frommer

Psychoanalyse und qualitative Sozialforschung in Konvergenz: Gibt es Möglichkeiten, voneinander zu lernen?

Psyche, 2007, 61(8), 781-803

Psychoanalyse und Sozialwissenschaft haben sich seit ihren Anfängen gegenseitig beeinflusst. Während diese Beziehung auf der Ebene theoretischer Annahmen allgemein bekannt ist, wurde die Frage auf der Ebene konkreter Forschungsmethodik bisher weniger diskutiert. In diesem Zusammenhang wird die These vertreten, dass die der Hermeneutik verbundenen Methoden der qualitativen Sozialforschung zahlreiche Gemeinsamkeiten mit der psychoanalytischen Methode aufweisen und ... [ mehr ]

Henrik Enckell

Zur Metapsychologie der Affekte

Psyche, 2007, 61(8), 735-753

Ein einheitliches Modell für ein psychoanalytisches Verständnis des Phänomens und der Bedingungen der Emotionen wird vorgestellt. Zu diesem Zweck werden die Emotionen unter drei Blickwinkeln betrachtet: Trieb, Repräsentation und Wahrnehmung. Zunächst wird S. Freuds frühe Triebtheorie erläutert, der zufolge ein somatischer Drang einen Platz in der Welt der Repräsentationen sucht. Der Trieb wird in einer mentalen Matrix ... [ mehr ]

Heinrich Deserno

Traumdeutung in der gegenwärtigen psychoanalytischen Therapie

Psyche, 2007, 61(9-10), 913-942

Vor dem Hintergrund klinischer und extraklinischer Traumtheorien wird die Deutung von Träumen übergreifend im Kontext von psychoanalytischer Situation und Symbolbildung diskutiert und anhand von Fallvignetten veranschaulicht. Dabei stehen die folgenden Aspekte im Mittelpunkt: vom geträumten zum gedeuteten Traum; theoretische Ansätze zur Funktion und Deutung des Träumens; Traum, psychoanalytische Situation, Übertragung und Symbolisierung; ... [ mehr ]

Barbara Dehm-Gauwerky

»Doch alle Lust will Ewigkeit...«. Über die totale Metaphorisierung im Prozess des Sterbens

Psyche, 2007, 61(5), 493-515

Anhand einer Fallvignette aus der psychoanalytischen Musiktherapie mit hochgradig altersdementen Menschen wird gezeigt, wie Einblicke in das innere Erleben von Sterbenden und in deren sich verändernden Weltbezug mit Hilfe der Methode des szenischen Verstehens (A. Lorenzer) möglich werden. Wenn die Symbolbildung gelingt, kann auch der Sterbeprozess gelingen. Musik als freie Improvisation und als Zitat spielt hierbei eine wichtige Rolle. Es werden Formen und ... [ mehr ]

Oliver Decker, Katharina Rothe & Burkhard Brosig

»Wie nehmen die Analytiker zu brennenden Zeitfragen Stellung?« Paul Parins Aufsatz von 1978 wiedergelesen

Psyche, 2007, 61(12), 1270-1280

Anhand einer Sichtung der Beiträge der Zeitschrift Psyche der Jahrgänge 2005 und 2006 wird der Frage nachgegangen, ob die von P. Parin in seinem Beitrag Warum die Psychoanalytiker so ungern zu brennenden Zeitproblemen Stellung nehmen (Psyche 1978, 32 (5-6)) konstatierte Abstinenz der psychoanalytischen Beschäftigung mit zeitpolitischen Fragen auch in der Gegenwart besteht. Die Auswertung der beiden Jahrgänge umfasst insgesamt 103 Beiträge, von ... [ mehr ]