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15 Seiten, PDF-E-Book
Erschienen: Januar 2025
Bestell-Nr.: 26757
https://doi.org/10.30820/0171-3434-2024-4-53
»psychosozial«
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Daniel Poensgen

Der 7. Oktober als Zäsur? (PDF)

Antisemitismus aus Betroffenenperspektive

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Der Beitrag plädiert für eine multiperspektivische Analyse des aktuellen Antisemitismus, welche neben Einstellungen auch antisemitische Handlungen und die Perspektive von Betroffenen beforscht. Hierzu werden zunächst einige Ergebnisse der Analyse von Interviews mit Vertreter_innen jüdischer Gemeinden und Institutionen zu deren Wahrnehmungen von Antisemitismus vorgestellt. Aus ihnen ergibt sich neben anderem, dass einerseits zwar schwere antisemitische Gewalt von den Befragten antizipiert wird, andererseits aber niedrigschwellige Vorfälle in alltäglichen Situationen einen Großteil der Antisemitismuserfahrungen der Befragten ausmachen. Die in einem zweiten Schritt in einigen Aspekten erfolgende Analyse von mehr als 2.000 antisemitischen Vorfällen, welche zivilgesellschaftliche Meldestellen seit den Massakern der Hamas in Israel vom 7. Oktober dokumentiert haben, bestätigt das Bild vom aktuellen Antisemitismus in Deutschland als einem Phänomen mit alltagsprägendem Charakter für Jüdinnen_Juden. Auch zeigt die sich in zahlreichen Vorfällen manifestierende Legitimierung, Affimierung, aber auch Leugnung der genozidalen Gewalt der Hamas, bis hin zur Androhung ihrer Wiederholung in Deutschland, dass sich die Qualität der Vorfälle geändert hat. Somit scheint es plausibel, mit jüngsten Studienergebnissen zur Betroffenenperspektive vom 7. Oktober als einer Zäsur für jüdisches Leben auch in Deutschland zu sprechen.

Abstract:
This article argues for a multi-perspective analysis of current antisemitism, which systematically researches not only attitudes and but also antisemitic actions and the perspective of those affected. To this end, some results of an analysis of interviews with representatives of Jewish communities and institutions on their perceptions of antisemitism are first presented. They show, among other things, that while serious antisemitic violence is anticipated by the interviewees, low-threshold incidents in everyday situations make up a large part of the interviewees’ experiences of antisemitism. The interviews confirm the finding of a divergence of perspectives between Jewish victims of antisemitism and the non-Jewish majority society. In a second step, the analysis of more than 2.000 antisemitic incidents documented by civil society reporting offices since the Hamas massacres in Israel on October 7 confirms the picture of current antisemitism in Germany as a phenomenon that shapes the everyday lives of Jews. At the same time the legitimization, affirmation, but also denial of Hamas’ genocidal violence, including the threat of its repetition in Germany shows that the quality of the incidents has changed. It therefore seems plausible to speak of October 7 as a caesura for Jewish life in Germany as well.