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18 Seiten, PDF-E-Book
Erschienen: Mai 2017
Bestell-Nr.: 26617
https://doi.org/10.30820/0171-3434-2017-1-121
»psychosozial«
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Ulrike Pohl

Kriegsenkel auf den Spuren ihrer Großeltern (PDF)

Über die Schwierigkeiten, sich mit einer NS-Involvierung der eigenen Familie auseinanderzusetzen

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Beschäftigen sich Nachfahren von nicht verfolgten Deutschen mit ihrer Familiengeschichte in den Jahren von 1933 bis 1945, stehen für sie oft die Erfahrungen ihrer Angehörigen im Krieg und bei Flucht/Vertreibung im Vordergrund. Die Rolle und Bedeutung des Nationalsozialismus in der eigenen Familie wird meist eher nachrangig behandelt. Der Artikel geht der Frage nach, was die Auseinandersetzung mit einer möglichen Täterschaft der eigenen Vorfahren so schwierig macht. Das Thema wird auf vier Ebenen betrachtet: erstens individuelle Hemmungen, die sich aus Fragen der Identität und Loyalität ergeben, zweitens eine gesellschaftliche Tradition des Meidens, drittens verwendete Begriffe, die auf Krieg und Opferseite fokussieren, und viertens transgenerational vermittelte Abwehrhaltungen der Vorgenerationen. Gängige Begrifflichkeiten wie Kriegskind, Kriegsenkel und Trauma werden kritisch diskutiert. Es wird argumentiert, dass die Erfahrungen in der Zeit von 1933 bis 1945 und der Nachkriegszeit mit dem verbreiteten Traumabegriff nicht ausreichend abgebildet werden. Daher werden zwei neue Begriffe vorgeschlagen, »seelische NS-Schädigungen« und »Verarbeitungsformen nach 1945«. Es wird argumentiert, dass diese Begriffe psychische Phänomene, die mit dem Nationalsozialismus und seinen Auswirkungen verbunden sind, genauer erfassen und damit einer Meidetendenz entgegenwirken können.

Abstract:
When descendants of non-persecuted Germans deal with their family history during the years from 1933 to 1945, they tend to focus predominantly on experiences suffered by relatives during war and flight/expulsion. The role and impact of National Socialism is often less emphasized. This article explores the question as to why these individuals experience difficulties in confronting the potential perpetrations of their ancestors. The topic is approached from four angles: first, with regard to particular inhibitions related to the individual’s identity and loyalty; second, with regard to a tradition of societal avoidance; third, with regard to commonly used terms that focus on war and victimhood; and, fourth, with regard to transgenerational transmission of defense attitudes. Common terms, such as »war child«, »war grandchild«, and »trauma« are critically discussed. It is argued that experiences suffered during the years from 1933 to 1945 and postwar time are not sufficiently captured by the widespread term »trauma«. Thus, two new terms are proposed, »psychological NS-impairment« and »forms of processing after 1945«. It is argued that these describe psychological phenomena that are related to National Socialism and its consequences more accurately and could counteract a tendency of avoidance.