Horst-Eberhard Richter
Medizinische Ethik heute? 50 Jahre nach dem Nürnberger Ärzteprozeß (PDF)
psychosozial 71 (1998), 7-14
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Die heutige medizinische Ethik wird vor dem Hintergrund des 50. Jahrestages der Nürnberger Ärzteprozesse reflektiert. Es wird daran erinnert, dass damals der Gedanke der Unterscheidung von »wertem« und »unwertem« Leben nicht der Ärzteschaft aufgedrängt wurde, sondern aus deren eigener Elite kam, dass später von Gerichten mit einem Richter und zwei Ärzten hunderttausende zur Zwangssterilisation verurteilt wurden und dass nach 1939 5000 behinderte oder gelähmte Kinder und später über 100.000 erwachsene psychisch Kranke oder als »asozial« bezeichnete Menschen von Ärzten geheim getötet wurden. Als Hintergründe dafür, dass die Verbrechen der Mediziner kaum nachhaltig im Gedächtnis blieben, wird angeführt, dass die damalige Ethik den Schutz des Einzelnen als Egoismus hinstellte, dass diese Ethik weit verbreitet war und dass in den Nachkriegshochschulen durch personelle Kontinuität jede Diskussion über sie unterdrückt wurde. Auch die Antipsychiatriebewegung konnte an dieser Situation nichts ändern, während heute innerhalb des Medizinerstandes eine Debatte etabliert ist. Als eine Lehre wird bezeichnet, dass es keinesfalls einer Expertengruppe überlassen werden sollte, was an Eingriffen und Experimenten statthaft ist. Die Gefahr moralischer Korruption der Ärzte ergibt sich aus der Doppelrolle als Naturwissenschaftler und persönliche Helfer, genauer aus einer alleinigen Konzentration auf die Naturwissenschaft bei gleichzeitig fehlender persönlicher Nähe. Hier hilft auch keine Konzentration auf ein gewissenhaftes Durchführen der Versuche. So wird geschlossen, dass für die Selbsthygiene wie auch als Schutz vor medizinisch-ethischen Verfehlungen nur das Beibehalten menschlicher Nähe hilft.
Stichworte: Ärzte, Berufsethik, Faschismus, Ethik des Experimentierens, Euthanasie, Soziale Werte, Eugenik, Berufliche Standards, Soziokulturelle Faktoren, Geschichte
Keywords: Physicians, Professional Ethics, Fascism, Experimental Ethics, Euthanasia, Social Values, Eugenics, Professional Standards, Sociocultural Factors, History
Stichworte: Ärzte, Berufsethik, Faschismus, Ethik des Experimentierens, Euthanasie, Soziale Werte, Eugenik, Berufliche Standards, Soziokulturelle Faktoren, Geschichte
Keywords: Physicians, Professional Ethics, Fascism, Experimental Ethics, Euthanasia, Social Values, Eugenics, Professional Standards, Sociocultural Factors, History
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Horst-Eberhard RichterS. 7–14Medizinische Ethik heute? 50 Jahre nach dem Nürnberger Ärzteprozeß (PDF)
psychosozial 71 (1998), 7-14Eva SchindeleS. 15–25Moderne Schwangerschaften zwischen Machbarkeitswahn und Auslese (PDF)
psychosozial 71 (1998), 15-25Burkhard BrosigS. 27–35Compassion: Meine Erfahrung mit Chorea Huntington (PDF)
psychosozial 71 (1998), 27-35Theresia DegenerS. 37–47Die Geburt eines behinderten Kindes als Schaden? (PDF)
psychosozial 71 (1998), 37-47Regine KollekS. 49–57Über Fortschritte der Reproduktionsmedizin und die Schwierigkeit, um Achtzeller zu trauern (PDF)
psychosozial 71 (1998), 49-57Elisabeth Beck-GernsheimS. 59–69Vom Kinderwunsch zum Wunschkind (PDF)
psychosozial 71 (1998), 59-69Ernst BendaS. 71–78Auf verschlungenen Pfaden zum Ziel. Zur »Universal declaration on the Human Genome and Human Rights« der UNESCO (PDF)
psychosozial 71 (1998), 71-78Barbara Duden & Silja Samerski S. 79–88»Das aufgeschwatzte Risiko - genetische Beratung als Sprach-Ritual« (PDF)
psychosozial 71 (1998), 79-88Robert HeimS. 89–105Die Psychoanalyse und die Krise des animal rationale. Aktuelle Grenzflächen zwischen Psychoanalyse und Philosophie (PDF)
psychosozial 71 (1998), 89-105Horst GerhardS. 107–119Individualisierung, Identität und psychosoziale Praxis. Beratungsarbeit mit Drogenkonsumenten unter »postmodernen« Lebensbedingungen (PDF)
psychosozial 71 (1998), 107-119
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